So wird der neue Frankfurt-"Tatort"
Das gar nicht mehr so neue Frankfurter Ermittler-Team geht zum vierten Mal auf Täter-Fang. In "Wendehammer" gibt es zunächst kein Opfer, aber viel Verwirrung. Lohnt sich trotzdem das Einschalten? Hier gibt es die Antworten.
"Wendehammer" (18. Dezember, 20:15 Uhr, Das Erste) heißt der vierte "Tatort" mit dem Frankfurter Ermittlerteam Margarita Broich (56, "Wenn der Vorhang fällt") als Anna Janneke und Wolfram Koch (54, "Im Netz") als Paul Brix. Broich erhielt für ihre Leistung in diesem Film Ende Oktober den Hessischen Fernsehpreis in der Kategorie "Beste Schauspielerin". Und man kann vorneweg sagen: völlig zu Recht! Sie ist der (fast schon einzige) Ruhepol in einem Film, dem irgendwie der rote Faden abhanden gekommen ist. Mit ihrer angenehmen, ruhigen Art drückt sie dem ganzen Ensemble ihren Stempel auf und hebt sich damit klar von ihren Schauspiel-Kollegen ab. Doch über das mangelhafte Drehbuch kann auch sie nicht hinwegtäuschen.
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Ständig fragt man sich: Dreht sich der Film nun um eine völlig gegensätzliche Nachbarschaft, die sich im Geheimen bekriegt und deren Bewohner sich gegenseitig an Seltsamkeit nur so überbieten? Oder wollten die Macher die Problematik eines unbeschreiblich mächtigen Weltkonzerns aufzeigen, der dank seiner Big-Data-Reichweite schon fast die ganze Welt beherrscht und nur noch einen einzigen Algorithmus einer kleinen Internet-Klitsche aus Frankfurt benötigt, um dann wirklich alles kontrollieren zu können? Man weiß es auch am Ende nicht. Beides klingt nach Stoff für eine zehnteilige Serie, in 90 Minuten überfrachtet man den Zuseher allerdings komplett. Doch der Reihe nach.
Darum geht's
Völlig aufgelöst erscheint Betti Graf (Cornelia Froboess) im Polizeipräsidium bei Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch). Seit Tagen vermisst sie ihren Nachbarn Herrn Abendroth. Besonders verdächtig, ihm etwas angetan zu haben, ist für sie Nils Engels (Jan Krauter). Alle drei wohnen in ihren Einfamilienhäusern in einem Wendehammer. Nils ist IT-Spezialist, und als solcher hat er sein von der Großmutter geerbtes Haus zu einem "Smart House" umgebaut. Das ganze Haus ist mit Überwachungskameras bestückt, es ist vollkommen "clean".
An seinen "analogen" Nachbarn stört Nils von Grund auf alles. Diese wiederum machen Nils für das Verschwinden diverser Katzen und Hunde verantwortlich. Tatsächlich finden Janneke und Brix in Abendroths Haus Blutspuren. Dies könnte auf eine Gewalttat hindeuten. Mittlerweile jedoch stecken die beiden Hauptkommissare Janneke und Brix schon tief in den Streitigkeiten der Wendehammer-Bewohner um die smarte, digitale und die lebendige, analoge Welt.
Lohnt sich das Einschalten?
Der Film ist weder Fisch noch Fleisch. Man konnte sich einfach nicht entscheiden, welches Themenfeld man nun bespielen will. Passiert allerdings häufiger und wäre nur halb so schlimm, hätte man wenigstens auch nur ein bisschen die wahre Welt einfließen lassen. Die technischen Möglichkeiten der US-Firma und des IT-Fachmanns sind völlig überzogen dargestellt und es klingt nicht gerade plausibel, dass ein einziger Mensch - ein völlig weltfremder Frankfurter obendrein - eine Software entwickelt hat, die so dermaßen revolutionär ist, dass ein US-Konzern mordet, um die Idee an sich zu reißen und anschließend die Welt beherrscht.
Fazit: Nein, man muss diesen Frankfurter "Tatort" nicht gesehen haben. Weder wird eine relevante Problematik beackert, noch ein spannender Fall erzählt. Vor allem die skurrilen Szenen, die immer wieder eingebaut werden, lassen einen nur mit dem Kopf schütteln. Soll das witzig sein, wenn in der Rechtsmedizin der Ermittlerin das Auge der Leiche auf den Boden fällt? Wenn das John Cleese von "Monty Python" in einem Sketch passiert wäre, könnte man sicher lauthals lachen. Bei einem "Tatort", der offensichtlich ernst genommen werden will, wirken solche Ausfälle allerdings eher deplatziert.