"Tatort": Katzenjammer nach dem Boom-Jahr 2013?
2013 war so etwas wie ein goldenes Jahr für den "Tatort". Gleich fünf neue Ermittlerteams nahmen ihren Dienst auf, die höchste Zahl seit Anfang der 1980er. Zu den neuen Kommissaren zählen namhafte Stars wie Til Schweiger, Christian Ulmen und Nora Tschirner. Die traditionsreiche Krimi-Reihe verjüngte sich und probierte neue Wege aus, und durfte sich im Gegenzug über rekordträchtige Einschaltquoten freuen. 2014 ist von dieser Aufbruchstimmung nicht allzuviel geblieben, die "Bild"-Zeitung ruft nun sogar die "'Tatort'-Krise" aus.
Die Sommerpause dauert einen Monat länger als zunächst angekündigt, die ARD bleibt mit insgesamt 43 neuen "Tatorten" und "Polizeirufen" beim Minimum der vorab angekündigten Krimi-Erstausstrahlungen. In den kommenden beiden Jahren soll den "Bild"-Informationen zufolge weiter gespart werden, mindestens vier Drehs sollen demnach gestrichen werden, davon zwei beim NDR. Dass es die Norddeutschen besonders schwer trifft, ist dabei nicht weiter verwunderlich. Schließlich beschäftigt der NDR mit vier Ermittlerteams die meisten Kommissare, darunter mit Schweiger den teuersten - satte 2 Millionen Euro soll sein erster Fall gekostet haben, im Durchschnitt liegen die Kosten für einen "Tatort" bei etwa 1,4 Millionen.
Einen Sparzwang allerdings dementieren ARD und NDR, wenn auch etwas halbherzig, unter anderem "Bild" und "Meedia" gegenüber. Schwerer von der Hand zu weisen: Der "Tatort" scheint in einer kreativen Krise zu stecken. Dass etwa Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) nun zwei Jahre pausiert hat, soll laut "Bild" etwa am Fehlen eines geeigneten Drehbuchs gelegen haben, sogar der NDR selbst gibt "inhaltliche Gründe" für ihren seltenen Einsatz an.
Heike Makatsch wartet seit geraumer Zeit auf das Drehbuch eines für Frühling 2015 geplanten SWR-"Tatort"-Specials, wie sie zuletzt der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte. Ein Skript für den Saarland-"Tatort" soll laut "Bild" wegen seinen Schwächen bereits mehrfach abgelehnt worden sein - eigentlich schwer vorstellbar, wenn man bedenkt, dass Stellbrink und Marx (Devid Striesow und Elisabeth Brück) für den SR bereits in dem mißglückten Rocker-Comedy-Western "Eine Handvoll Paradies" anrücken mussten.
Nicht das einzige weniger gelungene Drehbuch der letzten Zeit - auch die Klagen der Ermittler häufen sich: "Meinen letzten Fall habe ich selber nicht kapiert", beschwert sich etwa ein anonymer Kommissar in der "Bild". "Lena ist doch in 25 Jahren als Kommissarin austauschbar geworden. Das liegt natürlich auch an den Geschichten", klagte die dienstälteste "Tatort"-Ermittlerin Ulrike Folkerts (Lena Odenthal) im Mai der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Udo Wachtveitl (Franz Leitmayr) hat ein Problem mit der allzu humoristischen Ausrichtung mancher Filme: "Ich habe auch den Eindruck, dass es da und dort manchmal gar nicht mehr um die Themen geht, sondern der 'Tatort' eher zum 'Krimilantenstadl' wird", sagte er einmal spot on news. "Ich finde das schade, wenn man außer einem Schmunzeln nichts weiter mitnehmen kann."
Sabine Postel (Inga Lürsen) sieht gerade in der jüngsten Schwemme von neuen Ermittlern eine Ursache des Problems: "Dass es mittlerweile fast in jeder Stadt einen 'Tatort' gibt, ist für die Entwicklung auch nicht förderlich", erklärte sie spot on news. "Oft geht es wohl nur darum, die Quote am Sonntagabend zu pushen. So viele Kriminalgeschichten kann man ja gar nicht erzählen. Da ist es kein Wunder, dass die Qualität irgendwann leidet, weil den Autoren nichts mehr einfällt." So gesehen wäre es für den "Tatort" vielleicht nicht einmal das schlechteste, wenn sich das Format wieder ein wenig gesundschrumpfen würde.