Der Kampf um den Wolf
Bayreuth - Es könnte schon der zweite Wolfsangriff im Landkreis Bayreuth innerhalb weniger Tage sein: 18 Stück Damwild sind am Mittwoch in einem Wildgehege in Betzenstein gerissen worden, darunter 13 trächtige Tiere. Schon letztes Wochenende hatte der Landwirt Hans Ertel drei Rothirsche und vier Wildschafe tot im Nachbargehege entdeckt. Der Landwirt geht von mindestens drei Wölfen aus, die sich ein Loch unter dem Zaun gruben und in das Gehege eindrangen. Dass die Spuren auf Wölfe hindeuten, bestätigte ein Sprecher des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU).
Am Donnerstag hatte nun Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) eine Senkung der Schutzvorgabe für Wölfe gefordert, so dass die Tiere leichter getötet werden dürften. Es müsse dringend gehandelt werden, sagte sie. Es gehe um den Schutz der Weidetiere, bloße Entschädigung sei nicht die Lösung. "Die Weidetiere leisten wertvolle Landschaftspflege und sind Erwerbsgrundlage für viele Bauernfamilien und Schäfer", sagte sie.

Auch Harald Köppel vom bayerischen Bauernverband plädierte kürzlich für eine Regulierung der Wölfe. Die Landwirte in der Region seien verunsichert, mehrere hätten von Wolfsspuren um ihre Gehege berichtet. "Anscheinend sieht ein Wolfsrudel die Weiden hier als ihr Buffet an", sagte Köppel. "Das ist die Katastrophe schlechthin. Viele Spaziergänger, gerade Eltern mit Kindern, haben schon Angst", meinte Köppel. Es sei eine Frage der Zeit, bis ein Mensch angegriffen werde. Das ist ein Märchen, das immer wieder von den Gebrüdern Grimm erzählt wurde, sagt dazu Wolfsexperte des Landesbund für Vogelschutz (LBV) Andreas von Lindeiner der AZ.
LBV: "Forderungen nach Abschuss verurteilen wir aufs Schärfste"
Der LBV, der sich sich für das Wildtiermanagement von großen Beutegreifern einsetzt, verurteile die völlig überzogenen Forderungen nach Abschuss und frühzeitiger Regulierung des Wolfes aufs Schärfste, hieß es am Donnerstag. In Mitteleuropa habe es seit Jahrzehnten keine gefährlichen Übergriffe von Wölfen auf Menschen gegeben, so auch von Lindeiner. In Bayern gibt es in acht Regionen standorttreue Wolfsrudel.
"Der Wolf ist durch EU-Recht geschützt. Da beide Gatter in keiner Weise wolfssicher waren, bedarf es keiner Verschärfung der Bejagung, sondern einer frühzeitigen aktiven Beratung. Diese hätte durch die zuständigen Behörden schon lange erfolgen müssen, wurde jedoch versäumt", so der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer. Aus Sicht des LBV hätten beide Zwischenfälle verhindert werden können. "Die Rufe nach Abschüssen der Tiere sind unsachlich", kommentierte von Lindeiner die Rufe der Politik.
Von Lindeiner: "Die Wölfe konnten mühelos einbrechen"
Das Gehege war zwar mit einem Wildgatterzaun geschützt, es fehlten jedoch ein Untergrabschutz und die elektrische Sicherung, so der Wolfsexperte. Grundvoraussetzung für das Abschießen sei, dass sich Wölfe zuvor und mit Wiederholungsgefahr an sachgerecht geschützten Nutztieren vergriffen haben. "Und das war hier nicht der Fall." Die Politik stehe in der Pflicht, die Halter aktiv zu beraten. "Die Wölfe konnten mühelos einbrechen - dann ist der Tisch natürlich gedeckt". Für das Rudel sei das vom Veldensteiner Forst fünf Kilometer entfernte Wildgehege ein Katzensprung.
Seit letztem Jahr fördert der Freistaat den Herdenschutz, in dem Gebiet werden Kosten für Material und Montage übernommen, so von Lindeiner. "Wir haben uns natürlich schon kundig gemacht und es war geplant, das so schnell wie möglich nachzuholen", sagte Landwirt Ertel - es sei zu spät gewesen. Um Konfliktsituationen zu entschärfen, sei die Politik gefordert, das Monitoring für den "Aktionsplan Wolf" umzusetzen, fasst von Lindeiner zusammen.
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