Aiwanger in der AZ über tödlichen Bärenangriff: Lieber Pfefferspray als Hinlegen
AZ: Herr Aiwanger, ist der Vorfall im Trentino nur ein tragischer Einzelfall oder steckt mehr dahinter?
HUBERT AIWANGER: Je mehr sich die Bären ausbreiten und damit auch mit Menschen in Kontakt kommen, umso mehr werden solche Fälle zunehmen. Es heißt ja, dass dort rund 100 Bären sind und man ursprünglich nur 50 haben wollte. Da die Bären keine natürlichen Feinde haben, wird der Bestand weiter stark wachsen. In dem Fall verbreiten sie sich weiter und kommen auch in besiedelte Regionen, wo sie bislang nicht waren. Es sind einfach Großraubtiere, die auch Rinder und Pferde reißen – in den Regionen, in denen Bären sind, muss man mit Übergriffen rechnen.
"Man muss sich besser auf geeignete Lebensräume konzentrieren"
War es denn aus Ihrer Sicht richtig, die Bären überhaupt wieder in den Alpen anzusiedeln?
Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, aber man muss sich besser auf die geeigneten Lebensräume konzentrieren und sich mit dem Risiko auseinandersetzen. Und man muss den Bestand deutlich restriktiver reduzieren und sich nicht ungehindert vermehren lassen. Wir sehen dieselbe Problematik beim Wolf: Am Dienstag war ich auf einem Termin in Niedersachsen. Vor zehn Jahren gab es dort die ersten Wölfe, jetzt sind es 450. Sie vermehren sich eben sehr schnell und haben einen großen Bedarf an Futter, weshalb sie inzwischen auch in die Nähe der Menschen kommen, weil das Wild nicht mehr reicht. So ist es auch beim Bären: Wenn der nicht mehr genügend Futter findet, wird er in Siedlungen gehen. Es ist ja auch keine Perspektive für die Tiere, wenn sie mit immer mehr Artgenossen um den Lebensraum kämpfen, und dann auf besiedelte Gebiete ausweichen müssen. Der totale Schutz ist für diese Tierarten selbst insofern gar nicht gut. Sie müssen gemanagt und bejagt, nicht nur vermehrt werden.
Aiwanger über Bären-Gefahr: "Nicht in Panik verfallen"
In Tirol wurden Bären nachgewiesen, gar nicht weit von der Grenze zu Bayern. Was raten Sie den Menschen im Mangfallgebirge?
Auf alle Fälle nicht in allgemeine Panik zu verfallen! Aber es ist jetzt wichtig, die Tiere genau zu beobachten und zu analysieren. Ganz besonders, ob die Tiere scheu sind oder sich menschlichen Siedlungen nähern. Sollte das der Fall sein, muss der Bär entfernt werden. Das muss nicht unbedingt der Abschuss sein, sondern kann auch eine Umsiedlung bedeuten. Man darf so etwas nicht von Haus aus ausschließen.
"Ich würde mich nicht auf den Bauch legen"
Das Landesamt für Umwelt rät, dass man sich auf den Bauch legen und die Hände in den Nacken nehmen soll, wenn ein Bär angreift. Glauben Sie, das ist realistisch?
Ich würde mich nicht auf den Bauch legen, wenn der Bär kommt. Als Jäger könnte ich zur Selbstverteidigung die Waffe einsetzen, das ist das einzig Wirksame. Wenn ich keine Schusswaffe hätte, würde ich noch lieber ein Pfefferspray einsetzen, als mich vor dem Bären auf den Bauch zu legen. Das ist immer noch besser wie nix, sofern man noch dazu kommt.
Um diesen Fall geht es: Jogger in Italien von Bärin getötet
Die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen "Problembären" Bruno hat vor einer Woche den Jogger in der norditalienischen Provinz Trentino getötet. Nach einem DNA-Abgleich stehe nun fest, dass das bereits öfter auffällige Bärenweibchen JJ4 den 26-jährigen Trentiner bei einer Jogging-Tour in den Wäldern der Gegend attackiert und getötet habe, teilte am Mittwoch die Staatsanwaltschaft von Trient mit.
Bruno, auch bekannt unter dem Code JJ1, war in Bayern als sogenannter Problembär bekannt: Er riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und Kaninchenställe. Seine Bezeichnung als "Problembär durch den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wurde vor 17 Jahren zum geflügelten Wort.
Das 17-jährige Bärenweibchen JJ4 ist im Trentino nicht unbekannt. Es hat laut Staatsanwaltschaft unter anderem bereits im Sommer 2020 zwei Menschen, einen Vater und seinen Sohn, auf dem Monte Peller angegriffen. Bereits damals sollte sie eigentlich getötet werden, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Ein Verwaltungsgericht hob die Entscheidung jedoch auf.
Der Jogger war nach einer Tour in der Gemeinde Caldes in einem bei Wanderern und Touristen beliebten Tal (Val di Sole) nicht nach Hause gekommen. Wenige Stunden später wurde er an einem Forstweg tot gefunden. Tiefe Kratzer auf dem Körper und im Gesicht, Bisswunden sowie eine tiefe Wunde am Bauch legten früh den Verdacht nahe, dass es sich um die Attacke eines Bären handeln könnte. Eine Autopsie bestätigte den Verdacht.
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