Bodenampeln: So soll Smartphone-Zombies das Leben gerettet werden

Jeder sechste Fußgänger ist im Straßenverkehr von seinem Smartphone abgelenkt, manche tippen während der Fahrbahnüberquerung noch schnell eine Nachricht und begeben sich in Lebensgefahr. Die Zahl der tragischen Unfälle häuft sich. Erste Städte testen daher spezielle Bodenampeln für Handy-Nutzer an Straßenbahngleisen.
dpa |
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Die neuen Augsburger Bodenampeln sollen Smartphone-Nutzer vor sich selbst schützen.
Thomas Hosemann/Stadtwerke Augsburg/dpa Die neuen Augsburger Bodenampeln sollen Smartphone-Nutzer vor sich selbst schützen.

Jeder sechste Fußgänger ist im Straßenverkehr von seinem Smartphone abgelenkt, manche tippen während der Fahrbahnüberquerung noch schnell eine Nachricht und begeben sich in Lebensgefahr. Erste Städte testen daher spezielle Bodenampeln für Handy-Nutzer an Straßenbahngleisen.

München - Dieser tragische Verkehrsunfall erschütterte München im März: Eine 15-Jährige stirbt in Laim bei einem Tram-Unfall. Mit Kopfhörern auf, vertieft in die Musik, hörte Julia nicht, wie sich die Bahn nähert. Die Schülerin wird erfasst und getötet. Auf ähnliche Weise wurde ein 17-Jähriger in Oberföhring schwer verletzt.

Handys bereiten den deutschen Nahverkehrsunternehmen seit rund zwei Jahrzehnten Kopfzerbrechen. Früher waren die Fahrgäste, die lautstark im Bus oder der Trambahn telefonieren, ein Ärgernis für andere. Mittlerweile gibt es diesbezüglich kaum noch Beschwerden. Dafür haben heutzutage die Fahrer Angst vor Fußgängern, die über die Straße laufen, schnell noch eine Nachricht in ihr Smartphone tippen und dabei nicht auf den Verkehr achten.

Lesen Sie hier: Kopfhörer im Straßenverkehr: Das rät die Polizei

In Augsburg und Köln gibt es für die "Generation Kopf unten" inzwischen spezielle Ampeln: in den Boden eingebaute LED-Lichtleisten leuchten an neuralgischen Orten, wenn sich Straßenbahnen nähern. Die Verkehrsbetriebe reagieren damit auf das Problem, dass es immer häufiger zu Unfällen mit abgelenkten Fußgängern kommt.

Auch in Augsburg gab es zuletzt Unglücke mit Leichtverletzten oder Beinahe-Unfälle mit Fußgängern. Ein Mitarbeiter der Stadtwerke hatte deshalb die Idee, an zwei Straßenbahn-Übergängen Warnlichter in den Boden einzubauen, die rot blinken, wenn sich eine Bahn nähert.

 

Jeder sechste Fußgänger am Smartphone aktiv

 

"Die Zahl der gefährlichen Situationen hat deutlich zugenommen", erklärt Augsburgs Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg. Die Dekra hat erst vor wenigen Wochen in einer Studie festgestellt, dass etwa jeder sechste Fußgänger ein Smartphone zum Nachrichten schreiben, telefonieren oder Musik hören nutzt, während er am Straßenverkehr teilnimmt.

Wissenschaftler hatten dafür rund 14 000 Passanten in sechs europäischen Großstädten - in Berlin, Amsterdam, Brüssel, Paris, Rom und Stockholm - beobachtet. Besonders problematisch: Knapp 8 Prozent der Fußgänger tippten beim Überqueren der Fahrbahn in ihr Handy. "Wie zu erwarten war, benutzten jüngere Fußgänger tendenziell häufiger das Smartphone als ältere", teilte die Dekra Unfallforschung mit.

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In der Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahren daddelte etwa jeder Vierte mit dem Handy. In Augsburg wurden die an die normalen Ampeln gekoppelten Lichtleisten deswegen nun an zwei Punkten installiert, wo besonders viele Schüler und Studenten unterwegs sind.

Wobei Pressesprecher Fergg betont, dass die LED-Lampen nicht nur für Handynutzer eine zusätzliche Warnung sein sollen, sondern auch für alle anderen, die sonst gerne die rote Fußgängerampel ignorieren. "Jetzt muss man dann auch noch eine rote Linie überschreiten."

 

Wie wirkungsvoll ist die neue Technik?

 

Aufmerksam wurden die Augsburger auf das System durch ein Pilotprojekt in Köln. Dort gibt es seit etwa einem Jahr Bodenlichter an drei Haltestellen. Im Rahmen des Testbetriebs wird eine Untersuchung erstellt, um die Wirkung der Lichter zu dokumentieren.

"Wir wollen herausfinden, ob ein Gewöhnungseffekt eintritt", erklärt Stephan Anemüller von den Kölner Verkehrs-Betrieben. Dann werde entschieden, ob weitere Übergänge mit dem System ausgestattet werden. Auch in Augsburg soll erst einmal beobachtet werden, ob sich die Technik bewährt.

In Köln sind die Lichtleisten nicht die einzige Initiative, um abgelenkte und unvernünftige Fußgänger und Radfahrer zu warnen. Bei der 2014 gestarteten Kampagne "Köln steht bei Rot!" machen an Verkehrsknotenpunkten rot und grün gekleidete Pantomimen den Menschen klar, dass die Verkehrsregeln auch für sie gelten. Dazu gibt es Plakataktionen und die Polizei macht Sonderkontrollen. "Wir wollen daran erinnern, dass Ampeln eine Sicherheitsfunktion haben", sagt Anemüller.

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