Tobias Moretti: Von der Arbeit zerstört
Die Schlafanzughose hat Jo (Tobias Moretti) seit seiner Kündigung nicht mehr ausgezogen. Demonstrativ versinkt er in Selbstmitleid, hockt mit leerem Blick auf dem zugeklappten Toilettendeckel, reagiert nicht auf die Zärtlichkeiten seiner Frau Anja (Susanne Wolff).
Tobias Moretti ist beängstigend fertig im Psychodrama „Mobbing“. Unterschwellig wabert die Angst, dass ihm noch die letzte Sicherung durchbrennt. Als Jo mit der Motorsäge im Garten einen störenden Baum fällt, ist so ein Moment. Oder als Anja ihm eine Ohrfeige gibt, weil Jo nur zynisch reagiert, als sie ihm sagt, dass sie einen anderen Mann geküsst hat.
Dabei waren Jo und Anja eine glückliche Familie: Die jüngere Frau und der Endvierziger, der als Kulturreferent in der Stadtverwaltung Freising arbeitet. Anja hat ihre Arbeit in einem Verlag für die zwei Kinder aufgegeben. Jo ernährt nicht nur die Familie, sondern steht auch nachts auf und schaukelt das weinende Baby. Grillpartys mit Arbeitskollegen, ein Absackerschnaps zu zweit und kleine Aufmerksamkeiten und Zärtlichkeiten. Jo und Anja stehen fest im Leben und haben ihre verrückt-sympathischen Rituale.
Bis Jo eine neue Chefin bekommt. Die nimmt ihm sein größtes Projekt weg, mahnt ihn ab und kündigt ihm schließlich fristlos. Der Clou bei Mobbing: Diese Chefin bleibt ein Phantom. Die Schikanen und Demütigungen werden von Jo erzählt. Irgendwann zweifelt auch die loyale Anja, ob Jo immer die Wahrheit sagt und sich nicht doch was zu Schulden hat kommen lassen. Anja schwankt zwischen
Empathie, Hilflosigkeit, Pragmatismus und ohnmächtiger Wut. Nur selten kann sie zu Jo vordringen. „Am meisten fertig macht mich, dass es mich so fertig macht“, sagt der einmal unter Tränen zu ihr.
Die Filmemacher (Regie: Nicole Weegmann, Buch: Eva Zahn, Volker A. Zahn) klammern die Bürowelt komplett aus und zeigen nur, was die Probleme im Job mit der Familie machen. Das tut weh, weil es so verdammt wirklich ist. Jo konzentriert sich nur auf den Prozess, den er gegen den alten Arbeitgeber führt. Doch als der Prozess endlich vorbei ist, bringt das keine Erlösung.
"Mobbing" kommt am Mittwoch, den 14. Mai um 20.15 Uhr im Ersten
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