Planwirtschaft im Internet

Hinterbänkler fordern ein Staats-Google und ein EU-Facebook – eine gruslige Vorstellung
von  Robert Braunmüller
Die Ausspähung von Facebook & Co. durch US-Geheimdienste schürt Ängste. Doch es war schon immer klar, dass eine Mail so geheim wie der Inhalt einer Postkarte ist.
Die Ausspähung von Facebook & Co. durch US-Geheimdienste schürt Ängste. Doch es war schon immer klar, dass eine Mail so geheim wie der Inhalt einer Postkarte ist. © dpa

Am Wochenende forderte der Münchner CSU-Mann Hans-Peter Uhl ein nationales Facebook und ein deutsches Google, gern auch europäisch und subventioniert. Damit will er der Ausspähung durch den US-Geheimdienst NSA und andere Neugierige ein Ende setzen.

Es ist der übliche Reflex eines Law-and-Order-Mannes. Ähnliche Ideen treiben auch den SPD-Mann Dieter Wiefelspütz um: „Wenn Washington die Marktmacht amerikanischer Unternehmen in der Internetbranche missbraucht, dann müssen wir angemessene Alternativen schaffen.“ Auch er schlägt „europäische Angebote“ vor, um Prism am Mitlesen zu hindern.

Markige Worte. Aber zittern nun Silicon Valley und die National Security Agency wirklich? Kaum. Denn das Beispiel De-Mail ist abschreckend genug. Nie gehört, obwohl Sie ins Netz gehen? De-Mail ist die innenministeriell approbierte und angeblich fälschungssichere Alternative zur Mail. Sie ist zur Kommunikation mit Behörden gedacht ist – als elektronisches Einschreiben. Allerdings hatte bisher noch niemand Lust darauf, im Streitfall die Rechtsgültigkeit dieser Kommunikationsform vor Gericht feststellen zu lassen.

Es gibt übrigens auch noch den genauso wenig genutzten E-Postbrief, den das staatsnahe Unternehmen in Konkurrenz zu De-Mail entwickelt hat. Und weil eine Staats-Mail naturgemäß auch schlapphuttragende Staatsorgane anlockt, darf man ihr mit einem gewissen Misstrauen begegnen. Das Postgeheimnis – es war einmal.

Google und Facebook sind heute Riesenunternehmen, die ganz klein an Universitäten begonnen haben. Sie wurden groß, weil sie nicht von Bürokraten und Bedenkenträgern bis zur letzten Bananenkrümmung durchgeplant wurden. Ein Staats-Google und ein EU-Facebook, subventioniert und gemanagt in Brüssel nach dem Vorbild der Planwirtschaft: eine ziemlich gruslige Vorstellung.
Die Politiker und das Internet – das wird erst was, wenn Digital Natives wie Uhl und Wiefelspütz verdrängen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.