Tatort: Die Saisonbilanz - Lichtblicke und Überfluss

Auch im 43. Jahr hat der „Tatort“ nichts von seiner Sonderstellung unter den deutschen Krimireihen eingebüßt und erreicht immer noch Traumquoten - was nächste Saison neu ist...
von  Volker Isfort
Kriminaltechniker Wolfgang Menzel (Maxim Mehmet, links) unterrichtet die Hauptkommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) über die ersten Erkenntnisse am Tatort. Die siebenjährige Amelie ist tot in einem Boot am See aufgefunden worden.
Kriminaltechniker Wolfgang Menzel (Maxim Mehmet, links) unterrichtet die Hauptkommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) über die ersten Erkenntnisse am Tatort. Die siebenjährige Amelie ist tot in einem Boot am See aufgefunden worden. © MDR / Saxonia Media / Junghans

Hamburg, München - Der Bodensee-„Tatort: Letzte Tage“ beendete mit erstaunlichen 9,03 Millionen Zuschauern eine skurille „Tatort“-Saison. Nun beginnt die Sommerpause der Wiederholungen, Zeit genug für eine Bilanz der - trotz vielen schwachen Folgen - mit Abstand beliebtesten Reihe im deutschen Fernsehen.

Aufsteiger
„Scheiße“ war das erste Wort von Horst Schimanski (Götz George), dieser Tradition folgend führte sich Til Schweiger als Kommissar Nick Tschiller mit „Fuck“ ein. Im Vorfeld seines Einstandes „Willkommen in Hamburg“ hatte Schweiger medienwirksam den „Tatort“ (aber nicht seinen) als prinzipiell altmodisch kritisiert und besonders den Vorspann gescholten, den auch er nicht revolutionieren durfte. 12,6 Millionen sahen den actionintensiven Fall – ein kurzzeitiger Quotenrekord (für die letzten 20 Jahre), bis die Münsteraner zwei Wochen später zurückschlugen: „Summ, summ, summ“ holte 12,8 Millionen Zuschauer, denn Axel Prahl und Jan Josef Liefers hatten prominente Unterstützung von Roland Kaiser.

Aussteiger
Während Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) oder die Münchner Kommissare schon weit über 50 Fälle auf dem Buckel haben, machte Nina Kunzendorf als Frankfurter Ermittlerin Conny Mey schon nach 5 Folgen freiwillig Schluss, offenbar fand sie ihr Rollenklischee fad. Im Film verdrängt ihr Kollege Frank Steier (Joachim Król) die Trauer und greift zur Flasche, im realen Leben hatte Król keine Lust auf die Zusammenarbeit mit Kunzendorfs Nachfolgerin Margarita Broich (die Lebensgefährin von Martin Wuttke, der als Kommissar in Leipzig ermittelt) und sagte etwas später leise Servus (zwei Folgen mit ihm werden noch ausgestrahlt).

Lichtblick
Nur ein „Tatort“ war diese Saison den gestrengen Grimme-Juroren eine Nominierung wert: „Der tiefe Schlaf“ (30. Dezember 2012) war ein düsteres Münchner Psychostück mit einem herausragenden Assistenten (Fabian Hinrichs), der den beiden Kommissaren Leitmayr und Batic (Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec) mächtig auf die Nerven ging – eine gute halbe Stunde lang, dann wurde er ermordet. Fans forderten im Netz eine ständige Assistentenrolle für Gisbert, aber tot ist tot, das gilt auch für Ermittler.

Ärgernis
Der SR-„Tatort: Eine Handvoll Paradies“ wurde auf Fanforen zu einem der schlechtesten der bislang fast 900 „Tatort“-Krimis überhaupt gewählt. Eigentlich unverständlich, schließlich war schon der Auftakt von Devid Striesows neuer Kommissarkarriere („Melinda“ am 27. Januar) in Gummistiefeln und karierter, kurzer Hose vollkommen konfus. Striesow hatte sich im Vorfeld für mehr Komik im „Tatort“ ausgesprochen, geliefert aber wurde nur Slapstick.

Überfluss
Der Beruf des Fernsehkommissars ist nach Ansicht von „Tatort“-Ermittler Udo Wachtveitl heute nichts Besonderes mehr. Und selbst innerhalb der ARD wird kritisiert, dass es zu viele Ermittlerteams gibt. Kein Sender allerdings schraubt freiwillig zurück, im Gegenteil: Am 17. November soll der erste "Tatort" aus Erfurt laufen. Es ermitteln die Kommissare Henry Funck (Friedrich Mücke) und Maik Schaffert (Benjamin Kramme) sowie die angehende Staatsanwältin Johanna Grewel (Alina Levshin). Klarer Anwärter auf die heißeste „Tatort“-Diskussion des Jahres sind aber Nora Tschirner und Christian Ulmen, die ihren ersten Einsatz als Weimarer Kommissare zu Weihnachten bekommen. Es soll schräg werden und sich um die Wurst drehen, die Thüringer vom Rost.

 

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