TV-Kritik zum Wiener Tatort: Her mit der Marie mit Neuhauser und Krassnitzer

Dem Wiener "Tatort: Her mit der Marie" fehlte es an Spannung. Warum er dennoch "leiwand" war - die TV-Kritik der AZ.
von  Stephan Kabosch
Mördersuche im Wiener Milieu: Kommissar Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) spricht mit Inkasso Heinzi (Simon Schwarz, re.)
Mördersuche im Wiener Milieu: Kommissar Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) spricht mit Inkasso Heinzi (Simon Schwarz, re.) © ARD Degeto/ORF/Hubert Mican

So mag man es sich vorstellen, das archetypisch Wienerische: auf eine zumeist nette Art "goschat“ (frech), humorvoll, selbstironisch - und immer auch ein bisschen traurig. Sollte diese Beschreibung zutreffen, der "Tatort: Her mit der Marie" ist ihr gerecht geworden.

Regisseurin Barbara Eder und das Autorenduo Stefan Hafner/Thomas Weingartner zeichnen einen stilecht retro-vergilbten Road-Movie - mit protzigen Schlitten, schleimigen Typen, großen Träumen und kleinem Glück; nur halt nicht American Style, sondern Austrian Way. Dabei vermag echte Krimi-Spannung nie so recht aufzukommen, nachdem der Kleinkriminelle Edin bei einem aus dem Ruder gelaufenen Überfall erschossen wurde.

Wiener "Tatort: Her mit der Marie" lebt von den Typen

Aber der Mangel an Spannung ist verschmerzbar, weil dieser Krimi seine Inspirationen aus anderen Quellen bezieht. Da sind die üblichen, etwa das einmal mehr kongeniale Ermittlerduo Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer), immer mäandernd zwischen altem Ehepaar ("Du hörst mir nie zu!") und heimlichen Single-Ermittlungen ("Was wird des, a Solo-Album?"). Da sind aber auch Typen, die eine solche emotionale Wucht darstellen, wie man sie selbst im Wiener "Tatort" lange nicht gesehen hat. "Inkasso Heinzi" ("leiwand", pardon, hervorragend: Simon Schwarz), ein kleiner Dieb und Körperverletzer, der bürgerlich geworden ist, aber ein letztes Mal ein Ding drehen möchte. Ein fast schon liebenswerter Loser-Typ, der am Ende um seinen von Edins rachsüchtiger Witwe erschossenen schwulen Partner weint.

Typen auch wie der „Dokta“ (Erwin Steinhauer), ein Unterwelt-Boss, der selbst gegenüber den Ermittlern stets der Chef bleibt, wenn er im Verhör seelenruhig sein von daheim mitgebrachtes Frühstück verspeist (Eisner: "Derf’s no a Nachspeis sein, a Kaffetscherl vielleicht?") und zu dessen Geburtstagsfeiern auch die Polizei eingeladen ist. Kriminelle und Kriminaler verhabert (verbündet) als "die österreichische Lösung", wie Moritz Eisner trocken feststellt. Übertrieben? Vielleicht - aber vorstellbar wär‘s.

Mäßig spannend, dafür aber herrlich skurril und mit komischen Elementen voller Schmäh gespickt: Sie hat gemundet, diese Wiener Melange aus Krimi, Drama und Komödie.

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