Wie Sky illegale Internet-Livestreams jagt

Wo können Fußball-Fans kostenlos Bundesliga oder Champions League schauen? Im Internet gibt es einige dubiose Seiten – das schadet TV-Sendern und der DFL. Jetzt gehen sie gegen digitale Piraterie vor.
David Fischer |
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Wer illegal ins Netz streamt, handelt gegen das Gesetz. Der Pay-TV-Sender Sky sieht dadurch auch sein Geschäft in Gefahr.
dpa Wer illegal ins Netz streamt, handelt gegen das Gesetz. Der Pay-TV-Sender Sky sieht dadurch auch sein Geschäft in Gefahr.

München - "FC Bayern München - Borussia Mönchengladbach Live Stream kostenlos": Mit Schlagworten wie diesen ziehen illegale Livestreams jedes Wochenende viele Internetnutzer auf ihre Seiten. Die Sender sehen einen erheblichen finanziellen Schaden. Unbekannt ist die Zahl der Nutzer sowie die der illegalen Sender. Zur Verfolgung der Piratensender werden nun auch professionelle Jäger eingesetzt.

Die TV-Rechte

König Fußball ist in Deutschland ein lukratives Geschäft. 673 Millionen Euro kassieren die Proficlubs in der Fußball-Bundesliga dieses Jahr für die TV-Erlöse. Mehr Geld erwarten sie 2017 durch den neuen Fernseh-Deal, der ihnen 1,16 Milliarden Euro einbringt.

Zwischen 25 und 50 Euro müssen Kunden des Pay-TV-Senders Sky für ein monatliches Abonnement hinlegen. Bei den Inhalten illegaler Livestreams geht es vor allem um eins: Fußball, Fußball, Fußball.

Die illegalen Streams

Das Geschäftsmodell beruht auf einem Kreislauf, der im Wesentlichen über drei Stellen läuft: Kanal-Anbieter, Aggregatoren und Werbetreibende.

Die Kanal-Anbieter stellen die technischen Voraussetzungen zur Verfügung, damit ein Fernsehsignal als Livestream ins Internet übertragen werden kann. Um den Stream auf einer Webseite einzubinden, wird ein Code benötigt, dessen "Signal" von einem Flash Player als Bewegtbild übersetzt wird.

Im nächsten Schritt sind Aggregatoren dafür zuständig, die Embed-Codes in Form von Links auf Webseiten aufzubereiten, die mit Sportübertragungen werben. Klickt ein Nutzer auf einen Link, wird er zur Livestream-Seite geleitet.

Jetzt kommt die Werbung ins Spiel: Ein Werbenetzwerk bereitet einzelne Anzeigen so auf, dass sie visuell über dem Livestream liegen. Klickt ein Zuschauer auf eine Anzeige, wird er auf die Seite des Unternehmens geschickt.

Das Werbenetzwerk hat seinen Zweck erfüllt und wird für das Anlocken des Kunden von den Werbetreibenden bezahlt. Das Werbenetzwerk wiederum honoriert die Anbieter oder Aggregatoren für das Bereitstellen ihrer technischen Dienste.

Die Schadsoftware

Mit Pop-Ups auf Livestream-Seiten wollen Hintermänner nicht nur Geschäfte machen. Oft führen sie auf dubiose Seiten, die zur Installation von Programmen mit versteckter Schadsoftware auffordern.

Eine Studie der Katholischen Universität Löwen in Belgien belegt anhand der Analyse von 23 000 Livestream-Seiten, dass jede zweite Seite Malware enthielt. Installiert man versehentlich eine gefälschte Flash-Player-Aktualisierung, können sich getarnte Trojaner auf dem System einnisten.

Die Strafverfolgung

Gegen die Betreiber vorzugehen ist schwierig, vor allem wenn sich die Server außerhalb der EU befinden. Über 60 Prozent der Streams hatten bei dem Test ihren Standort in Belize, der Schweiz, Kanada, den Niederlanden und Schweden.

Einen juristischen Erfolg gab es 2013 in Großbritannien: Die Premier League gewann einen Rechtsstreit gegen die Webseite "FirstRow1.eu", die unerlaubterweise Fußballspiele übertrug. Per Gerichtsbeschluss wurde die Seite gesperrt. Allein durch sie sei ein jährlicher Schaden von zehn Millionen Pfund entstanden, berichtete die BBC.

Der Schaden

Der finanzielle Schaden, den illegale Fußballstreams durch den Wegfall potenzieller Pay-TV-Kunden insgesamt anrichten, ist kaum schätzbar. Auch die Deutsche Fußballliga (DFL) kann ihn nicht beziffern, sieht aber die Geschäftsmodelle und die "qualitativ hochwertige TV-Berichterstattung" der Bundesliga bedroht.

Um den Schaden einzudämmen, hat Sky eigene Piratenjäger eingesetzt. Diese spüren illegale Übertragungen auf, indem sie während eines Spieltags sich wie Nutzer verhalten und nach Streams googeln, sagt Sky-Sprecher Stefan Bortenschlager. Ziel sei, jedes Sky-Signal zu identifizieren und zurückzuverfolgen, um herausfinden, wer das Sendesignal weiterverbreitet hat. Auch die DFL überwacht während des Spieltags illegale Livestreams und ergreift rechtliche Schritte.

Das illegale Abo

Die Hintermänner des Stream-Netzwerks setzen daneben auf eine zweite Geschäftspraktik. Sie schalten die Spiele auf einem Portal, das Zuschauer gegen eine monatliche Gebühr nutzen können. Damit kopieren sie nicht nur die Inhalte der Bezahlsender, sondern auch deren Geschäftsmodell.

Erst im März nahm die Bundespolizei den Betreiber der Plattform "istreams.to" fest. Er wird verdächtigt, für die Nutzung illegaler Sportprogramme eine monatliche Gebühr verlangt zu haben.

Die Abräumer

Inzwischen haben sich externe Dienstleister spezialisiert, Webseiten nach Verstößen gegen TV-Rechte zu durchsuchen, per Hand oder mit digitalen Fangnetzen. Das Sportvermarktungsnetzwerk Athletia hat ein Online-Tool entwickelt, mit dem sich illegale Inhalte auf vielen Social-Media-Kanälen aufspüren lassen.

Um einen unerlaubten Inhalt aufzuspüren, filtert das Programm nach Metadaten, mit denen sich ein Spiel eingrenzen lässt: Wettbewerb, Clubname, Begegnung, Endergebnis, Torschütze. "Wir löschen ein Video nicht sofort, sondern schauen es uns erst an, ob ein Rechteverstoß vorliegt", sagt der Geschäftsführer von Athletia, Lukas Klumpe. "Dadurch, dass wir jedes Video anschauen und bewerten, können wir inhaltlich sehr gut zwischen Fan-Content und Piraterie-Content unterscheiden."

Für YouTube entwickelte Google eine Art digitalen Fingerabdruck, um Nutzer-Uploads mit geschützten Inhalten abzugleichen – das "Content-ID"-System, bei dem Rechteinhaber benachrichtigt werden, sobald ihre Inhalte auf YouTube auftauchen. Die Rechtewächter von Athletia kommen auch Material auf die Spur, das verfremdet wurde, etwa eingefärbte Videos, sagt Britta Sölter von Athletia. Es sei ein Katz-und-Maus-Spiel: "Wir sehen, dass Nutzer auf Facebook abwandern, auf denen die Möglichkeiten zur Kontrolle nicht so gut sind."

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