Bayerns Polizei sucht nach Reichsbürgern in eigenen Reihen
Der Tod eines SEK-Beamten durch Schüsse eines Reichsbürgers hat die Polizei aufgewühlt. Nun sucht sie nach Reichsbürgern in ihren eigenen Reihen - was bei über 40.000 Beamten aufwändig ist. Bisher wurden drei Polizisten suspendiert.
München - Drei der bislang festgestellten sechs mutmaßlichen "Reichsbürger" bei der bayerischen Polizei sind nach Angaben des Innenministeriums derzeit vom Dienst suspendiert. "Aufgrund der gravierenden Vorwürfe ist das Vertrauensverhältnis stark beschädigt", sagte ein Sprecher am Montag in München der Deutschen Presse-Agentur.
Bei den drei anderen Fällen sei trotz der laufenden Disziplinarverfahren aber zunächst keine Suspendierung notwendig. Generell sei die Suche nach "Reichsbürgern" unter den rund 40 000 Polizisten nicht einfach. "Der Beamte muss an anderer Stelle aufgefallen sein, etwa bei einer Gemeinde."
Schüsse von Reichsbürger: Trauer um toten Kollegen
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kündigte ein noch konsequenteres Vorgehen gegen "Reichsbürger" an. "Wer im öffentlichen Dienst tätig ist, hat – und zwar zweifelsfrei – auf dem Boden unserer Verfassung zu stehen", sagte er vor der CSU-Vorstandssitzung in München. Die meisten der Beamten, gegen die derzeit ein Disziplinarverfahren laufe, seien schon im Polizeidienst gewesen, als es die Reichsbürgerbewegung noch gar nicht gab, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "In Zukunft werden wir das schon bei der Einstellung abfragen. Eine Mitarbeit bei den "Reichsbürgern" ist mit unserem Verständnis des Berufsbeamtentums in Bayern völlig unvereinbar, egal ob als Polizeibeamter oder in anderen Bereichen."
Polizisten sind genervt von der Debatte
Das Innenministerium und die Polizei würden weiter hart gegen alle "Reichsbürger" durchgreifen, es sei aber keinesfalls so, dass die Polizei "unterwandert" sei, sagte der Ministeriumssprecher. Um die schwarzen Schafe schnell aufzuspüren, seien alle Gemeinden in Bayern angeschrieben und um Hinweise sowie Personalien aufgefallener "Reichsbürger" gebeten worden. Diese würden dann von den zuständigen Disziplinarbehörden ausgewertet. Laut Innenministerium wurden in Bayern bislang sechs mutmaßliche "Reichsbürger" bei der Polizei festgestellt.
Zuvor hatte die "Süddeutschen Zeitung" darüber berichtet. Bundesweit habe eine Umfrage der Zeitung unter den Innenministerien ergeben, dass derzeit 15 Disziplinarverfahren gegen Polizisten mit einem möglichen Bezug zu den "Reichsbürgern" liefen. Vor zwei Wochen war ein Polizist in Mittelfranken bei einer Razzia von einem "Reichsbürger" erschossen worden.
Trotz der gehäuften Zahl von "Reichsbürgern" in den Reihen der bayerischen Polizei sieht auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Peter Schall, darin kein speziell bayerisches Problem. "Das ist in der Tat peinlich, aber das wird es in allen Ländern geben. Denn die Polizei ist ja ein Spiegelbild der Gesellschaft", sagte Schall am Montag in München. Es sei wichtig, dass nach den aktuellen Ereignissen die Polizei sensibler damit umgehe und ein "Selbstreinigungsprozess" eingesetz habe.
"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Staatlichen Institutionen wie Gerichten sprechen sie die Legitimität ab und erkennen amtliche Bescheide nicht an. Generell werde mit mutmaßlichen "Reichsbürgern" in der Polizei genauso verfahren wie bei Polizisten, die sich strafbar gemacht hätten oder Mitglied einer verbotenen Partei oder Organisation seien, sagte Schall. Die Polizisten seien "genervt" von den "Reichsbürgern" in ihren Reihen und "froh, wenn nun gegen das Unwesen vorgegangen wird".
Die aktuellen Ereignisse hätten in jedem Fall dazu geführt, dass besonders sensibel damit umgegangen werde. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Innenministerien und Sicherheitsbehörden der Länder ergab, dass der "Reichsbürger"-Bewegung bundesweit mindestens 1100 Personen zuzuordnen sind. Allerdings fehlten aus 7 der 16 Länder zunächst konkrete Angaben.