Amokläufer: Waffenbehörde überprüfte ihn 2013
Fassungslosigkeit in Mittelfranken, wo am Freitag ein Amokläufer zwei Menschen getötet hat. Auf der Suche nach dem "Warum" steht auch seine Zulassung als Sportschütze im Fokus. Erst 2013 wurde er wohl als waffentauglich eingestuft.
Ansbach/Leutershausen - Der Amokläufer aus Mittelfranken, der am Freitag zwei Menschen erschossen hat, wurde dem bayerischen Innenministerium zufolge zuletzt im Jahr 2013 von den zuständigen Behörden überprüft. "Da war alles in Ordnung", sagte ein Ministeriumssprecher am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.
Der nächste Check wäre turnusgemäß Ende 2016 fällig gewesen - Sportschützen müssen von der Waffenbehörde alle drei Jahre auf ihre Zuverlässigkeit, persönliche Eignung, Sachkunde und das Vorliegen eines "berechtigten Bedürfnisses" überprüft werden.
Lesen Sie hier: Krankenpfleger tötet Rentner: neue Erkenntnisse
Fällt eines dieser Kriterien weg, etwa weil ein Schütze psychisch erkrankt, wird die Waffenbesitzkarte ungültig. Der Ministeriumssprecher räumte jedoch ein, dass es schwer sei, vor einer Aufmerksamkeit erregenden Tat von einer solchen Störung zu erfahren - zumal die Betroffenen für die Überprüfung nicht persönlich beim Amt vorsprechen müssen.
Deshalb sei man auf die Mitarbeit der Schützenvereine angewiesen, erläuterte der Sprecher. Sie seien angehalten, Auffälligkeiten zu melden. Zumindest in seiner Heimatstadt aber war der 47-Jährige nach Angaben der örtlichen Vereine nicht aktiv. "Der ist in ganz Ansbach nicht bekannt", sagte Norbert Rzychon vom SV Germania 1882 der Deutschen Presse-Agentur. Gleich nach der Tat hätten sich die Vereine aus Ansbach sowie den Ortsteilen zusammengeschaltet - doch niemand habe je von dem 47-Jährigen gehört.
Dies sei aber wenig verwunderlich, weil dort mit dessen Waffenarten nicht geschossen werde, erklärte der Ministeriumssprecher. Der Mann könne deshalb auch einem anderen, überregionalen Verein angehören. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ließ sich am Wochenende nicht klären. Die Vereine melden in der Regel, wenn ein Schütze bei ihnen aufhört zu schießen, weil dann das "berechtigte Bedürfnis" als Grundlage für die Waffenbesitzkarte wegfällt.
Der mutmaßliche Amokläufer hatte nach Darstellung der Ermittler "willkürlich, aber gezielt" aus einem Auto heraus auf seine Opfer geschossen und zwei Menschen tödlich verletzt. Ein Traktorfahrer hingegen kam mit dem Schrecken und ein paar Kratzern davon, als ihn ein Schuss verfehlte. Die Horrorfahrt endete erst im 30 Kilometer entfernten Bad Windsheim, als drei beherzte Tankstellen-Mitarbeiter den 47-Jährigen entwaffneten und überwältigten.
Da der Mann bereits auf der Fahrt im Polizeiwagen wirres Zeug redete, zogen die Beamten sofort einen Psychiater hinzu. Der Sachverständige äußerte nach einer vorläufigen Begutachtung den Verdacht, dass eine "akute Psychose mit einem bizarren Wahnsystem" vorliege, wie die Staatsanwaltschaft Ansbach am Samstag mitteilte. "Nach derzeitigem Erkenntnisstand sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Schuldfähigkeit des Beschuldigten zur Tatzeit zumindest erheblich vermindert war." Das endgültige Gutachten ist wegen weiteren Untersuchungen erst in zwei bis drei Monaten zu erwarten.
Der Ermittlungsrichter erließ unterdessen einen Unterbringungsbefehl wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes in zwei Fällen, des versuchten Mordes in zwei Fällen sowie der Bedrohung und der Nötigung. Der 47-Jährige wurde in eine Fachklinik gebracht. Er hatte beim Ermittlungsrichter angegeben, Gesundheits- und Krankenpfleger zu sein und vor wenigen Monaten seine Stelle verloren zu haben. Zu dem Amoklauf und seinem Motiv äußerte er sich hingegen nicht. Am Montagnachmittag will die Staatsanwaltschaft neue Erkenntnisse der 25-köpfigen Ermittlungsgruppe bekanntgeben.
Unterschied Waffenbesitzkarte - Waffenschein
Wer einen Waffenschein besitzt, darf eine geladene Schusswaffe in der Öffentlichkeit am Körper tragen. Dieses Dokument ist einem kleinen Kreis von Personen vorbehalten.
Die Waffenbesitzkarte erlaubt zwar den Erwerb und den Besitz, nicht aber das Führen von Waffen. Ständig bei sich tragen darf man die Waffe also nicht, die Karte berechtigt aber zur geregelten Nutzung - bei Sportschützen etwa im Schützenheim. Beim Transport muss die Waffe in einem Koffer verschlossen sein und die Munition getrennt aufbewahrt werden.
Wer eine Waffenbesitzkarte bekommen will, muss mindestens 18 Jahre alt sein; für großkalibrige Waffen gilt ein Mindestalter von 21 Jahren. Die jeweilige Kreisverwaltung prüft Bewerber auf ihre Zuverlässigkeit. Wer straffällig wurde oder als Mitglied einer Rockergruppe polizeibekannt ist, bekommt keine. Geprüft wird auch die persönliche Eignung, bei einer psychischen Erkrankung etwa gilt diese als nicht gegeben. Darüber hinaus muss die Sachkunde nachgewiesen werden, also das Wissen um einen sicheren Umgang mit der Waffe.
Zudem müssen Träger einer Waffenbesitzkarte ein berechtigtes Bedürfnis nachweisen: zum Beispiel als Sportschütze, als Jäger oder als Waffensammler. Auch wer ein altes Jagdgewehr erbt und behalten will, ohne es zu benutzen, braucht eine Waffenbesitzkarte. Alle drei Jahre werden die Halter überprüft. Fällt eines der Kriterien weg, wird die Waffenbesitzkarte ungültig. Sportvereine etwa melden der Behörde in der Regel, wenn ein Schütze nicht mehr bei ihnen schießt und sein Bedürfnis somit nicht mehr gegeben ist.
- Themen:
- Mord