Gefährlicher Lieferengpass: Mittel für Asthma-Inhalation und Krebsmittel-Infusionen fehlt

Ein Lieferengpass stellt bayerische Krankenhäuser und Apotheken vor Herausforderungen. Während Kliniken um den Nachschub kämpfen, bleibt die Frage: Welche Auswirkungen hat dies auf die Patientenversorgung?
Maximilian Neumair |
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Eine Krankenschwester hängt eine Flasche mit Kochsalzlösung in einen Infusionsständer. Das Mittel ist für die Infusion unbedingt notwendig.
Eine Krankenschwester hängt eine Flasche mit Kochsalzlösung in einen Infusionsständer. Das Mittel ist für die Infusion unbedingt notwendig. © Angelika Warmuth/dpa

München - In vormodernen Zeiten ist Salz das "weiße Gold" gewesen. In der Medizin ist es noch immer unersetzlich – in Form der Kochsalzlösung (Natriumchlorid). Die braucht es vor allem für Infusionen und bei Operationen zur sterilen Spülung.

Doch ausgerechnet die ist derzeit von einem Lieferengpass betroffen, wie mehrere Hersteller dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) meldeten. Es wird demnach zwar weiterhin geliefert, aber teilweise zeitverzögert oder in reduziertem Umfang (nur 80 bis 90 Prozent des Durchschnittsbedarfs), wie das BfArM der AZ auf Anfrage mitteilt.

Lieferengpass von Kochsalzlösung: Die Lage in Bayern ist ein Stressfaktor

Ein Sprecher der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) sagt der AZ, dass in Bayern die Kliniken sogar nur mit 30 bis 50 Prozent der beauftragten Mengen beliefert würden. Sowohl für Infusionen als auch als Spülmittel gebe es Probleme. Die BKG kann jedoch entwarnen: "Wir wissen aktuell noch nichts von Verschiebungen von Operationen."

Dennoch ist der beschränkte Nachschub für die Krankenhausapotheken ein großer Stressfaktor. "Der Aufwand ist doppelt so groß wie bei einer normalen Bestellung, die Kochsalzlösung anderweitig aufzutreiben", teilt die BKG mit.

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Die Krankenhäuser der München Klinik können das auffangen, weil die eigene Apotheke über 100 Mitarbeitende beschäftigt, sagt deren Sprecher der AZ. Dem LMU Klinikum half gegen die Lieferengpässe bisher die eigene Lagerhaltung, heißt es auf Anfrage der AZ.

Bayerische Apothekerverband: "Die Apotheker wissen nicht, ob eine Lieferung kommt"

Kochsalzlösung lässt sich nicht einfach in der Küche zusammenmischen, denn es braucht einen bestimmten Salzgehalt im Wasser. Die Apotheken wären dazu zwar theoretisch in der Lage, aber in der erforderlichen Menge sei eine industrielle Produktion zwingend, sagt Thomas Metz vom Bayerischen Apothekerverband der AZ.

Auch die bayerischen öffentlichen Apotheken kämpfen demnach flächendeckend mit zu wenigen Lieferungen. Die Kochsalzlösungen werden dringend benötigt, etwa für Asthma-Inhalation und Krebsmittel-Infusionen. "Die Apotheker wissen nicht, ob sie morgen eine neue Lieferung bekommen", sagt Metz.

Zwar können sie mit Einzelimporten dem Mangel entgegensteuern. Trotzdem ist die Beschaffung der Kochsalzlösung so mit einem "massiven Mehraufwand" verbunden. "Die Apotheker hängen Stunden am Telefon und am Rechner", berichtet Metz.

Noch besteht nur ein Liefer- und kein Versorgungsengpass, der die Behandlung der Patienten verhindern würde, weil das Arzneimittel gar nicht mehr vorrätig ist. Um dem vorzubeugen, hat das Bundesgesundheitsministerium am Donnerstag mitgeteilt, einen Versorgungsmangel für Kochsalzlösungen vorzubereiten.

Erst wenn dieser vom Bund festgestellt wurde, "können die zuständigen Regierungen von Oberbayern und Oberfranken Allgemeinverfügungen erlassen, die den erleichterten Import von Arzneimitteln ermöglichen", sagt eine Sprecherin des Bayerischen Gesundheitsministeriums der AZ. Dann dürften auch Kochsalzlösungen importiert werden, die zwar nicht in Deutschland zugelassen sind, aber in dem Staat, aus dem sie importiert werden.

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Zusätzliche Produktionskapazitäten sollen helfen

Trotz der angespannten Lage haben die von der AZ befragten, öffentlichen Apotheken in München derzeit keine Lieferprobleme. Zumindest nicht mehr, wie eine Mitarbeiterin der Internationalen Hauptbahnhofapotheke verrät:

"Vor vier bis fünf Wochen gab es gar nichts von der Firma Braun Melsungen." Dabei handelt es sich um einen der beiden großen Hersteller für Kochsalzlösungen mit Lieferschwierigkeiten. Dessen Engpass wurde der BfArM bereits als beendet gemeldet.

Der andere Großhersteller, Fresenius Kabi Deutschland, kämpft noch immer damit, die Versorgung wieder zu normalisieren. Das BfArM teilt jedoch mit, dass der Hersteller für Dezember prognostiziert, die Mangellage wieder in den Griff zu bekommen. Weiter heißt es: "Zudem befindet sich derzeit zusätzliche Produktionskapazität in Deutschland im Aufbau".

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7 Kommentare
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  • am 11.10.2024 14:28 Uhr / Bewertung:

    Grundsätzlich gilt zwar ‚je weniger Pharmazeutika desto besser‘, aber was Lauterbach und seine Vorgängerinnen hierzulande an Schaden anricht(et)en, das ist schon unglaublich.

  • SL am 11.10.2024 16:30 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von

    Ja die Vorgänger. Sehr gute Leute wie Jens Spahn und Hermann Gröhe CDU

  • SL am 11.10.2024 12:55 Uhr / Bewertung:

    Unter der Regierung Merkel wurde die Pharmaindustrie regelrecht aus Deutschland vertrieben. Viele namhafte Unternehmen wie Nattermann, Sandoz, Krewel usw. gingen pleite oder wurden von ausländischen Pharmagiganten aufgekauft. Deutschland galt einst als "Apotheke der Welt" und ist heute nicht mal mehr fähig ausreichend Kochsalzlösungen zu liefern

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