Asylbewerber helfen Hochwasseropfern in Simbach

Zersplitterte Möbel am Straßenrand, überall türmen sich Schlammhaufen auf, es stinkt stechend nach Heizöl. Nachdem das Wasser aus den meisten Häusern in Simbach am Inn herausgepumpt ist, stehen die Helfer vor einem Kraftakt: Mitten unter ihnen eine Gruppe von Syrern.
von  dpa
Die beiden Flüchtlinge aus Syrien, Mahmoud (l.) und Naja Al Hassas (m.), helfen am Freitag in Simbach am Inn den Schlamm von den Strassen zu räumen.
Die beiden Flüchtlinge aus Syrien, Mahmoud (l.) und Naja Al Hassas (m.), helfen am Freitag in Simbach am Inn den Schlamm von den Strassen zu räumen. © dpa

Simbach am Inn – Naja Al Hassas steht vor den völlig verschlammten Turnschuhen. Das ehemals weiße Paar ist vom grau-braunen Schlamm verkrustet. Er steigt barfuß hinein, streift die Handschuhe über und greift sich eine Schaufel. 50 Meter von seiner Asylbewerberunterkunft in Simbach am Inn entfernt steht er mitten im Chaos, Müll- und Schlammberge türmen sich auf. Schon am Vortag hat er von 7 Uhr in der Früh bis zur Dunkelheit den betroffenen Anwohnern geholfen. Trotz riesigen Muskelkaters packt der 30-Jährige auch am Freitagmorgen wieder an.

"Der beste Weg zur Integration"

Sein Freund Mouath, der wie insgesamt 25 Syrer unter den Helfern ist, übersetzt: "Wir haben von den Menschen in Simbach so viel Hilfe bekommen, jetzt können wir etwas zurückgeben. Das tut gut." Die Männer wollen Teil der Gemeinschaft werden. Mit jeder Schaufel voll Dreck, die sie aus den verschlammten Häusern bringen, haben sie das Gefühl, diesem Ziel näher zu kommen. "Wir wissen, was es heißt, in einem Krisengebiet zu leben und das eigenes Haus zu verlieren", erklärt Naja Al Hassas.

"Das ist der beste Weg zur Integration. Sie lernen sogar hier ein paar Worte Deutsch", erklärt Jana Kirchner, deren Casino von der Flutwelle am Mittwoch komplett zerstört wurde. Sie ist begeistert von den syrischen Fluthelfern. "Sie sind gut drauf und sorgen mit ihrem ständigen Lächeln für gute Stimmung." Und die ist nötig.

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Zwar ist das Wasser aus der Innenstadt in Simbach am Inn herausgelaufen, aber noch nimmer steht der Schlamm knöcheltief in den Straßen - in den Kellern und im Erdgeschoss der Häuser sogar knietief.

"Wir brauchen jede helfende Hand. Ohne freiwillige Helfer wäre das gar nicht zu schaffen", betont Simbachs Bürgermeister Klaus Schmid (CSU). Über sie sozialen Netzwerke hat sich ein Helferkreis organisiert, am Donnerstag waren bereits bis zu 500 Menschen aus der Umgebung gekommen, um die verzweifelten Bürger in Simbach zu unterstützen. Am Freitag scheint sogar die Sonne und der Bürgermeister rechnet mit noch mehr Helfern: "Die brauchen wir auch noch die nächsten Tage."

 

Aufräumen "bis zur Erschöpfung"

Evi Köhler ist bereits den zweiten Tag in Simbach am Inn. Die Pfadfinderin aus dem Nachbarort Kirchdorf am Inn ist von oben bis unten mit Schlamm verdreckt und trägt eine Schaufel über der Schulter. "Wir haben gerade ein Haus leergeräumt: Möbel raus und dann haben wir bis zur Erschöpfung Schlamm herausgeschippt", sagt die 38-Jährige. Der schwere Dreck zerrt an den Kräften. Mann sieht es ihr an. Trotzdem geht sie zum nächsten Haus und setzt die mühsame Arbeit fort. Schon vor drei Jahren beim Jahrhunderthochwasser hatte sie in Passau tagelang geholfen. "Das ist doch eine Selbstverständlichkeit als Pfadfinder."

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Koordiniert wird die Hilfe beim städtischen Bauhof. "Wir bekommen Anrufe von den Betroffenen und schicken die Helfer, dann mit Kleinbussen zum Einsatzort", erläutert der Leiter des Bauhofes, Albert Neubauer. Er bittet die Helfer, eigene Gummistiefel, Schaufeln und Handschuhe mitzubringen. Getränke und eine kleine Brotzeit bekommen sie dagegen von der Stadt. Nur Sachspenden werden derzeit in Simbach nicht gebraucht. "Die Kleiderkammer ist voll. Wir haben ausreichend Anziehsachen für Kinder und Erwachsene und sogar Hundefutter."

Walter Friedel steht bereits um 7:00 Uhr am Morgen am Bauhof und wartet auf seinen Einsatz. "Ich kann eh nicht zur Arbeit, weil die Straßen gesperrt sind. Da kann ich besser hier mitanpacken", sagt der 42-Jährige. Stiefel und Schaufel hatte er extra noch gekauft. Dann steigt er in den Transporter und die Knochenarbeit beginnt für ihn.

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