2.000 Audis auf Militär-Gelände gelagert - illegal
Die knapp 2.000 Autos sind nicht zugelassen und stehen auf einem ehemaligen Militärgelände – illegal. Das sind die Hintergründe.
Kreuzlinger Forst - Wer als Audi-Kunde derzeit vielleicht sehnsüchtig auf seinen bestellten Neuwagen wartet, findet ihn womöglich im Kreuzlinger Forst. Hier, in dem großen Waldgebiet zwischen Krailling und Germering, stehen Hunderte Mittelklassewagen in Reih und Glied, in verschiedenen Farben, die Dächer vor Schmutz geschützt mit einer weißen Abdeckung.
Die Fläche gehört zum Gelände des Tanklagers, das ehemals im Besitz der insolvent gegangenen Viktoriagruppe AG war. Damals lagerten dort unter anderem Spritreserven des tschechischen Staates. Jetzt nutzt offenbar der Ingolstädter Autohersteller einen kleinen Teil des 240 Hektar großen Geländes.
Fläche ist für solche Zwischennutzung nicht zugelassen
"Die Wagen sind alle von Audi produziert und schon an Autohändler verkauft. Aber sie können nicht ausgeliefert werden", sagt Bernhard Breitsameter, Forstdirektor und Mitarbeiter der G1 Real Estate, der das Gelände gehört. Das Tanklager sei nur eine von mehreren Flächen in ganz Deutschland, auf denen Autokonzerne derzeit ihre Neuwagen zwischenlagern.
Der Grund: die Einführung des neuen Abgas-Prüfverfahrens, das seit 1. September gilt. "Jeder Wagen muss diesen Prüfstand machen. Das ist das Nadelöhr, sozusagen", sagt Breitsameter. Weil sich die Auslieferung dadurch verzögert, müssen die Autos gelagert werden. Die Audis stehen schon seit Juli im Kreuzlinger Forst – 1.800 Stück waren es anfangs. "Aber sie werden von Tag zu Tag weniger", so Breitsameter.
Allerdings ist die Fläche für eine solche Zwischennutzung gar nicht zugelassen. "Der Flächennutzungsplan weist explizit eine Nutzung aus, die ausschließlich dem Zweck des Tanklagerbetriebes dient", teilt ein Sprecher des zuständigen Landratsamts in Starnberg auf AZ-Anfrage mit. Das Landratsamt habe das Gelände bereits besichtigt. Der nächste Schritt sei eine Anordnung zur Beseitigung der Fahrzeuge.
"Dann müssen die jetzt eben wieder weg"
"Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass das eigentlich hinrissig ist", sagt Breitsameter. Denn: Würde es sich nicht um zwischengelagerte Autos, sondern um Tanklastwagen handeln, dürften diese dort stehen. Auch Autos von Mitarbeitern des Tanklagers dürften in unbegrenzter Zahl auf dem Gelände parken. "Aber wenn das Landratsamt sagt, da dürfen keine Audis stehen, dann müssen die jetzt eben wieder weg." Niemand wolle Ärger mit Gemeinde und Landratsamt, beteuert Breitsameter. "Was mir ganz wichtig ist zu sagen: Nicht wir sind hier auf irgendwen zugegangen. Audi ist auf uns zugekommen. Die wissen halt, dass auf ehemaligen Militärflächen Platz ist und große Flächen sind, auf denen man die Autos unterbringen könnte."
Eine dieser Flächen ist das Tanklager-Gelände. Es war 1938 vom Hitler-Regime angelegt worden, getarnt als Schokoladenfabrik. Von hier aus wurde der Krieg vorbereitet, die Stahltanks tief ins Erdreich gegraben. Das Lager mit einem Fassungsvolumen von 120 Millionen Liter in insgesamt 29 Tanks ist heute eines der größten innerhalb Europas.
Und zugleich eine Art weiße Fläche auf der Landkarte – "auch für die Behörden", sagt Breitsameter. "Es ist ja Militärgelände, das dann privatisiert worden ist." Früher durfte es nicht betreten werden, deshalb gibt es davon keine Karten. Diese Aufgabe hat jetzt Breitsameter übernommen, er kartiert das gesamte Gelände, das er zudem als Forstdirektor betreut.
Zur Zeit wird das Tanklager modernisiert und digitalisiert. "Der jetzige Stand ist ja noch von 1979", sagt Breitsameter. In etwa einem halben Jahr soll dann wieder Kraftstoff in jeglicher Form eingelagert werden, beispielsweise für Tankstellen oder Heizöllieferanten.
Nicht das erste Mal Wirbel um Tanklager
In die Schlagzeilen geraten ist das Tanklager zuletzt wegen des Wirbels um verschwundene Dieselreserven des tschechischen Staates, die seit 2010 dort eingelagert waren. Es ging um einen möglichen Millionenbetrug. Insgesamt 80 Millionen Liter Diesel sollen damals nach Bayern transportiert worden sein. Bei einer Kontrolle 2014 hatte Tschechien dann festgestellt, dass die vorhandene Dieselmenge nicht mit den Unterlagen übereinstimmt.
2017 holte Tschechien die verbliebenen Reserven wieder zurück, nachdem 2016 das Tanklager der mittlerweile insolventen Viktoriagruppe verkauft worden war. Der Insolvenzverwalter äußerte damals Zweifel daran, dass der Kraftstoff tschechisches Eigentum ist. Zudem kam es zu Unstimmigkeiten wegen der Einlagerungskosten.
- Themen:
- Audi