1,95 Millionen Euro für zwölf Zimmer: Droht der Bauernhof-Ausverkauf in Bayern?

Landwirtschaftliche Flächen im Alpenraum sind gefragt – und teils zu hohen Summen verkauft. Zum Missmut der Landwirte.
Kilian Pfeiffer |
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Berchtesgaden, Oberbayern.
Berchtesgaden, Oberbayern. © IMAGO/Manfred Segerer

Knapp 2,6 Millionen Euro ruft die Immobilienwebseite für das "Unikat in Bestlage" in Bischofswiesen im Berchtesgadener Land auf. Ein Landwirt verkauft sein "charmantes Bauernsacherl mit Bergblick".

Solche und ähnliche Angebote machen derzeit die Runde. Spekulationsobjekte? Dem Geschäftsführer des Kreisverbands Berchtesgadener Land/Traunstein im Bayerischen Bauernverband bereiten diese in jedem Fall zunehmend Sorgen.

Spekulationsobjekte? "Ein großes Thema"

Das Thema, dass ehemalige Bauernhöfe und landwirtschaftliche Flächen zum Verkauf stehen, "ist bei uns ein großes und ein sehr heißes", klagt Martin Huber. Huber ist seit Kurzem Geschäftsführer des Kreisverbands in Traunstein. Er sagt: "Das ist auf keinen Fall das, was wir uns als Landwirte-Vertreter wünschen."

Landwirtschaften, die zum Verkauf angeboten werden, sind in der Regel dauerhaft weg vom Fenster. Spätestens dann, wenn jemand zuschlägt, der das Geld dazu hat. Am Ende könnte die Landwirtschaft Geschichte sein. Aktuell zählt der Kreisverband in den beiden Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein rund 3600 landwirtschaftliche Betriebe.

"In Deutschland gibt es viele Menschen mit viel Geld", sagt Huber. "Einige haben erkannt, in landwirtschaftliche Flächen investieren zu wollen." Immer wieder sind Liegenschaften auf dem Markt. Bei Immobilienanbietern sind sie vermehrt zu finden, oft zu hohen Preisen.

1,95 Millionen Euro für zwölf Zimmer

Es gibt Beispiele im Berchtesgadener Land, die das verdeutlichen. "Liebenswertes Bauernanwesen in Alleinlage" heißt es in einer aktuellen Offerte auf immowelt.de. 1,95 Millionen Euro werden für das 98.000 Quadratmeter große Grundstück aufgerufen. Zwölf Zimmer, die Wohnfläche: 285 Quadratmeter.

"Wir haben festgestellt, dass vor allem im bayerischen Voralpenraum Flächen verkauft werden – und das zu Preisen, die jenseits von landwirtschaftlicher Betriebswirtschaftlichkeit liegen", sagt Geschäftsführer Huber. Auch in Garmisch-Partenkirchen gibt es vermehrt solche Fälle, in Bad Tölz ebenso wie im Rest der an die Alpen angrenzenden Regionen.

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"Gesetz hat seine Grenzen": Bei zu hohen Preisen sind Landwirte raus

Ganz so einfach ist die Veräußerung nicht: Zwar soll das Grundstücksverkehrsgesetz in den Geschäftsverkehr mit landwirtschaftlich genutzten Grundstücken kontrollierend eingreifen. Darin soll unter anderem die Sicherung des Fortbestandes land- und forstwirtschaftlicher Betriebe geregelt sein, indem etwa die Landwirtschaft vor dem Ausverkauf ihres Bodens geschützt wird.

Auch spielt dabei die Sicherung der Ernährungsvorsorge der Bevölkerung eine Rolle. "Geprüft werden muss in jedem Fall, ob ein Landwirt Bereitschaft zeigt, das Objekt kaufen zu wollen", sagt Huber. "Doch das Gesetz hat seine Grenzen."

Denn wenn der Preis am Ende so hoch ist, sodass kein Landwirt das Vorkaufsrecht in Anspruch nimmt oder nehmen kann, dann sind es eben nur finanzstarke Privatleute oder aber Investoren, die zuschlagen. Kapitalanlagen oder Spekulationsobjekt – das lässt sich nicht so einfach beantworten.

Landwirtschaftliche Flächen sind gefragt. Etwa bei der Agri-Photovoltaik-Nutzung. Dabei soll der Grund mehrfach zum Einsatz kommen, sowohl für die Stromerzeugung als auch für die landwirtschaftliche Nutzung. Stromerzeugung mit Agri-PV beansprucht maximal 15 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche.

Verkauft? Das bleibt offen

Mindestens 85 Prozent der Fläche würden "weiterhin der landwirtschaftlichen Nutzung dienen” – und mit GAP-Mitteln (Abkürzung für die EU-Strategie der Gemeinsamen Agrarpolitik) gefördert werden, heißt es beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Für das Voralpenland wünscht sich Huber weiterhin eine klassische Landwirtschaft zur Lebensmittelproduktion, keine Verbauung der Flächen – und wenn, dann sollte diese in Bürgerhand liegen.

Das 2,6-Millionen-Euro-Angebot, das "Unikat in Bestlage" in Bischofswiesen, ist mittlerweile von der Webseite des Immobilienanbieters verschwunden. "Schade. Dieses Angebot ist schon weg", heißt es. Ob es verkauft wurde, ist unklar. Zum Thema äußern will sich der verantwortliche Makler auf Anfrage nicht.

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22 Kommentare
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  • eule75 am 04.05.2024 18:05 Uhr / Bewertung:

    Immobilien kann man nicht essen. Landwirtschaftliche Erzeugnisse schon. Kurzsichtig, reine Gier!

  • Himbeer-Toni am 05.05.2024 08:51 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von eule75

    Mit einer eigenen Immobilie bleibt ihnen langfristig im Mont mehr Geld übrig.
    Da können Sie dann auch etwas teurere landwirtschaftliche Erzeugnisse kaufen.
    Zudem kommt sowieso das meiste aus dem Ausland.

  • eule75 am 05.05.2024 15:17 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Himbeer-Toni

    Und wenn im Falle eines Falles das Ausland nicht mehr liefern kann?Deutschland kann seine eigene Bevölkerung nicht mehr allein ernähren. Außerdem kommen immer mehr und immer mehr,

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