110: Die krassesten Notrufe bei der Polizei

Wer in der Einsatzzentrale arbeitet, ist nicht nur Polizist sondern Seelsorger, Telefonvermittler und Zeitansager. Hier erzählen Polizisten aus der Oberpfalz, was sie bei der 110 erlebt haben.
„Polizei Oberpfalz - Grüß Gott!“, so melden sich in der Regel die Beamten, die in der Einsatzzentrale (EZ) des Polizeipräsidiums Oberpfalz die Notrufe aus der gesamten Oberpfalz und darüber hinaus entgegennehmen. In Spitzenzeiten können das an einem Tag bis zu 700 Anrufe sein.
Nun verbirgt sich hinter diesen Notrufen nicht immer das, was der gesunde Menschenverstand erwartet. Da gibt es Mitbürger, die den bekanntermaßen kostenlosen Notruf dazu nutzen, um die Uhrzeit zu erfragen, Taxis zu bestellen oder um nach dem suffbedingten Rauswurf aus einer Diskothek wieder „polizeilichen“ Zugang zu bekommen. Es sind auch kuriose Anfragen dabei, so nach der Gebrauchsanweisung zu einem Mikrowellenherd.
Die Polizei weist außerdem darauf hin, dass der Notruf keine Telefonvermittlung ist. Deshalb möchte sie den Bürgern zeigen, was passiert, wenn ein relevanter Anruf an einem der sechs Einsatztische landet, von denen rund um die Uhr drei Stück besetzt sind: Wählt der Anrufer die 110, so werden die Details des Gesprächs von einem Beamten so präzise wie möglich entgegengenommen, sekundengenau dokumentiert und aufgezeichnet. Nach dem Anlegen des Einsatzes im Leitsystem erfolgt die sofortige Übergabe an den abgesetzt agierenden Funkdisponenten. Der koordiniert die benötigten Fahrzeuge und beordert diese an die relevanten Örtlichkeiten. Er verständigt Abschlepp- und Rettungsdienste, Behörden, Rundfunkstationen oder Angehörige, manchmal auch Seelsorger und Kriseninterventionsteams.
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Ein Satz fällt im Gespräch mit den Beamtinnen und Beamten sehr oft, nämlich der, dass jeder Anruf zu Notfällen willkommen ist - er kann ein wichtiger, ergänzender Baustein zu bereits bekannten Fakten sein und im Ernstfall Leben retten. Manchmal landen in der EZ auch Anrufe einsamer Menschen, die in ihrer Not die 110 wählen, einfach um einen Gesprächspartner zu haben. Das wissen die Beamten am anderen Ende der Leitung und hören denen einfach zu, sofern es die Zeit erlaubt. Das laute Piepen eines anstehenden Notrufes setzt solchen Gesprächen dann ein Ende.
Obwohl eigentlich fernab vom Einsatzgeschehen können die Beamten der EZ doch unversehens unmittelbare Tatzeugen sein. So als ein Beamter trotz aller Bemühungen mit anhören musste, wie sich sein Gegenüber mit dem Schuss aus einer Pistole das Leben nahm. Das prägt und wirkt nach – manchmal eine verdammt lange Zeit. Es gibt aber auch Erfolgsmeldungen, welche die Notrufbeamten bekräftigen und motivieren: Etwa, wenn sie Menschen zurück ins Leben holen, die sich gerade umbringen wollen.
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Einen solch außergewöhnlichen Fall hatte jüngst eine Beamtin in der Einsatzzentrale zu meistern. Ein 17-Jähriger stand auf einer Brücke und drohte sich in die Tiefe zu stürzen. Die Beamtin hielt den jungen Mann mehr als 20 Minuten am Notruf, hörte sich dessen Lebensgeschichte an und konnte ihn schließlich überreden von der Brücke zu steigen, wo er von den bereits anwesenden Polizeibeamten in Obhut genommen werden konnte.
Der Notruf ist für jeden da, der sich subjektiv in einer Notsituation fühlt oder befindet. Er ist aber kein Instrumentarium das Raum gibt für Späße und Scherze. Die missbräuchliche Nutzung ist ein Straftatbestand, der mit Geldstrafe oder einer Haftstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden kann.