"Team Wallraff": Katastrophale Zustände in den Jobcentern

Das "Team Wallraff" hat diesmal die Jobcenter ins Visier genommen und ist auf Personalmangel, Frust bei den Mitarbeitern und geschönte Statistiken gestoßen
von  az
Enthüllungsjournalist Günter Wallraff (Archivbild).
Enthüllungsjournalist Günter Wallraff (Archivbild). © dpa

Köln - Der Kölner Enthüllungsjournalist Günter Wallraff und ein Reporterkollege kritisierten nach ihren Undercover-Einsätzen, viele Jobcenter kämen ihrem Auftrag - Langzeitarbeitslose zu beraten und wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren - kaum nach.  Ihre Recherchen belegen: Akuter Personalmangel und hoher Krankenstand sorgen für erhebliche Missstände.

Undercover hat Wallraff mehrere Wochen lang als Praktikant Einblicke in mehrere Jobcenter bekommen, mit rund 30 Vermittlern gesprochen, die teilweise einen viel zu hohen Kundenstamm zu betreuen haben und selbst nicht mehr überzeugt sind von der Arbeit ihrer Institution. "Letztendlich ist das Jobcenter eine Institution, die so viel mit sich selbst zu tun hat, dass wir gar keine Kunden brauchen", erzählt ein Mitarbeiter.

Besondere Absurditäten bei der Arbeitsvermittlung werden deutlich, als das Ermittler-Team undercover bei einem fünfwöchigen Motivationskurs für Langzeitarbeislose über 50 recherchiert. Beim Motivationstraining werden vor allem "kindische" Spiele gespielt - auf kosten der Steuerzahler. Im Bericht sieht man, wie den Teilnehmern auch mal der Kragen platzt: "Was soll der Müll, wie soll ich damit besser Arbeit bekommen". Kritisiert werden solche Maßnahmen sogar von den Arbeitsvermittlern als "völlig uneffektiv".

Der Gipfel der Sinnlosigkeit: Ein Lama-Spaziergang für Langzeitarbeitslose, der sich Wallraff, als Tourist getarnt, angeschlossen hat.

Hartz-IV-Empfänger geraten mitunter in Existenznot, weil sich die Auszahlungen monatelang verzögerten. Es würden auch Vorschriften umgangen. Das Reporterteam zeigt, wie Arbeitslosenstatistiken geschönt werden und bekommt sogar Hinweise darauf, dass gelegentlich Akten vernichtet werden.

Wallraff kritisiert die völlig sinnlosen Maßnahmen für Hartz-IV-Empfänger. "Was wir bei unseren Recherchen aufgedeckt haben, sind keineswegs Einzelfälle", sagt er. Mit Steuergeldern würden "absurde und entwürdigende Maßnahmen durchgeführt, Statistiken geschönt und Mängel verwaltet." Die Politik ist jetzt gefordert und ich bin überzeugt, dass wir mit unseren Recherche-Ergebnissen eine klare Diskussionsgrundlage geschaffen haben", zieht Günter Wallraff das Fazit.

 

 

 

 

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