Brandschutz-Millionensanierung in Nürnberg völlig unnötig?

Die Fassaden mehrerer Hochhäuser in Nürnberg werden erneuert. Der Grund: Bei einem Feuer könnten die Gebäude zur Falle werden. Doch nun wird gestritten, ob die Maßnahme wirklich notwendig gewesen ist.
Helmut Reister |
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Zwei der betroffenen Hochhäuser in Nürnberg.
Tanja Faderl Zwei der betroffenen Hochhäuser in Nürnberg.

Nürnberg – Schwebten Hunderte Bewohner in den Hochhäusern des Nürnberger Stadtteils Neuselsbrunn wegen akuter Brandgefahr Jahrzehnte lang in Lebensgefahr?

Vor zwei Jahren jedenfalls schlug die Stadt Nürnberg wegen der Fassaden der fünf 20-stöckigen Hochhäuser Alarm. Die Dämmung unter den Steinplatten – aus Sicherheitsgründen nicht mehr zu verantworten, eine "Einladung" für eine Katastrophe im Brandfall. Dieses Szenario machte vielen Wohnungseigentümern Angst.

Die Kosten der Sanierung: 25 Millionen Euro

Die Wohnkomplexe, die vor rund 50 Jahren in den Himmel wuchsen, werden von einer Immobilien-Treuhand-Gesellschaft verwaltet. In Eigentümerversammlungen unter der Regie der Hausverwalter entschied sich eine klare Mehrheit für den Abriss der Fassade und eine Sanierung.

Kosten: rund 25 Millionen, 50.000 Euro für jeden Wohnungsbesitzer. Wenig später rückten Arbeiter an und begannen mit dem Abriss der Fassade und den Sanierungsarbeiten.

Mehrere Wohnungseigentümer klagen

Der so deutlich ausgefallene Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer ist inzwischen zu einem veritablen Streitfall geworden, der vor Gericht ausgetragen wird. Mehrere Wohnungseigentümer klagen gegen die übrigen Mitglieder der Eigentümergesellschaft, um den Mehrheitsbeschluss, mit dem der Hausverwaltung nachträglich die Finanzierung der Brandschutzmaßnahmen genehmigt worden war, wieder zu kippen.

Das Argument der Kläger mit Hinweis auf ein Gutachten: Der Abriss der Fassade sei gar nicht nötig gewesen, eine akute Brandgefahr habe nie bestanden. Sie zweifeln auch daran, dass die Hausverwaltung, die inzwischen abgelöst wurde, überhaupt ordnungsgemäß befugt war. Das wollen die Kläger gerichtlich feststellen lassen, um Schadensersatzansprüche geltend machen zu können. 350 betroffene Wohnungseigentümer, die sich geprellt fühlen und auf den Sanierungskosten nicht sitzenbleiben wollen, haben sich mittlerweile unter den Fittichen eines Anwalts zusammengefunden.

Wie viel Verantwortung trägt die Stadt Nürnberg?

Er ist nicht nur nicht gut auf die (abgelöste) Hausverwaltung zu sprechen, sondern macht auch die Stadt ein Stück mitverantwortlich für die millionenschwere und seiner Meinung nach unnötige Großbaumaßnahme.

Der Prozess findet am 2. Oktober statt. Ungewöhnlich daran ist, dass der juristische Showdown in der "Meistersingerhalle" stattfindet, wo schon Woodstock-Legende Jimi Hendrix auftrat, inzwischen aber eher die klassische Musik dominiert.

Das Ausweichquartier wurde nötig, weil alle Sitzungssäle im Justizgebäude viel zu klein sind, um den Hunderten Betroffenen Platz bieten zu können.

Hochhaus, Brandschutz, Fassade – bei diesen Schlagwörtern denken viele an die Grenfell-Tragödie in London im Juni 2017 zurück. Damals starben 72 Menschen. Ein Feuer breitete sich in dem Gebäude rasend schnell aus – Brandschutzauflagen waren ignoriert worden. Vor allem die Fassadenverkleidung machte das Hochhaus zur Todesfalle. Auch in Deutschland wurden daraufhin in mehreren Städten Hochhäuser auf Gefahren hin kontrolliert.

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