"Ein Metzger als Bundesagrarminister!" – Tierschützer echauffieren sich über Söders Ministerwahl
Tierschützer machen am Montag Aufnahmen öffentlich, die grausame Tierquälerei auf einem Schlachtbetrieb in Wassertrüdingen (Kreis Ansbach, siehe Kasten) mit versteckter Kamera dokumentieren: Lebende Legehennen, die zu Suppenhühnern verarbeitet werden sollen, werden von Mitarbeitern der Geflügelschlachthof Buckl Geflügel GmbH geschlagen, gewürgt und eingeklemmt.
Am selben Tag gibt CSU-Chef Markus Söder bekannt, dass Alois Rainer, ein gelernter Metzgermeister, der neue Bundesagrarminister wird. Natürlich besteht kein Zusammenhang zwischen den genannten Ereignissen. Doch die neue Personalie erscheint einigen Tierschützern in Zeiten immer neuer Tierhaltungsskandale unpassend.
„Ich finde es sehr traurig, dass ein Metzger das Landwirtschaftsministerium leitet“, sagt Jan Pfeifer, Vorstandsvorsitzender von Aninova, der AZ – die Tierrechtsorganisation hat den am Montag bekanntgewordenen Schlachthof-Skandal im Kreis Ansbach aufgedeckt. „Der größte Tierschützer Deutschlands wird ein Metzger!“ Er sei in diesem Amt zum Scheitern verurteilt.
Alois Rainer (60) aus Straubing ist seitens der CSU der Unbekannte im neuen Kabinett: Der gelernte Metzgermeister ist seit 2013 im Bundestag, steigt nun direkt in ein Ministeramt auf. "Statt dem grünen, veganen Özdemir kommt jetzt der schwarze Metzger. Jetzt gibt es wieder Leberkäs statt Tofu-Tümelei", sagte Söder über Rainer. Die Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten verdeutliche, so Pfeifer, welchen Stellenwert Tierschutz für die neue Bundesregierung habe.
Kontrollen finden nur durchschnittlich alle 48 Jahre statt
In Bayern, aber auch bundesweit bestehe Nachbesserungsbedarf. Pfeifer sieht drei Hauptprobleme: Erstens müssten demnach die Gesetze im Nutztierbereich verschärft werden. Zudem fordert Aninova, die Strafen für Tierquälerei deutlich zu erhöhen, ebenso wie die Kontrollen. Letztere müssten unangekündigt und in regelmäßigen Abständen passieren. Ein landwirtschaftlicher Betrieb in Bayern werde durchschnittlich alle 48 Jahre kontrolliert. Doch: Die Probleme würden sich mit einem Metzger nicht ändern, sagt Pfeifer. Das Gegenteil sei der Fall. "Er wird sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es nicht zu Verschärfungen kommt." Denn: Rainer und seine Kollegen würden davon profitieren, dass es keine Verschärfungen gebe.
Die Leidtragenden seien die Tiere. "Ich gehe fest davon aus, dass es einen massiven Rückschritt in Sachen Tierschutz unter Rainer geben wird", so Pfeifer weiter. Doch der neueste Skandal aus Franken zeige: Es müsse sich dringend etwas ändern.
Von Großschlachtbetrieben ist Rainers Werdegang allerdings weit entfernt. Er ist laut BR zwischen Pferden, Rindern und Schweinen aufgewachsen. Neben einer Gaststätte haben Rainers Eltern bis zu dessen Jugend eine Landwirtschaft betrieben. Später machte er sich selbstständig, geschlachtet wurde im eigenen Betrieb. Als designierter Landwirtschaftsminister kündigte er an, dass ihm Planungssicherheit wichtig sei. Er möchte die Bestandssicherung für landwirtschaftliche Betriebe gesetzlich verankern, heißt es beim BR.
"Betrachten wir mit großer Sorge"
Auch andere Tierschutzorganisationen sehen die Wahl des neuen Landwirtschaftsministers kritisch. Die Stiftung Vier Pfoten gibt am Montag in einer Mitteilung an: "Dass ein Metzgermeister jetzt das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers bekleiden soll, betrachten wir mit großer Sorge." Es stehe zu befürchten, dass es der Tierschutz unter ihm sehr schwer haben werde. "Denn man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wo Alois Rainer bei seiner zukünftigen Arbeit die Schwerpunkte setzen wird: Wirtschaft, Wirtschaft und nochmals Wirtschaft."
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, äußert sich zurückhaltender. Er wünscht Rainer "viel Glück im bevorstehenden Amt". Die Organisation biete ihm ein "kritisch-konstruktives" Gespräch an, um im Tierschutz voranzukommen.