Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Jan Böhmermann

Berlin - Hat Jan Böhmermann mit seinem "Ziegenficker"-Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den Bogen überspannt? Ja, sagt ein Teil seiner Kritiker, die Bundeskanzlerin ("bewusst verletzend"), der Vorsitzende des Deutschen Journalisten Verbandes ("instinktlos") – und jetzt auch das Auswärtige Amt.
Wie der "Tagesspiegel" berichtet, soll das Auswärtige Amt am Sonntag nach einer internen Eil-Prüfung zu dem Schluss gekommen sein, dass sich Böhmermann mit seinem Text höchstwahrscheinlich strafbar gemacht habe. Denn: Laut § 103 des Strafgesetzbuches kann Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden.
Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen auf
Wie "Spiegel Online" berichtet ermittelt nun auch schon die Mainzer Staatsanwaltschaft gegen Böhmermann. Ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten sei eigeleitet worden, bestätigte die Leiterin der Ermittlungsbehörde. Zuvor seien rund 20 Strafanzeigen von Privatpersonen eingegangen.
Muss Böhmermann ins Gefängnis?
Offenbar fand die juristische Überprüfung noch vor dem Entschuldigungs-Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem türkischen Premierminister Ahmet Davutoglu statt.
Dass die Polizei Böhmermann jetzt zu Hause abholt und in U-Haft steckt, ist allerdings unwahrscheinlich. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung müsste die türkische Botschaft zunächst einen offiziellen Antrag stellen, um ein Strafverfahren gegen den ZDF-Moderator zu eröffnen. Bisher sei ein solcher Antrag nicht gestellt worden, berichtet die Bild.
Das ZDF hatte in der Nacht zu Samstag in der Wiederholung der Sendung den "Schmähkritik"-Beitrag gestrichen, der am vorigen Donnerstag auf ZDFneo erstmals ausgestrahlt worden war. Böhmermann hatte ein Gedicht mit Zeilen weit unter der Gürtellinie über Erdogan vorgelesen und damit eine Debatte darüber ausgelöst, was Satire darf und wo die ihre Grenzen sind.
Der CSU-Rechtspolitiker Hans-Peter Uhl sagte der Zeitung "Die Welt" (Montag), wenn ein Machwerk wie dieses ausschließlich Beleidigungsabsicht habe, müsse es Formen der öffentlichen Distanzierung geben. FDP-Chef Christian Lindner betonte in dem Blatt, die Politik Erdogans müsse man scharf kritisieren. "Das ist aber kein Grund für Schmähungen, die bei uns eben nicht von der Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt sind." Der medienpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Harald Petzold, kündigte indes in der "Welt" an, eine förmliche Beschwerde beim ZDF einzulegen. "Wir werden nachfragen und gegen die Löschung des Beitrags protestieren."
Der Satiriker Martin Sonneborn bezeichnete es als bezeichnend für den Umgang mit Satire, dass Böhmermanns Beitrag in der Mediathek gelöscht worden sei. Er habe sich "vergleichsweise harmlos mit Erdogan beschäftigt", sagte der frühere Chefredakteur von "Titanic", der mittlerweile als Abgeordneter im EU-Parlament sitzt. Welche Themen in der nächsten Ausgabe des Magazins am Donnerstag (22.30 Uhr) auf ZDFneo eine Rolle spielten, stehe noch nicht fest, hieß es vom Sender. Diese würden stets kurzfristig festgelegt.