"Wer bin ich?"- So ist der "Tatort" am Sonntag
München - Dieser Film ist kein "Tatort" - und doch ist er mehr "Tatort" als jeder andere Film der Reihe. Verwirrend? Gewöhnen Sie sich schon mal dran. Der Hessische Rundfunk präsentiert mit "Wer bin ich?" ein satirisches Fernsehspiel, mehr Komödie als Krimi, aber fernab von jedem albernen Ulk made in Münster. Klar ist aber auch: Das wird nicht jedem Zuschauer gefallen, vermutlich sogar den wenigsten. Hauptdarsteller Ulrich Tukur prognostizierte im Vorfeld gar einen Shitstorm. Von dem digitalen Unwetter der Dauernörgler sollte man sich den Spaß aber nicht vermiesen lassen.
Darum geht's
Alles beginnt völlig normal: Felix Murot (Ulrich Tukur) wacht scheinbar verkatert auf und fährt mit seiner Kollegin Magda Wächter (Barbara Philipp) zu einem Tatort in einem Parkhaus. Es gibt zwei Leichen, ein hoher Geldbetrag fehlt. Murot sieht sich die Toten an - "und Schlussklappe!" Nach einem Kameraschwenk taucht im Hintergrund ein Filmteam auf. Und Ulrich Tukur holt sich als er selbst erst mal einen Kaffee.
Ein Film im Film, Tukur spielt Tukur, den "Tatort"-Darsteller, der plötzlich ins Visier der Polizei gerät. Ein Mitarbeiter von der Aufnahmeleitung wird nach einem Unfall tot in seinem Auto gefunden. Und scheinbar war Tukur der Letzte, der ihn lebend gesehen hat, möglicherweise saß er sogar mit ihm im Fahrzeug - doch der Schauspieler kann sich an nichts mehr erinnern. Zu allem Übel fehlt auch noch Geld, das der Mitarbeiter zuvor im Casino gewonnen hatte.
Hä???
Zugegeben: Die eigentliche Krimi-Geschichte um Tukur und seine Beteiligung am Unfalltod des Kollegen ist ziemlich mau. Zwischendurch gibt es auch noch eine Erpressung, die aber eher lieblos aufgeklärt wird. Wer einen richtigen Krimi sehen möchte, ist hier eh völlig verkehrt. "Wer bin ich?" ist ein interessantes Gedankenexperiment: Was, wenn sich die Figur vom Schauspieler loslöst und die beiden parallel existieren? Wobei die Figur, also Murot, ja immer nur existiert, wenn die Kamera an ist.
Noch unterhaltsamer als diese Spinnerei ist, wie sich der "Tatort" und seine Protagonisten selbst durch den Kakao ziehen. Tukurs Kollegin Barbara Philipp gibt die verbitterte Schauspielerin, die mit ihrer Co-Rolle unzufrieden ist und vergeblich auf die ganz großen Angebote wartet. Im selben Hotel wie die beiden Wiesbaden-Ermittler hat sich auch das Frankfurter "Tatort"-Team niedergelassen. Darsteller Wolfram Koch spielt sich selbst - ein Waffennarr und Egozentriker, der sich Champagner aufs Zimmer bringen lässt und ausgiebigen Gebrauch vom Porno-Kanal macht. Seine flachen Witze bringen vor allem Kollegin Margarita Broich auf die Palme, die Koch abservieren lassen möchte.
Martin Wuttke hat nach seinem Ende als Leipziger "Tatort"-Kommissar mit enormen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Regisseur Konrad (Justus von Dohnányi) erfreut sich vor allem an der "Bayerischen Woche" in der Sender-Kantine und Redakteur Jens Hochstätt (Michael Rothschopf) versucht den ganzen Laden irgendwie zusammenzuhalten. Und für den Fall, dass sein Darsteller doch ins Gefängnis wandert, hätte er schon ein paar Ideen für Tukurs Nachfolge: Matthias Schweighöfer oder Heino Ferch wären doch ganz nett.
Fazit:
Wie ist das eigentlich, wenn man einen Kommissar spielt oder spielt, ihn nur zu spielen, während man eigentlich Ulrich Tukur ist, wobei man den allerdings hier auch nur spielt? "Wer bin ich?" taugt fast nichts als Krimi, dafür aber umso mehr als Krimi-Satire.