Update

Überraschendes Aus von Brigitte Büscher bei "Hart aber fair": Jetzt äußert sich der Sender

23 Jahre übermittelte Brigitte Büscher bei "Hart aber fair" die Meinung der Zuschauenden und brachte die Menschen auf der Straße ins Studio: Bei ihrem letzten Auftritt in der Talkshow, einer Bilanz zum "Jahr des Schreckens", zog die Journalistin Bilanz. Mit einem lachenden und weinenden Auge.
von  Doris Neubauer
"Hart aber fair"-Moderator Louis Klamroth bedankte sich bei der Reporterin Brigitte Büscher. Sie holte ein letztes Mal Stimmen auf der Straße ein.
"Hart aber fair"-Moderator Louis Klamroth bedankte sich bei der Reporterin Brigitte Büscher. Sie holte ein letztes Mal Stimmen auf der Straße ein. © ARD

Israel, Gazastreifen, Ukraine: 2023 war zweifellos ein Jahr der schrecklichen Bilder, doch die letzte "Hart aber fair"-Sendung (ARD) des Jahres hatte auch einen Talkshow-internen emotionalen Moment zu bieten: Diesen lieferte Brigitte Büscher, die als Reporterin die Meinung von Zuschauenden übermittelte und damit "die Wirklichkeit in die Sendung" trug. Oder, um es mit Louis Klamroth mit Blick auf die Expertenrunde zu sagen: "Immer, wenn es da zu hitzig oder undurchsichtig wurde, wusste ich, du stehst hier und ich kann hier rüberkommen", bedankte sich der Moderator bei ihr. 

Brigitte Büscher will neue Wege gehen und hört bei "Hart aber fair" auf

Wo er in solchen Situationen künftig Zuflucht finden wird, ist unklar. Fest steht, für Büscher war es die letzte Sendung. "Ich habe Ihre Meinung immer dann als Gewinn empfunden, wenn Sie mit Respekt diskutiert haben, wenn Sie Zuspruch und Widerspruch gut verpackt haben, wenn Sie mit offenem Visier diskutiert haben", verabschiedete sie sich bei "meinen Zuschauerinnen und Zuschauern" und kämpfte sichtlich mit Tränen. "Ich habe mich nicht gefreut über den Hass und die Hetze, und Sie wissen, dass das in den letzten Jahren stark zugenommen hat", zog sie Bilanz über die "Achtung: 23 Jahre!" ihrer Tätigkeit. Sie wolle neue Wege gehen. Auf ihrem Instagram-Kanal schrieb sie: "Heute ist mein letzter Tag bei 'Hart aber fair'. Habe mich entschieden. Zeit für was Neues!"

Wie der WDR auf AZ-Anfrage mitteilt, habe sich Büscher entschieden, bei "hart aber fair" aufzuhören. Für den Sender will sie aber weiter tätig sein, unter anderem als Film-Autorin. 

Journalist Feldenkirchen über die Hamas: "Ehr- und eierlos"

Bevor gesucht wurde, "wo es Grund zur Hoffnung gibt", wollte Louis Klamroth mit seinen Gästen - Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), Kriegsberichterstatterin Katrin Eigendorf, Sicherheitsexperte Carlo Masala und Journalist Markus Feldenkirchen - das "Jahr des Schreckens" 2023 verdauen.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Journalist Markus Feldenkirchen, Sicherheitsexperte Carlo Masala, Kriegsberichterstatterin Katrin Eigendorf, Gerhart Baum (FDP) und Gastgeber Louis Klamroth (von links) zogen Bilanz zum Jahr 2023.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Journalist Markus Feldenkirchen, Sicherheitsexperte Carlo Masala, Kriegsberichterstatterin Katrin Eigendorf, Gerhart Baum (FDP) und Gastgeber Louis Klamroth (von links) zogen Bilanz zum Jahr 2023. © ARD

