CSU-Generalsekretär Markus Blume über die Landtagswahl am 14. Oktober

Der Generalsekretär der CSU, Markus Blume, verrät, warum die Partei im Kampf um Stimmen wieder erfolgreich sein wird – und was er von der Haftandrohung gegen Söder hält.
Clemens Hagen |
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Generalsekretär Markus Blume in der Wahlkampfzentrale der Partei. Im Hintergrund: junge CSU-Mitarbeiter, die die Straßenwahlkämpfer online unterstützen.
Petra Schramek Generalsekretär Markus Blume in der Wahlkampfzentrale der Partei. Im Hintergrund: junge CSU-Mitarbeiter, die die Straßenwahlkämpfer online unterstützen.

München - AZ-Interview mit Markus Blume. Der 43-Jährige ist seit 2008 CSU-Abgeordneter im Bayerischen Landtag mit Direktmandat für den Stimmkreis München-Ramersdorf und seit dem 14. März 2018 Generalsekretär der CSU.

AZ: Herr Blume, Sie sagen, die CSU ist "legendär geschlossen". Wofür tritt die Partei denn jetzt, in der heißen Phase des Wahlkampfs, so geschlossen ein? Was sind Ihre Themen?
MARKUS BLUME: Bayern steht großartig da: Wir haben einen Rekord-Beschäftigungsstand, wir haben ein Rekord-Wirtschaftswachstum, wir haben einen Rekord-Haushalt. Von den Fundamentaldaten ist alles bestens in Schuss. Wir nehmen natürlich trotzdem zur Kenntnis, dass es Verunsicherung gibt. Die Hauptaufgabe für uns wird sein, deutlich zu machen, dass bei der Landtagswahl sehr viel auf dem Spiel steht: Bleibt das Erfolgsmodell Bayern stabil, oder droht ein anderes Bayern? Es geht um die Frage, wie wir Bayern in einer unsicheren, einer ungeordneten Welt behaupten können.

Wie beantworten Sie diese Fragen?
Da kommt man sehr schnell zu einzelnen Themen: Wir müssen die Normalverdiener stärker in den Blick nehmen. Wir werden die kulturelle Identität dieses Landes bewahren. Wir wollen die Zerrissenheit in der Gesellschaft überwinden. Und wir werden die alte Erfolgsgeschichte von Laptop und Lederhosn fortschreiben.

"Man sollte politische Stabilität neu schätzen lernen"

Wie soll sie denn aussehen, die neue Erfolgsgeschichte Laptop und Leserhosn?
Bayern ist ein Land, das es geschafft hat, in unvergleichlicher Art und Weise wirtschaftlichen Erfolg mit Lebensqualität zu vereinen. Deshalb macht ja auch immer wieder das Bild von Bayern als Paradies die Runde. Bayern ist so etwas wie die Musterregion in Europa geworden, mit einer Attraktivität, die in die ganze Welt ausstrahlt. Wir brauchen Wachstum mit Augenmaß, müssen Ökonomie und Ökologie zusammenbringen und gleichzeitig die Einzigartigkeit des Landes bewahren. Auf München heruntergebrochen: Ich möchte, dass München Weltstadt ist und Gartenstadt bleibt.

In den Umfragen sieht es ganz danach aus, dass die Alleinregierung der CSU trotz aller Verdienste Mitte Oktober zu Ende sein könnte. Mit wem würden Sie koalieren?
Eines ist doch klar: Dieses Land steht heute so erfolgreich da, weil es über sechs Jahrzehnte mit der Christlich-Sozialen Union ein Höchstmaß an politischer Stabilität gab. Das ist eine starke Empfehlung für die Zukunft. Man sollte politische Stabilität neu schätzen lernen in einer Zeit, in der in anderen Ländern in Europa, in Italien oder in den Niederlanden, wegen schwieriger Regierungsbildungen viel, viel Zeit liegengelassen wurde. Das gilt übrigens auch für Berlin. Deshalb arbeitet die CSU, seien sie versichert, nicht auf Koalitionen hin.

Blume: "Die Grünen stehen für ein Bayern mit Multikulti, Fahrverboten und Tempolimits"

Markus Söder hat die Grünen als neuen Hauptgegner ausgemacht – vor allem in den Großstädten. Wie wollen Sie den Grünen Wähler abjagen?
Das ist nicht nur ein Thema für die Großstädte, das gilt für ganz Bayern. Die Grünen haben de facto die SPD als Herausforderer abgelöst. Deshalb werden wir uns in besonderer Weise mit den Grünen auseinandersetzen, und zwar inhaltlich. Wir werden deutlich machen, dass die Grünen nicht nur für eine andere Politik stehen, sondern gleich ein anderes Bayern wollen. Ein Bayern, das auf Bevormundung und Verboten aufbaut, das unbegrenzte Zuwanderung verkraften soll und in dem die Sicherheit eine geringere Rolle spielt. Ein Bayern mit Multikulti, Fahrverboten und Tempolimits.

Stichwort Fahrverbote: Das Oberste Verwaltungsgericht droht dem Ministerpräsidenten mit Beugehaft, sollte sich die Luft in 65 Städten im Freistaat nicht geschwind verbessern. Was sagen Sie dazu?
Ich denke, wir sollten sachlich betrachten, wie mit großer Ernsthaftigkeit Politik gemacht wird: Wir haben das Ziel, saubere Luft in den Großstädten zu haben. Auf der anderen Seite müssen wir darauf achten, dass die Menschen mobil bleiben. Der Freistaat hat sich dazu Gedanken gemacht: Er nimmt viel Geld in die Hand, um den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, auch um emissionsarme Mobilität in den Städten zu stärken. Wenn diese Dinge greifen, helfen sie sehr. Daher sollte man diese Bemühungen nicht leichtfertig als unwirksam abtun.

