Interview

Senta Berger über das Finale von "Unter Verdacht"

Am Samstag beendet Senta Berger nach über 17 Jahren die Reihe „Unter Verdacht“ mit einem angemessen schwermütigen Finale
von  Volker Isfort
Senta Berger als Eva Maria Prohacek in ihrem ersten Fall 2002.
Senta Berger als Eva Maria Prohacek in ihrem ersten Fall 2002. © ZDF

"Und, bist froh, dass du’s los bist, die oide Kachl?“ Wenn die Kollegen der eigenen Pensionierung derart herzlich entgegensinnen, hat man vermutlich sehr viel richtig gemacht als interne Ermittlerin der Polizei. Seit mehr als 17 Jahren spielte Senta Berger die in München beheimatete Kriminalrätin Eva Prohacek, eine jedweder Zuneigung abgeneigte Wadlbeißerin, nüchtern und unbestechlich wie ein Aktendeckel.

Am letzten Tag vor ihrer Pensionierung wird Eva Prohacek mit dem Selbstmord eines Polizisten konfrontiert. Schuld an dessen Liebeskummer war seine Ex-Geliebte, die junge Beamtin Sarah Weiss (Julia Franz Richter). Prohacek erkennt sie nicht sofort. Auch nicht ihren Bruder Lukas (Anton Spieker), der in Giesing ein verblüffend weitläufiges Oldtimer-Atelier betreibt.

Dann fällt es ihr wie Schuppen von den Augen: Die beiden sind die Waisen ihrer bei einem fingierten Hausbrand gestorbenen Mutter. Es war vor bald 20 Jahren Prohaceks erster Fall als Kriminalrätin für interne Polizeiangelegenheiten. Sie hat ihn nicht vollständig lösen können. Der Tod der Mutter blieb ungesühnt.

„Evas letzter Gang“ greift diesen Fall auf.

AZ: Frau Berger: „Unter Verdacht“ hat 17 Jahre lang und über 30 Folgen ein sensationell hohes Niveau gehalten – wie groß war dabei Ihr Einfluss auch auf die Drehbücher?
SENTA BERGER: Wir waren immer bemüht, gemeinsam die Themen zu finden, die unmittelbar unsere Zeit, unsere Gesellschaft betreffen. Die Bücher sind in den verschiedenen Fassungen diskutiert worden, von den Autoren, der Produktion, der Redaktion und mir. Mein Beitrag war hauptsächlich, an der Sprache der Prohacek zu arbeiten. Wie spricht diese Frau? Das wusste ich bald genau und war dankbar für die Freiheit, Dialoge ausprobieren zu können.

Wie darf man sich die Stimmung am Set vorstellen, als dann endgültig Schluss war – ein bisschen wehmütig?
Es war ein schon lange angekündigter Abschied. Vor etwa zwei Jahren habe ich meinen Entschluss zuerst mit meinen beiden Kollegen Gerd Anthoff und Rudolf Kraus diskutiert. Wir fanden die Entscheidung richtig, zu einem Zeitpunkt aufzuhören, wenn „Unter Verdacht“ noch immer erfolgreich und beliebt ist. 30 Folgen erschien uns eine gute Zahl, um sich zu verabschieden. Das war alles recht vernünftig, aber am letzten Drehtag war gar nichts mehr vernünftig! Wir lagen uns alle in den Armen, mit Lachen und Weinen, haben noch einmal geschworen, dass wir uns nicht aus den Augen verlieren werden, haben Adressen ausgetauscht wie Kinder im Ferienlager am letzten Tag.

Haben Sie die Eva Prohacek mit der letzten Klappe vollständig abgelegt?
Ja. Ich denke gerne an die Arbeit zurück. Aber ich schließe ein Kapitel meines Lebens.

War die Eva Prohacek Ihre letzte Serienrolle?
„Unter Verdacht“ war eine Reihe. Das ist ein großer Unterschied zu einer Serie. Man kann in 90 Minuten ganz anders erzählen, als in 45. In einer Serie zu spielen, kann ich mir heute nicht vorstellen, - aber mal sehen, was alles noch auf mich zukommt….

Schauen Sie sich am Samstag bei „Evas letzter Gang“ zu?
Ich weiß nicht, ob ich es aushalte. Mir fehlt die Distanz zu mir.

Sie haben ja unglaublich viele Filme gedreht, etwa in der Edgar-Wallace-Reihe. Schauen Sie sich denn noch alte Filme mit Senta Berger an?
Sehr alte Filme schon. Das ist ja ein Vergnügen. Aber Filme, die so zehn Jahre zurückliegen, ungern. Filme aus den 60ern schaue ich mir unbedingt an. Ich finde es rührend. Im Heimatkanal bringen sie immer wieder „Diesmal muß es Kaviar sein“ und „Es muß nicht immer Kaviar sein“. Und ich bin fasziniert – von allem. Wie ich mich bewege – schlecht. Meine Stimme – zu hoch. Das Österreichische kommt immer durch. Was ich mache – zu viel. Einmal spielte ich eine Französin – so habe ich mir Französinnen vorgestellt. Es rührt mich zutiefst.

Ihre ganze Familie ist im Filmbusiness involviert, das nun durch das Virus lahmgelegt ist. Sind Sie auch von Drehabsagen betroffen?
Ja. Der Drehbeginn zu dem Kinofilm „Oskars Kleid“ hätte am 20. März beginnen sollen. Ich spiele die Mutter von Florian David Fitz, der auch das Drehbuch geschrieben hat. Eine ganz besondere Geschichte. Der Film ist verschoben, aber auf wann? Niemand weiß es. Alle Freiberufler hängen in der Luft, sie arbeiten immer ohne Netz. Ich hoffe, dass die staatlichen Hilfen auch bei allen Gewerken ankommen, die beim Film arbeiten.

ZDF, Samstag, 20.15 Uhr

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.