Springer und Altinger: Stamm-? Nein, Bistrotisch!

Schon der Ort verspricht, dass keiner geschont wird: Schlachthof! Ab Donnerstag, 21 Uhr, übernehmen Michael Altinger und Christian Springer die Kabarettsendung von Otti Fischer.
AZ: Herr Springer, Herr Altinger, die Abendzeitung ist bei einem Interview mit Ihnen natürlich befangen. Herr Springer hat Anfang Februar den AZ-Ehrenstern bekommen.
CHRISTIAN SPRINGER: Aber da ging’s ja vor allem um mein Engagement für Syrien.
MICHAEL ALTINGER: Und warum mir gegenüber befangen?
Weil unser ehemaliger Chef-Layouter in der Abendzeitung Helmuth Altinger hieß, kabarettistische Qualitäten hatte und sicher Ihr Onkel ist.
ALTINGER: Leider weder verwandt noch verschwägert.
Also können wir doch unbefangen anfangen. Meine Herren, der Schlachthof war Ottis Revier: Die Sendung hieß „Ottis Schlachthof“. Jetzt übernimmt ein Duo.
ALTINGER: Ja, weil man, um Otti zu ersetzen, halt zwei in die Waagschale werfen muss.
SPRINGER: Auch wenn er natürlich gar nicht zu ersetzen ist. Aber wenn Sie uns einen Gefallen tun wollen, machen Sie doch zum Sendestart die zeitgemäße Schlagzeile: „Wir sind Otti!“.
ALTINGER: Aber wir wollen natürlich kein Ersatz sein, sondern eine neue Sendung machen.
Mit welchem Sendungsbewusstsein?
SPRINGER: Es gab ja Zeiten, in denen man mit drei Worten, nämlich „Stoiber“, „äh“ und „Hauptbahnhof“, einen ganzen Abend bestreiten konnte und eine Bombenstimmung im Saal hatte, ohne inhaltlich irgendwas sagen zu müssen. Das ist vorbei!
Also herrscht im Schlachthof Bier-, Landtags- und Bundeswahlkampf? Aber wenn man die bayerische Opposition anschaut: Auf am Boden Liegende soll man doch nicht einschlagen?
SPRINGER: Aber es gibt ja auch immer noch welche, die mit stolz geschwellter Brust glauben, sie hätten die absolute Mehrheit gepachtet.
Also wieder mehr Politik im Kabarett?
ALTINGER: Ja, das Schöne ist ja, dass Kabarett wieder ernster genommen wird. Aber man darf auch nicht den Fehler machen und meinen, alles abarbeiten und Schläge gerecht verteilen zu müssen. Sondern man muss klar Haltung beziehen.
SPRINGER: Wir pflegen ja nicht die demokratisch pluralistisch gerechte Watschnausteilung. Sondern wer meint, sich uns grad besonders blöd in den Weg zu stellen, der bekommt’s ab.
Sie gehen also weiter weg von reiner Comedy?
ALTINGER: Ich verstehe die Altkabarett-Fans nicht, die Comedy abwerten und meinen, dass da die Gags immer unter der Gürtellinie anfangen und Kabarett grundsätzlich hoch vergeistigt ist. Das ist Schmarrn.
Ist also die Grenzlinie zwischen Comedy und Kabarett hinfällig?
SPRINGER: Ja, denn auch intelligenter Inhalt funktioniert nicht, wenn er nicht unterhält. Und auch wir brauchen die Alltagsgeschichte, um den Zuschauer mit einer Sache zu packen, mit der er sich vielleicht sonst nicht auseinandersetzen würde.
ALTINGER: Daher habe ich auch großen Respekt vor Comedy: Das sind große Künstler.
Was ist denn neu am „Schlachthof“, der nicht mehr Ottis ist?
ALTINGER: Jetzt gibt’s mehr Platz für die Zuschauer. Wir haben den großen, sperrigen Stammtisch als Sperrmüll auf dem Wertstoffhof entsorgt.
Ersatzlos?
ALTINGER: Es gibt jetzt dafür einen Stehtisch. Man ist mobiler, schneller weg vom Tisch und unter den Leuten.
Also doch Traditionsverlust: vom Stamm- zum Bistrotisch!
SPRINGER: Wenn man in Bayern sagt, „Hock ma uns moi wieder zsamm!“, dann stimmt das doch nicht. Denn alle stehen dann doch wieder nur in der Küche rum. Wir pflegen also das gute, alte bayerisch-traditionelle gemütliche Umernanderstehen.
Otti Fischer hat immer mit „Meine Stammtischbrüder und -schwestern“ begrüßt. Eigentlich hätte der BR doch – gerade mit seiner emanzipierten Fernsehdirektorin Bettina Reitz – auf eine Frauenquote bestehen müssen.
SPRINGER: Beim Kabarett gibt’s – Gott sei Dank – ja noch keine Political Correctness und daher auch keine Frauenquote.
ALTINGER: Man hat einfach geschaut, was passt denn zsamm. Und wir passen.
SPRINGER: Und der Michi wird schon schöne Kleider anziehen.
Hat man für die Sendung eigentlich zuvor ein fertiges Konzept?
SPRINGER: Ja, ganz viel Konzept, das hoffentlich dann live völlig über den Haufen geworfen wird. Es ist wie beim Fußball mit einem teuer eingekauften Mittelstürmer zum Toreschießen. Aber wenn dann der Torwart das Tor schießt, dann ist’s eine Sensation. Es geht also ums Unplanbare.
Und wer von Ihnen ist denn der teuer eingekaufte Mittelstürmer?
ALTINGER: Ich weiß jedenfalls, dass Torwart keine dankbare Aufgabe ist. Ich war’s zwei Jahre lang.
Was haben Sie denn also für ein Konzept?
SPRINGER: Das Konzept heißt: 45 Minuten, dann wird uns der Saft abgedreht! Und wenn wir nach 40 Minuten noch nicht beim ersten Gast sind, dann hamma ein Problem.
ALTINGER: Wieso, dann müssen die sich halt extrem kurz fassen.
Morgen, Do, 21. März, 21 Uhr, live, BR: „Schlachthof“. Gäste Martina Schwarzmann, Vince Ebert, Philipp Weber