Bis Ihre Maßnahmen greifen, wird es dauern. Glauben Sie, dass die Staatsregierung die nötige Zeit von der Justiz bekommen wird?
Ich habe mit Aufmerksamkeit registriert, dass die NO2-Werte im zweiten Quartal dieses Jahres in ganz München zurückgegangen sind. Das belegen die Zahlen, die das Münchner Umweltreferat vorgelegt hat. Das bestärkt uns in unserem Ansatz, beides zu erreichen: gute Luft in den Städten bekommen und dabei die Mobilität erhalten – nicht durch Verbote, sondern durch Anreize.

Was ist der Grund, warum die Justiz gerade jetzt mit so drakonischen Strafen droht?
Es ist niemandem gedient, wenn wir Fahrverbote erlassen, so wie in Hamburg, und die Leute dann sagen, wir leben in Absurdistan. Es bringt nichts, eine Strecke von zwei Kilometern zu sperren, wenn dann jeder einen Umweg von fünf Kilometern fährt. Ich finde, man sollte nochmals in sich gehen und prüfen, ob die erarbeiteten Maßnahmen nicht doch geeignet sind, das Ziel zu erreichen. Für uns ist die politische Tat entscheidend. Und man sollte jetzt die Zeit geben, damit diese Dinge in der Umsetzung wirken können. Damit ist den Menschen mehr geholfen als mit blindem Aktionismus.

"Die CSU arbeitet auf die Abschaffung des Solis in dieser Legislaturperiode hin"

In Berlin macht gerade – wieder einmal – das Thema Steuererhöhung die Runde. Für die CSU in dieser Boomphase undenkbar?
Das muss man sich vorstellen! In Zeiten von Rekord-Steuereinnahmen Debatten darüber zu führen, wie man den Menschen noch mehr wegnehmen kann, ist Irrsinn. Deshalb führen wir einen Wahlkampf für die Normalverdiener. Wir setzen durch, dass die Arbeitslosenbeiträge sinken. Und wir werden auch beim Thema Soli nicht lockerlassen. Wir meinen, in Zeiten von Rekord-Steuereinnahmen sollte der Soli schneller und für alle abgeschafft werden.

In dieser Legislaturperiode?
Das ist unser Ziel.

Horst Seehofer hat eine Debatte über Religion angeregt. Ist das ein Thema, das im Wahlkampf der CSU auch eine Rolle spielen wird?
Das ist ein hochaktuelles Thema, gerade in Zeiten von zunehmender Säkularisierung und kultureller Verunsicherung. Bayern ist ein religionsoffenes, ein religionsfreundliches Land, auch eines, in dem das Verhältnis von Kirche und Staat klar geregelt ist. Aber wir spüren auch: Es ist notwendig, sich zur christlich-abendländischen Prägung des Landes zu bekennen. Denn für den Zusammenhalt in Bayern braucht es ein gemeinsames Bewusstsein für diese Traditionen und Werte. Wer seinen eigenen Standpunkt kennt, kann auch offen sein für andere. Das ist der Grundgedanke von Heimat und Weltoffenheit.

Zu Ihrer Person: Sie sind als Generalsekretär für den Wahlkampf hauptverantwortlich. Wie macht man Wahlkampf? Entscheiden Sie alleine über die Strategie? Gibt es Helfer? Berater? Spin-Doktoren?
Mit allen unseren 140.000 Mitgliedern sind wir Seismograph für die Lebenswirklichkeit. Ein Wahlkampf muss in besonderer Weise das aufnehmen, was man als Partei in der Bevölkerung spürt. Insofern steht ein solcher Wahlkampf auf Hunderttausenden von Rückmeldungen aus allen Teilen der Partei. Da schälen sich dann drei, vier, fünf Kernthemen heraus, bei denen die Menschen erwarten, dass wir politisch handeln. So entstehen erst die Programminhalte und dann die Kampagne.

Blume: "Wir CSUler sind Tiefwurzler"

Aber am Ende muss es doch eine Art inneren Zirkel geben, der darüber entscheidet, was wichtig für Bayern und für die Bayern ist, oder?
Unterm Strich ist es eine Mannschaftsleistung, weil zu diesem Wahlkampf jeder in der Partei beiträgt: unser Ministerpräsident Markus Söder an der Spitze des Landes ebenso wie unser Parteivorsitzender Horst Seehofer, alle Abgeordneten und Kandidaten vor Ort – und natürlich ich als Generalsekretär und eben alle unsere Mitglieder. Die Stärke der CSU resultiert ja daraus, dass wir in allen Landesteilen, in allen Bevölkerungsschichten Tiefwurzler sind. Unsere Mitglieder sind hoch motiviert für den Haustürwahlkampf, die Nachbarn zu besuchen, mit ihnen zu reden, online zu argumentieren. Die Zeiten, in denen Wahlkampf hieß, man hat eine Truppe von ein paar Profis und an der Basis ein paar, die Plakate kleben, diese Zeiten sind lange vorbei.

Hat die CSU Politikberater, Spin-Doktoren?
Die beste Beratung ist, das Ohr an der Bevölkerung zu haben. Wie Franz Josef Strauß gesagt hat: dem Volk aufs Maul schauen, aber nicht nach dem Mund reden.

Was muss passieren, damit Sie am Abend der Landtagswahl, dem 14. Oktober, sagen: Ich habe einen guten Job gemacht?
Ein CSU-Ergebnis, das von der Stärke her viele überraschen wird.

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