"Es gibt sicherlich ein Datum, das sich eingebrannt hat - den 7. Oktober", war der Überfall der Hamas auf Israel für Klamroth Thema Nummer eins. Festivalbesuchende oder alte Menschen im Kibbuz zu überfallen und sich beim Gegenangriff der Israelis in Krankenhäusern zu verstecken, sei das "Ehr- und Eierloseste, was ich je erlebt habe", kritisierte Feldenkirchen die Terrororganisation. Gleichzeitig verwies er - wie Eigendorf - darauf, dass die "Verhältnismäßigkeit" des israelischen Gegenschlags nicht gewährleistet sei: Trotz Rückendeckung müsse die Bundesrepublik zeigen, "eure Exzesse im Westjordanland oder teilweise im Gazastreifen machen wir so nicht mit". Dass die USA Sanktionen gegen Siedler im Westjordanland verhängt habe, dieser "massive Druck" auf Israel, würde funktionieren, meinte Masala.

Allerdings: "der einfachste Weg zu verhindern, was gerade passiert, wäre, dass die arabischen Staaten der Hamas klarmachen, dass sie keine Zukunft hat. Das tun sie nicht, weil sie Angst vor ihrer eigenen Bevölkerung haben." Das große Problem wäre zudem, dass Israel "bislang kein politisches Ziel" für die Zeit nach der Operation geäußert habe. "Da gibt es bisher weder von Israel noch von anderen Akteuren eine irgendwie geartete kluge Idee - bis auf die Amerikaner, die sagen, danach muss eine Zweistaatenlösung geben", sagte er und fügte hinzu, "aber das ist ein langwieriger Prozess." 

Baum: "Wie verteidigen wir uns denn selber?"

Als langwierig erwies sich auch der laut Klamroth "zweite große Konflikt". "Ich habe neulich jemanden gesehen, der lief mit einem T-Shirt durch den Park, auf dem stand: Was geht mich die Ukraine an? Nix! Was sagen Sie solchen Menschen?", fragte der Moderator Strack-Zimmermann. "Der geht mir aus dem Weg, wenn er mir begegnet", konterte sie und erntete Lachen. Der Ukraine-Krieg betreffe Deutschland nicht zuletzt aufgrund der Energieabhängigkeit. Deshalb sei die Bundesrepublik, aber auch alle EU-Staaten, die USA sowie indopazifische Staaten gefordert: "Liefern wir genug, damit Ukraine wirklich eine Chance hat sich zu wehren oder liefern wir nur so viel, dass sie knapp überlebt?", betonte sie, "das ist die Gretchenfrage."

Die größten Munitionslieferanten für die Russen und die Ukraine seien nicht die USA oder Europäer, sondern die Nord- und Südkoreaner, erklärte Masala. "Wir sind nicht in der Lage, die Produktion hochzuziehen." "Um Gotteswillen, wie verteidigen wir uns denn selber?", entfuhr es Baum. "Das wollen wir heute Abend nicht vertiefen", antwortete Strack-Zimmermann, "Wir wollen ja fröhlich ins Neue Jahr gehen." 

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) stellte in Bezug auf die Ukraine die „Gretchenfrage“, welche Waffen man in Zukunft liefern wolle.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) stellte in Bezug auf die Ukraine die „Gretchenfrage“, welche Waffen man in Zukunft liefern wolle. © ARD

Ganz so fröhlich werde das nicht, schließlich wäre eine Wiederwahl Putins wahrscheinlich, warf Eigendorf ein. "Wir werden versuchen müssen, andere Bündnispartner außerhalb Russlands zu bekommen", nannte sie einen alternativen Ansatzpunkt, auf den Konflikt einzuwirken. "Da kommt der Israel-Konflikt gegen die Hamas ins Spiel", so Masala, "Bundeskanzler Scholz fährt sehr bewusst in Länder des globalen Südens, um mit ihnen Kooperationen abzuschließen und sie auf die Seite des Westens zu bekommen, und die Haltung im Fall Israels hat dazu geführt, dass sich genau diese Staaten wieder distanziert haben." 

