Augsburg hisst nach Randale neutrale Friedensflagge: Diese Entscheidung sorgt für große Enttäuschung

Nach Randalen wird in Augsburg eine neutrale Friedensfahne gehisst. Von der Entscheidung sind Juden und Israelis enttäuscht.
Alexander Spöri
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
3  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Vor wenigen Tagen wehte in Augsburg noch eine Israelflagge. Inzwischen wurde sie mit einer neutralen Friedensflagge ersetzt.
Vor wenigen Tagen wehte in Augsburg noch eine Israelflagge. Inzwischen wurde sie mit einer neutralen Friedensflagge ersetzt. © Foto: privat

Augsburg - Zweimal haben Randalierer die Israelflagge vor dem Rathaus in Augsburg bereits heruntergerissen. Jetzt reagiert die schwarz-grüne Stadtspitze und verzichtet auf die Flagge. Stattdessen haben die Verantwortlichen eine neutrale Friedensflagge aufgezogen. Juden und Israelis zeigen sich damit unzufrieden. Die Rathausspitze gerät zunehmend in die Kritik.

Ein Zeichen der Schwäche und eine "Konfliktvermeidungsstrategie"

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland spricht von einer "Kapitulation" vor "antisemitischen Randalierern". Jede einzelne Israelflagge auf öffentlichen Plätzen sei ein Ausdruck des Gedenkens an die Opfer des 7. Oktobers, sagt Josef Schuster zur AZ. Weiter betont er: "Inwiefern allgemeine Friedensflaggen dasselbe ausdrücken sollen wie eine Israelflagge, erschließt sich mir nicht." Neben Schuster meldet sich auch die Münchner Generalkonsulin Tayla Lador-Fresher zu Wort. Für die Diplomatin sei das "Einknicken" der Stadt ein Zeichen der Schwäche. "Die israelische Flagge ist nicht nur ein Zeichen der Solidarität, sondern sie steht für die westlichen Werte", sagt die ehemalige Botschafterin Israels in Österreich.

Auch der Augsburger Jude Daniel Melcer ist von der Rathausspitze enttäuscht. Der Leiter einer Werbeagentur hatte zwei Israelflaggen auf eigenem Grundstück aufgezogen, zwei Männer rissen sie dann am Jahrestag der Reichspogromnacht herunter. Von der Stadt erwartet Melcer weiterhin eine Solidaritätsbekundung - wie nach Russlands Überfall auf die Ukraine. Damals habe die Stadt mit Bannerflächen Anteilnahme gezeigt. Beim Kriegsausbruch im Nahen Osten hätten sich die Verantwortlichen hingegen für eine einzige Fahne entschieden, die jetzt abgehängt wurde. "Vielleicht ist die Parole 'Kein Platz für Antisemitismus' doch nur ein Satz und keine Haltung", so der Augsburger. Für Melcer ist die Entscheidung der Stadt eine "Konfliktvermeidungsstrategie".

In anderen Städten bleibt die israelische Flagge, sonst wird Antisemitismus normalisiert

Verantwortung für den Entschluss der Stadt trägt Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU). Ihre Entscheidung begründete sie in einer schriftlichen Erklärung und auf dem Internetauftritt der Stadt. Dort spricht sie vom grausamen Terroranschlag der Hamas, der die Politikerin "fassungslos" mache. Inzwischen sorge sich die Politikerin aber auch um das friedliche Zusammenleben in der schwäbischen Metropole. "Ich spüre zurzeit viele Emotionen. Wut, Angst, Trauer, Entsetzen und auch Ratlosigkeit." Dabei könnten geopolitische Konflikte wie im Nahen Osten nicht in Augsburg gelöst werden.

Ähnliche Vorfälle und Diskussionen wie in Augsburg gibt es in zahlreichen Städten und Kommunen in Bayern. Auch in Bamberg sei eine Israelflagge beschädigt worden. Die Rathausvertreter wollen dem Druck jedoch nicht nachgeben: "Die Flagge vor dem Bamberger Rathaus bleibt", hieß es auf AZ-Anfrage. "Wenn wir auf Solidaritätskundgebungen verzichten, dann würden wir uns dem Antisemitismus und Rassismus beugen und ihn normalisieren."

Nürnbergs Bürgermeister betont: "Die Menschen in Israel brauchen unsere Solidarität"

Derselben Ansicht ist auch die Stadt Nürnberg. Dort wurden in den letzten Wochen mehrere israelische Flaggen zerstört. Für Oberbürgermeister Marcus König ist das allerdings kein Grund, um auf Solidaritätsbekundung zu verzichten. "Die Menschen in Israel, die jüdischen Bürgerinnen und Bürger brauchen unsere Solidarität", sagt der CSU-Politiker zur AZ. Eine neutrale Friedensflagge sei zwar ein Symbol, sie könne aber die Flagge Israels nicht ersetzen. Auch in München wurde die Flagge zweimal heruntergerissen. Die Landeshauptstadt hat deshalb eine Israelflagge an der Fassade des Rathauses angebracht.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

"Brachialer Gewalt" auch  außerhalb von Bayern: Für Experten nichts Neues

Derartigen Vandalismus gab es auch außerhalb Bayerns. In Darmstadt sei eine Israelflagge mit "brachialer Gewalt" herabgerissen worden, hieß es in einer Mitteilung des Oberbürgermeisters Hanno Benz (SPD). Genauso wie in Konstanz, Frankfurt und Gronau (Westfalen).

Für Konfliktforscher Stephan Stetter von der Universität der Bundeswehr München ist das nichts Neues. Der Experte beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Nahostkonflikt. Für ihn zeigt die aktuelle Debatte um die Israelflagge "die starke Politisierung und Radikalisierung, die von diesem Konflikt ausgeht". Trotzdem seien Solidaritätsbekundungen wichtig, es sei das größte Massaker gegen Juden seit dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Wirklichen Frieden könne es auf lange Sicht nur durch eine historische Aufarbeitung geben.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
3 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Der Münchner am 14.11.2023 22:55 Uhr / Bewertung:

    Diese Symbole fördren nur das Konfliktpotenzial!
    Da Juden und Palistinenser meist Deutsche sind, reicht die Augsburger die Bayrische, und Deutsche, sowie die Europäische Flagge vollkommen aus!

  • Monaco_Flote am 14.11.2023 20:27 Uhr / Bewertung:

    Gratismut ist nie gut. Gut, da haben sie Israelis Recht, wenn man schon überall Ukraineflaggen oder sonst was aufhängt, muss man auch Israelflaggen aufhängen. Wobei man sich frägt, was das alles jetzt genau mit Deutschland zu tun hat. Flaggen aufhängen, diese Antisemiten müssen raus aus unserem Land.

  • Boettner-Salm am 15.11.2023 10:01 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Monaco_Flote

    Ich brauche weder die eine noch die andere ausländische Flagge an unseren Rathäusern.
    Die bayrische Fahne , die Deutsche und den Sternenbanner der EU. Aus!

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.