Corona-Lockerungen in Bayern: Aiwanger jubelt über Ende der Zettelwirtschaft
Die Zettelwirtschaft, die mit Beginn der Corona-Pandemie Besuche in der Gastronomie, Kunst- und Kultureinrichtungen begleitet hat, wird weitgehend abgeschafft. Ab kommenden Freitag (15. Oktober) müssen Gaststätten, Kunst- und Kultureinrichtungen die Kontaktdaten der Besucher nicht mehr elektronisch oder auf Papier erfassen, beschloss das bayerische Kabinett auf einer Sitzung gestern in München. Die Kontakterfassung sei nicht mehr sinnvoll, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek nach der Sitzung. Sie biete für die Gesundheitsämter "keinen Mehrwert mehr".
Diese Veranstaltungen sind von Lockerung ausgeschlossen
Von der "Entbürokratisierung und Vereinfachung" werden nach Angaben von Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) jedoch geschlossene Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern, Clubs, Discos, Bordelle und vergleichbare Freizeiteinrichtungen sowie gastronomische Angebote mit Tanzmusik, körpernahe Dienstleistungen sowie Gemeinschaftsunterkünfte etwa in Jugendherbergen oder Berghütten erst einmal ausgenommen. Damit seien Einrichtungen betroffen, von denen möglicherweise "Superspreader-Events" ausgehen könnten, so Herrmann. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) erwartet von der Erleichterung noch etwas mehr Zulauf für die Gastronomie.
Verschärfte Testpflicht für ungeimpfte Beschäftigte bestimmter Betriebe
Allerdings: Ab 19. Oktober müssen sich die Beschäftigten in bestimmten Betrieben auf verschärfte Testpflichten einstellen, soweit sie nicht geimpft sind. Wo die Zugangsregeln 3G (genesen, geimpft, getestet), 3G plus (getestet mit PCR-Test) und 2G (nur Genesene und Geimpfte zugelassen) gelten, müssen künftig auch die Betreiber, Beschäftigten und Ehrenamtlichen mit Kundenkontakt die dort jeweils geltenden Voraussetzungen erfüllen.
Sie müssen einen entsprechenden Testnachweis jedoch lediglich an mindestens zwei verschiedenen Tagen pro Woche vorlegen. Das gilt auch für Betriebe, deren Betreiber sich freiwillig für schärfere Zugangsregeln entscheiden, als sie eigentlich müssten. Es sei nur logisch, wenn solche Vorgaben nicht nur von den Gästen, sondern auch vom Personal eingehalten werden müssen, sagte Herrmann.
Aiwanger verspricht "ganz ordentliche Weihnachtsmärkte"
Eine frohe, wenn auch möglicherweise noch nicht mit allen Beteiligten abgesprochene Botschaft, hielt Wirtschaftsminister Aiwanger für die Weihnachtszeit bereit. Bereits vor einem am Dienstagnachmittag angesetzten Runden Tisch zum Thema Christkindlmärkte (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) verkündete er, dass in diesem Jahr wieder "ganz ordentliche Weihnachtsmärkte" abgehalten werden könnten. Im vergangenen Jahr waren diese Märkte komplett der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen.
Aiwanger strebe an, dass diese Märkte ohne 3G-Vorschriften und Zugangskontrollen über die Bühne gehen können. Würde man 3G vorschreiben, müsste man die Märkte einzäunen, um die Besucher kontrollieren zu können. Dies würde für viele Christkindlmärkte das Aus bedeuten. Gesundheitsminister Holetschek äußerte sich zu diesem Thema mit "Schaun mer mal" zurückhaltender.
13 Millionen Einwohner in Bayern vollständig geimpft
Obwohl in Bayern 8,2 der etwa 13 Millionen Einwohner vollständig geimpft und weitere 700.000 von einer Corona-Infektion genesen sind, ist bei der Sieben-Tage-Inzidenz kein Rückgang feststellbar.
Ausschlaggebend ist jedoch nicht mehr die Zahl der Infektionen pro Woche und 100.000 Einwohner, sondern die Zahlen der in Kliniken behandelten Corona-Patienten sowie der von Covid-19-Patienten belegten Intensivbetten, die am Dienstag mit 267 beziehungsweise 265 angegeben wurden.
Die Warnwerte liegen bei 1.200 Krankenhaus- und 600 Intensivpatienten.
Wer im Frühjahr vergangenen Jahres wegen Verstoßes gegen das damals geltende strenge Ausgehverbot im Lockdown verstoßen hat und ein Bußgeld bezahlen musste, kann mit Rückerstattung rechnen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Revision gegen eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) keinen Erfolg hat, sagte Herrmann.
Der BayVGH hatte vergangene Woche entschieden, dass die damalige Infektionsschutzmaßnahmenverordnung insoweit rechtswidrig war, als sie Bürgern das Verlassen der Wohnung "ohne triftigen Grund" untersagte. Sollte die Verordnung vor dem Bundesverwaltungsgericht Bestand haben, bleibe es bei den Bußgeldern. Anderenfalls würden sie den Betroffenen zurückerstattet.