Bayern: Der Energyfish revolutioniert die Wasserkraft und schwimmt gegen den Strom der Behörden
Der erste Energyfish entstand daheim in der Garage von Richard Eckl. Der Maschinenbauer und sein Kollege aus der Elektrotechnik, Georg Walder, tüftelten hier nach Feierabend an den kleinen Wasserkraftwerken - ungefähr fünf Jahre ist das nun her.
Zu Wasser ließen sie ihren ersten Energyfish bei Walder daheim im Pool. "Das war auch gut so", sagt der. Denn anfangs sei der Energyfish vorne übergekippt - mittlerweile tut er das nicht mehr.

Mittlerweile schwimmt die Vorserienanlage der in Gröbenzell in einer ehemaligen Schreinerei ansässigen Firma "Energyminer" im Auer Mühlbach. Der Energyfish ist ein kleines schwimmendes Strömungskraftwerk.
Anders als bei herkömmlichen Wasserkraftwerken wird hier nicht mit herabfallender Energie gearbeitet, sondern mit Bewegungsenergie, die durch das fließende Wasser entsteht. Im Inneren des Energyfishs befindet sich ein Turbinensystem, das durch den Fluss angetrieben wird.
2,40 Meter breit und 1,40 Meter hoch
80 Kilogramm wiegt das kleine Wasserkraftwerk. Es ist drei Meter lang, 2,40 Meter breit und 1,40 Meter hoch, wobei nur ein kleiner Teil aus dem Wasser ragt. Viele Flüsse würden sich für die Installation des Energyfishs eignen, sagt Eckl. Einzige Voraussetzungen: Die Fließgeschwindigkeit muss mindestens einen Meter pro Sekunde betragen, das Gewässer mindestens einen Meter tief sein.
Wie schnell einen Meter pro Sekunde ist, veranschaulicht er auch sogleich in den Räumen von Energyminer - indem er vor dem dort ausgestelltem Energyfish hin- und herläuft. Nicht zum ersten Mal stellen sie hier ihren Energyfish vor, das merkt man sofort.

Grund dafür ist wohl auch der langwierige Behördenmarathon, den die Ingenieure hinter sich haben. Denn die Genehmigungen des Mini-Kraftwerks ziehen und ziehen sich. In den Ämtern fehlten teilweise die Prozesse dafür, sagt Eckl. Die Zulassung für den Prototypen im Auer Mühlbach habe ein Jahr gedauert, bei den nächsten Fischen dachten sie, es würde schneller gehen. Doch nun wollen sie "Schwärme" einsetzen, das heißt, mehrere Fische gleichzeitig - und die Genehmigungen ziehen sich wieder. "Ich weiß nicht, ob wir als Gesellschaft, immer die Zeit haben so lang mit neuen Ideen zu brauchen", sagt Eckl.
Der erste Energyfish steht vielleicht außerhalb Bayerns
Insbesondere in Bayern zögen sich die Verfahren hin und es könne gut sein, dass der erste Energyfish-Schwarm nicht im Freistaat schwimmen wird, sondern in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz - unerfreulich für ein bayerisches Start-up.
Ein Punkt, der häufig in der Kritik steht, ist die Gefährdung von Fischen. Eine Studie zeige nun, dass die Überlebensrate der Fische, die den Energyfish-Schwarm passieren bei 99 Prozent liegt, sagt Eckl.
Hohe Umweltschäden durch bestehende Wasserkrafttechnologien
Das stimme so aber nicht, sagt Jürgen Geist. Er leitet an der TU München den Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie. Diese Berechnung stamme aus einer Modellierung, die unter bestimmten Annahmen stattgefunden habe. Um wirklich sagen zu können, wie sich der Energyfish auf Fische auswirkt, müsse man ihn im Freiland unter realen Bedingungen testen. Solange das nicht passiert sei, könne niemand seriös sagen, wie fischverträglich der Energyfish sei.
Grundsätzlich seien jedoch neue Wege der Energiegewinnung bei ihm hoch willkommen, sagt Geist. Bestehende Wasserkrafttechnologien würden sehr hohe Umweltschäden verursachen. Deshalb sei es wichtig, dass ausprobiert und entwickelt und der Frage nachgegangen werde, welche anderen Möglichkeiten es gibt.
Ähnliche Ansätze gab es schon zuvor
Der Energyfish ist nun nicht der erste Ansatz seiner Art. Bewegungsenergie hätten schon andere Erfinder genutzt, sagt Eckl. Jedoch seien diese alle an verschiedenen Faktoren gescheitert, etwa daran, dass sich Gestrüpp in der Turbine verfangen habe oder dass die Kosten zu hoch gewesen seien. Diese Probleme seien nun aus dem Weg geräumt.
Energie rund um die Uhr
Der Vorteil gegenüber Wind- und Solarenergie? Der Energyfish liefere rund um die Uhr Energie, nicht nur dann, wenn die Sonne scheint oder der Wind bläst. Aktuell decke in Bayern Wasserkraft 15 Prozent des Energiebedarfs ab, heißt es von Energyminer. Mit dem Energyfish könnten es 20 Prozent sein. Doch wer kann sich überhaupt einen solchen Energyfish kaufen? Kunden seien Städte, Gemeinden, die Industrie, Energiegesellschaften - aber auch Bürger sollen sich künftig an den Energyfish-Schwärmen beteiligen können.
Für ein Hotel an einem Fluss gebe es auch schon Pläne. Dieses möchte den Strom für seinen Betrieb aus einem eigenen Energyfish beziehen - irgendwann ist das vielleicht möglich.