"Tatort: Borowski und das Glück der Anderen": Nicht schrill genug

Sehr starker Einstieg: Eine Frau rauscht mit einem (Benzin!)-Rasenmäher durchs Wohnzimmer, rasiert den Flokati und zerlegt nach und nach weite Teile der Einrichtung. Sehr starker Schluss: Eine Lottogewinnerin, eine hinreißend schöne alte Dame, fährt auf ihrem Zweirad oder E-Mobil strahlend durch das Wohngebiet vom Anfang, die Nachbarn grüßen übertrieben glücklich wie in der künstlich heilen Welt der "Truman Show". Großartig!
Dazwischen aber funktioniert dieser Kieler Tatort (Regie: Andreas Kleinert) nicht ganz so schön, weil er sich nicht traut, diesen überdrehten Tonfall beizubehalten. Vor allem am Anfang spielen alle Darsteller übertrieben deutlich, so dass gleich klar ist: So ganz ernst ist es diesmal nicht gemeint. Da irren sich Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) in der Hoteltür – und erwischen zufällig einen international gesuchten Straftäter. Und ihr Chef freut sich sehr. Aber der Zauber dieser Idee verfliegt bald.
Ein drehbuchmäßig schöner Verwechslungs-Krimi
Dieser Tatort, ein drehbuchmäßig schöner Verwechslungs-Krimi (Buch: Sascha Arango), erzählt von einer Supermarkt-Kassiererin (Katrin Wichmann), die von Sozialneid zerfressen ist und sich mit Gewalt ihr Stück vom Glück holen will. Dafür muss jemand sterben, sonst hätten Borowski und Sahin ja nichts zu tun. So sehr man verstehen kann, wie kränkend es ist, dass alle immer durch einen hindurch- oder über einen hinwegsehen, so krankhaft ist dann doch der Weg, den die frustrierte Das-Glas-ist-halb-leer-Frau (die mit einem sehr viel gelasseneren Mann verheiratet ist) wählt.
Was man immerhin aus diesem "Tatort" mitnimmt: Glück ist immer auch eine Frage des Erkennen-Wollens. Offen bleibt die Frage, was die Butterschale mit Buttermesserchen auf der Schlafzimmer-Fensterbank eines sonst eher sterilen Hauses zu suchen hat.