Servus TV eingestellt: Der Bulle sieht rot
Gestartet wurde der Sender vor sieben Jahren. Seit 2011 kann er auch in Deutschland empfangen werden. Seitdem hat der Red-Bull-König Dietrich Mateschitz nach eigenen Angaben jährlich einen nahezu dreistelligen Millionenbetrag investiert. Nun stellt Servus TV überraschend seinen Betrieb ein.
Die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation lasse "keine wirklich positive Entwicklung erwarten", heißt es in einer Mitteilung. Der Sender sei für das Unternehmen "wirtschaftlich untragbar" geworden. "Wir haben uns der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes entsprechend entschlossen, den Betrieb von Servus TV einzustellen. Die Veränderungen am globalen Medienmarkt bestärken uns in dieser Entscheidung, weil digitale Angebote die klassischen, linearen Programme verdrängen."
Diese Begründung wirkt auf den ersten Blick nachvollziehbar: Die Marktanteile von Servus TV bewegen sich seit dem Start im Bereich von ein bis zwei Prozent. Aber das könnte Mateschitz eigentlich egal sein: Laut Forbes wird sein Vermögen auf 9,2 Milliarden US-Dollar geschätzt, womit er als reichster Österreicher gilt. Red Bull ist bekannt für geschicktes Marketing und das Sponsoring von unzähligen Sportarten vom Fußball bis zur Formel 1.
Gründung eines Betriebsrats schuld am Aus des Senders?
Mitarbeiter des Senders bezweifeln den öffentlich kommunizierten Grund, Servus TV sei wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Nach Informationen österreichischer Zeitungen habe sich Mateschitz über die beabsichtigte Gründung eines Betriebsrats geärgert. Das berichten die Wiener Tageszeitung Kurier und die Salzburger Nachrichten übereinstimmend.
Dem autokratischen Brausekönig sei der Kragen geplatzt, als er von der geplanten Online-Abstimmung über die Gründung einer Arbeitnehmervertretung erfahren habe. "Eine Umwandlung von Servus TV in einen zweiten ORF, der von Betriebsräten geführt wird, akzeptiert Mateschitz sicher nicht", so ein Insider.
Servus TV gehört zur Red Bull Media House GmbH, einer Tochterfirma der Red Bull GmbH. Er ging 2009 aus dem Regionalsender SalzburgTV hervor. Servus TV zeigte einen Mix aus Dokus, Talkshows und zeitweise Übertragungen der Deutschen Eishockey Liga.
"Servus TV" wurde schnell für aufwendige Wissenschafts- und Naturdokumentationen bekannt. Für seine Diskussionsrunden im "Hangar 7", dem futuristischem Gebäude nahe dem Salzburger Flughafen inmitten historischer Flugzeuge, Helikopter und Formel-1-Rennwagen, kaufte sich Mateschitz auch deutsche Verstärkung ein: Tita von Hardenberg ("Polylux") führte wie der Literaturkritiker Hellmuth Karasek oder der ehemalige Moderator des ZDF-"heute-journals", Ruprecht Eser durch die Diskussionsrunden.
Das überraschende Aus kommt gerade einmal drei Wochen nach einem Umbau des Senders
Die Zuständigen legten großen Wert auf den Alpenraum. Vielen bekannten Namen aus Medien, Kultur und Schauspiel gab der medienscheue Milliardär eigene Sendungen. Schauspieler Harald Krassnitzer begab mit "In Vino Veritas" auf die Spuren des Weines. Ziel von Mateschitz soll es gewesen sein, einen Sender mit hohem qualitativen Anspruch ohne Quotendruck wachsen zu lassen.
Erst vor drei Wochen hatte Mateschitz den Sender umgekrempelt. Der Geschäftsführer schied überraschend aus, auf ihn folgte der Salzburger Ferdinand Wegscheider als alleiniger Senderchef. Der frühere Burgtheater-Direktor und interimistische Servus-Programmchef Matthias Hartmann soll sich künftig im Red Bull Media House um Programmentwicklung kümmern. Gleichzeitig wurde die neue Senderreihe "Heimatleuchten" für den Freitagabend eingeführt, zudem sicherte man sich die Rechte an der österreichischen Eishockeyliga für drei weitere Spielzeiten.
"Tränen flossen, Schock in den Gesichtern"
Wie Mitarbeiter dem Kurier berichteten, sei Senderchef Ferdinand Wegscheider am Dienstag vormittag mit zittriger Stimme vor die Mitarbeiter getreten. Er habe verkündet, dass der Sender vom Netz gehe und alle bereits beim Arbeitsamt gemeldet seien.
Betroffen sind rund 294 Personen. "Tränen flossen, Schock in den Gesichtern. Viele sind extra hierher gezogen, haben in Wien alles aufgegeben, um in Salzburg zu leben", zitiert der Kurier eine Mitarbeiterin. Eine Redakteure, die ihren Namen nicht nennen wollte, erzählte der Zeitung, dass die Stimmung vor Ort katastrophal sei.
Für die Mitarbeiter kam die schlechte Nachricht völlig überraschend. Mateschitz habe der Mannschaft vor drei Wochen nach langer Zeit wieder einen Besuch abgestattet und einige Formate kritisiert. Im gleichen Atemzug habe er aber versichert, dass kein Job gefährdet sei.
Wann der Stecker defintiv gezogen wird, blieb offen: "Der Sendebetrieb wird bis auf weiteres uneingeschränkt weiter laufen", schreibt Servus TV. Das Printmagazin "Servus in Stadt und Land" sei von der Maßnahme nicht betroffen.
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