Allgäuer Tierskandal: Behörden wussten seit Jahren Bescheid

Neue Details zu den Skandal-Ställen legen nahe, dass kranke Tiere dort qualvoll verendeten – und etliche Verstöße aktenkundig waren.
Carolin Gißibl |
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Bad Grönenbach - Verletzungen, Hauterkrankungen, Kot- und Urinansammlungen am Futtertisch – über die Zustände in den Ställen eines der größten Milchviehbetriebe in Bayern kommen immer wieder weitere schreckliche Details ans Licht.

Und die Behörden müssen sich Fragen gefallen lassen – sie haben seit Jahren von den Verstößen gegen Vorschriften gewusst.

Kontrollierter Betrieb: Mehr als 30 festgestellte Verstöße

Wie aus einer Antwort des Ministeriums für Verbraucherschutz auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervorgeht, wurden in den vergangenen fünf Jahren auf den Höfen des Großbetriebs aus Bad Grönenbach mehr als 30 Verstöße festgestellt – 14 davon betrafen das Tierschutzrecht. Er könne nicht nachvollziehen, warum nicht mit aller Härte früher eingeschritten worden sei, sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD, Florian von Brunn.

Die Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die Ställe in Bayern mit rund 2.700 Rindern. Das Unternehmen hat zwei weitere Betriebsstätten in Baden-Württemberg.

Die Kühe litten unter Verletzungen, Haut- und Eutererkrankungen, wie aus den Unterlagen hervorgeht. Zudem stand nicht jedem Tier ein Liegeplatz zur Verfügung, und in manchen Ställen gab es zu wenige Fressplätze. In einer der Betriebsstätten gab es zudem "große Kot- und Urinansammlungen im Standbereich beim Futtertisch". Lahmen Tieren wurde kein Futter oder Wasser in erreichbare Nähe gelegt. "Ich frage mich, ob man sie aus Kostengründen einfach sterben lassen wollte", so von Brunn.

Ein Viertel der 86 Kontrollen war angekündigt

Gegen den Großbetrieb wurden mehrere Strafanzeigen erstattet – die Staatsanwaltschaft ermittelt. Zur Aufklärung der Vorwürfe gründete die Polizei eine Sonderkommission. Zudem wird seit Anfang August gegen zwei weitere Großbauern mit Hauptstandort im Unterallgäu ermittelt.

In den vergangenen fünf Jahren wurde der Großbetrieb den Angaben zufolge 34 Mal tierschutzrechtlich kontrolliert. Hinzu kommen Kontrollen im Lebensmittelrecht.

Von den insgesamt 86 Kontrollen wurde etwa ein Viertel durch die Behörden vorab angekündigt. Nach der Europäischen Kontrollverordnung sind amtliche Prüfungen im Veterinär- und Lebensmittelbereich unangekündigt durchzuführen. Zunächst war unklar, warum die Kontrollen vorher bekannt gegeben wurden.

Vier Veterinäre für 1.600 Betriebe

Das Landratsamt Unterallgäu klagt seit längerem über Personalmangel und Überlastung. Dort sind vier Veterinäre und zwei Assistenten für die Kontrolle von 140.000 Rindern in etwa 1.600 Betrieben zuständig.

Bei den Kontrollen des Allgäuer Milchviehbetriebs stellten die Behörden neben den Verstößen gegen den Tierschutz auch solche gegen das Tierseuchen- und Arzneimittelrecht fest. Ob strafrechtlich relevante Verstöße vorliegen, war zunächst unklar.

Das Ministerium verwies auf laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Lesen Sie hier: Ostallgäu - Kühe an der Kette, aber "kein Handlungsbedarf"

Lesen Sie hier: Allgäuer Tierskandal weitet sich immer mehr aus

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