Katrin Eigendorf: "Kleinlich und wenig visionär"

Mit dem 17-Milliarden-Euro-Loch im Haushalt stand ein weiteres Thema des Jahres 2023 auf dem Programm. "Ich halte das alles für lösbar", zweifelte Baum daran, dass die Regierung nicht in der Lage wäre, den Bundeshaushalt zu verabschieden. Eigendorf stimmte zu: "Dieses Land hat eine andere Rolle zu spielen, als dass sich diese Regierung permanent in diesen Kleinkriegen verhakt. Das wirkt kleinlich und wenig visionär." 

Von diesen Kleinkriegen oder gar einer Neuwahl wollte Strack-Zimmermann nichts wissen: "Das werden wir lösen", prophezeite sie. Weniger positiv äußerte sie sich hingegen hinsichtlich der "Rolle der größten Oppositionspartei von CDU/CSU", die das Chancen-Wachstumsgesetz im Bundesrat abgelehnt hatte: "Da wird komplett alles blockiert in der Hoffnung, man kommt da raus wie der Phönix aus der Asche. Der Schuss wird völlig nach hinten losgehen", vermutete die FDP-Politikerin. Wie sagte Brigitte Büscher: "Wir werden sehen, was 2024 so kommt!"

Warum hört Brigitte Büscher bei "Hart aber fair" auf?

Am 11. Dezember war Brigitte Büscher das letzte Mal bei "Hart aber fair" zu sehen. Es war zeitgleich auch die letzte Ausgabe, die von Frank Plasbergs Firma Ansager & Schnipselmann produziert wurde. Ab dem neuen Jahr wird Klamroth "Hart aber fair" zusammen mit Joko und Klaas' Firma Florida Entertainment herausbringen. Das lässt manche Zuschauer vermuten, dass das Aus von Brigitte Büscher nicht ganz freiwillig geschehen sein könnte. 

Louis Klamroth verabschiedet Brigitte Bürscher mit einer Umarmung
Louis Klamroth verabschiedet Brigitte Bürscher mit einer Umarmung © ARD

"Scheinheiliges Verabschieden von Brigitte Büscher durch Louis Klamroth. Jeder, der ein bisschen informiert ist, weiß, was hinter den Kulissen abgegangen ist und wie Klamroth und seine Produktionsfirma alles an sich gerissen haben", schreibt ein User auf X (ehemals Twitter).

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

Der X-User spielt offenbar auf das Interview von Ex-"Hart aber fair"-Moderator Frank Plasberg an. Darin kritisierte er seinen Nachfolger Louis Klamroth deutlich. Plasberg ist persönlich von Klamroth enttäuscht. 

Kritik an Louis Klamroth wegen Aus von Brigitte Bürscher: "Beschämender Moderator"

Der Abschied von Brigitte Büscher nach 23 Jahren bei "Hart aber fair" viel ziemlich knapp und kühl aus. Während die Reporterin mit den Tränen kämpfte, kanzelte sie Louis Klamroth ziemlich ab. Mehr als ein "Brigitte Büscher, vielen vielen Dank" brachte der 34-Jährige nicht über die Lippen. Auf X hagelt es dafür Kritik: "Beschämender Moderator." Manchen fehlte der Blumenstrauß, anderen ein würdiger und emotionaler Rückblick. 

Schon lange soll Louis Klamroth um die Trennung von Produzent Frank Plasberg gekämpft haben, um mit seinem eigenen Produktionsunternehmen die Sendung "Hart aber fair" gestalten zu können. Klamroth ist Produzent von K2H, diese Firma wurde heuer mehrheitlich von Florida Entertainment übernommen – und agiert unter Florida Factual.

Für "hart aber fair" wird sich im kommenden Jahr einiges ändern. "Wir entwickeln aktuell das Format weiter und sind mitten im Prozess", so der WDR auf AZ-Anfrage. "Die Zuschauerinnen und Zuschauer können sich von den Veränderungen dann bei der nächsten Sendung am 29. Januar 2024 selbst ein Bild machen."

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.