TV-Kritik: So wird der neue "Tatort Leipzig"
Bezogen auf ihre schauspielerischen Möglichkeiten sind Simone Thomalla und Martin Wuttke ein eher asynchrones TV-Ermittler-Paar. Doch als Ex-Pärchen Eva Saalfeld und Andreas Keppler funktionieren sie prächtig, vor allem wenn die aus der Restchemie resultierenden Sticheleien hübsch am Rand bleiben. Aber nicht nur deswegen ist der MDR-„Tatort: Todesschütze“ einer der besten Sonntagskrimis der letzten Monate. Regisseur Johannes Grieser schafft eine beklemmende Atmosphäre mit einem direkt aus dem Leben gegriffenen Fall.
In der nächtlichen Straßenbahn pöbeln drei Jugendliche einen Obdachlosen an. Ein Lehrerehepaar greift etwas halbherzig ein. Als sie aussteigen, folgen ihnen die drei und schlagen sie in einem Park nieder. Zwei Polizisten, die in Sichtweise einen nächtlichen Imbiss nehmen schreiten ein, doch die schwer verletzte Dann aber verstirbt die Lehrerin Anne Winkler (Natascha Paulick) muss auf die Intensivstation. Die Täter bleiben flüchtig. Stefan Kurt spielt den verzweifelten Ehemann derart eindringlich, dass man seinen Zorn und die Verzweiflung über die unfassbare Brutalität mit Händen greifen kann. Die Polizei aber scheint die Täter nicht nur zu kennen, sondern auch zu schützen.
Als die Lehrerin stirbt, übernehmen Saalfeld und Keppler die Ermittlung – gegen ihre Kollegen. Auch wenn der Film im letzten Drittel unnötig übertourt, so schafft dieser „Tatort“ etwas, was unter diesem zunehmend ausgebeuteten Label immer seltener geworden ist: Er geht unter die Haut.