Die Dosenbier-Demo für freies Trinken

Ein Jurist der Universität Passau will sich nicht verbieten lassen, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken - und ruft darum zur Bier-Demo auf. Die kuriose Geschichte.
Hubert Denk |
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Auf die Versammlungsfreiheit! Teilnehmer stoßen an, darunter Professor Dr. Dirk Heckmann, der die Szenen mit dem Handy filmt. Rechts im Bild: Initiator Florian Albrecht (38).
Denk/ az-combo Auf die Versammlungsfreiheit! Teilnehmer stoßen an, darunter Professor Dr. Dirk Heckmann, der die Szenen mit dem Handy filmt. Rechts im Bild: Initiator Florian Albrecht (38).

Ein Jurist der Universität Passau will sich nicht verbieten lassen, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken - und ruft darum zur Bier-Demo auf. Die kuriose Geschichte.

Passau - Eine Gruppe von gut 100 Studenten hat sich auf dem Nibelungenplatz getroffen – um Dosenbier zu kippen. Dazu verkündet ein bärtiger Mann Ende 30 über Megafon vom hohen Gut der Demonstrationsfreiheit und davon, dass er sich sein Bier im öffentlichen Raum nicht verbieten lasse. Alkohol fördere schließlich Kommunikation und Vertrauen.

Es ist wieder eine dieser kuriosen Geschichten, wie sie für Passau typisch sind. Der Mann mit dem Megafon, Florian Albrecht, akademischer Beamter an der Uni Passau, 38 Jahre alt, hat die Bier-Demo höchstrichterlich durchgesetzt. Mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Er und sein Professor Dr. Dirk Heckmann – der ist Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes und auch zur Bier-Demo gekommen – sind als Internet-Rechtler bundesweit gefragt. Mit ihnen darf man sich nicht anlegen. Es war Albrechts juristischer Gegenschlag, weil er vor wenigen Monaten von einem privaten Sicherheitsdienst wegen einer Flasche Bier von diesem Platz verwiesen wurde und ein Hausverbot bekam.

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Auf dem Platz darf nicht einmal Bier verkauft werden

Dazu muss man wissen: Der Passauer Nibelungenplatz ist in privater Hand, er gehört dem Millionär Michael Kapfinger. „Durch Alkohol steigt die Kriminalität, das wissen wir vom benachbarten Klostergarten“, erklärt sein Sprecher Rudi Ramelberger. Auf dem Nibelungenplatz müssen sich selbst zwei Imbissbudenbesitzer, ans Alkoholverbot halten. Im Dönerwagen, gibt es als Durstlöscher Limo und Cola.

Der einzige Laden, der Alkohol jeder Art bereit hält, aus dem die jungen Leute an diesen heißen Tagen vor allem kistenweise Bier schleppen, ist der Rewe-Supermarkt. Seine Schiebetüren öffnen sich zum Nibelungenplatz. „Man darf das Bier über den Platz schleppen, aber nicht trinken“, bringt es ein Zuschauer auf den Punkt.

Die bierernsten Auflagen für die Demo: Die Karlsruher Richter haben ausdrücklich nur Dosenbier erlaubt, begrenzt auf eine Dose je Demonstrant, die innerhalb von 15 Minuten zu leeren ist.

„Es ist ein Skandal, dass das Landgericht Passau das Hausrecht des Grundstückseigentümers über das Grundrecht der Versammlungsfreiheit stellte“, erzählt der 38-Jährige von seinem Weg durch die Instanzen.

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Alles beginn mit einem Platzverbot wegen einer Flasche Bier

Was im Mai passiert ist: „Er hat uns einen Ausweis vor die Nase gehalten, gesagt er sei Rechtsanwalt und wollte sich von uns nichts vorschreiben lassen“, erzählt ein Vertreter des Sicherheitsdienstes vom Vorfall im Mai. Der Wissenschaftler hatte zur Volksfestzeit getrunken und damit gegen die Hausordnung des Nibelungenplatzes verstoßen. Bevor der Streifenwagen kam, hätte er sich aus dem Staub gemacht.

Eines ist trotz Demo aber klar: Eine Klage gegen das Alkoholverbot auf dem Nibelungenplatz wird auch in Zukunft aussichtslos sein. Mit seiner gerichtlichen Durchsetzung einer „Demo mit Bierdosen“ auf ebendiesem Platz hat der Uni-Jurist allerdings geschickt auf das Recht der freien Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit abgezielt.

Sein Erfolg hat einmal mehr bewiesen, dass auch in privaten Räumen, wenn sie von der Öffentlichkeit bestimmt oder genutzt werden, die Bürgerrechte nicht völlig eingeschränkt werden können.

Mit Albrecht hat der Kapfinger-Sprecher wohl weiterhin zu tun, denn dieser ficht auch das Hausverbot an.

Albrecht ist nicht der einzige, der ein solches bekommen hat. Schätzungsweise ein Dutzend Hausverbote werden pro Jahr ausgesprochen. „Der private Sicherheitsdienst kostet uns jährlich 90 000 Euro“, so der Kapfinger-Sprecher. Auf diese Kosten würde man gerne verzichten. Das Karlsruher Urteil sei vielleicht eine Anregung, überprüfen zu lassen, ob bei solchen speziellen privaten Räumen nicht doch die Polizei gefordert wäre. Sie greift bis dato nur ein, wenn es zu Straftaten kommt.

Am Ende der Bier-Demo wird’s dann noch komisch: Ein Kasten „Augustiner“, direkt aus dem Rewe, fällt zwei Studenten vom Fahrrad. Sofort sind die Sicherheitsdienstler wieder da. „Die Scherben räumt Ihr aber schön wieder weg!“

Hätten Sie doch bloß den Rat der hohen Richter befolgt und statt Flaschen- Dosenbier genommen. 

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