Newtopia: Verwirrender Suff-Auftritt von Produzentin
Berlin/München - Die Macher der Sat.1-Show "Newtopia" haben die Sendung im Vorfeld als größtes bisher dagewesenes TV-Experiment angepriesen. Was genau in der Show passieren wird, wisse man nicht. Denn: Alles läuft ohne Drehbuch ab, nichts ist gescriptet und Regieanweisungen für die 15 Pioniere, die eine autarke Gesellschaft in ihrem Camp entwickeln sollen, würde es auf keinen Fall geben – so das Versprechen von Sat.1 und der beauftragten Produktionsfirma Talpa.
In der Nacht von Sonntag auf Montag kam es in Newtopia allerdings zu einem Vorfall, nach dem sich viele Zuschauer fragen: Wollen die uns für blöd verkaufen?
Auslöser für den aktuellen Newtopia-Skandal ist der Auftritt von Jacqueline Boßdorf, Executive Producerin der Newtopia-Produktionsfirma Talpa, die um 2 Uhr morgens betrunken in die Scheune rumpelte und in einem Redeschwall über den Ablauf der Sendung lamentierte. Sehr zum Missfallen von Sat.1 zeichnete die Kamera über dem Tisch in der Scheune das nächtliche Gespräch auf und übertrug das ganze als Livestream ins Internet.
Gleich zu Beginn ihres Auftritts entschuldigt sich Boßdorf dafür, dass sie betrunken ist. Mit dabei hat sie einen Kasten Bier, das eigentlich geltende Rauchverbot in der Scheune wird aufgehoben. Sie möchte mit den Pionieren reden, da sich am Sonntagabend bei vielen der Teilnehmer Unmut breit machte.
Offenbar gab es Verwirrung bei den Kandidaten, weil am Sonntagabend vier der insgesamt 15 Pioniere für fast eine Stunde lang in den Technikraum gerufen wurden. Die Producerin klärt auf: Die ausgewählten Kandidaten haben im Technikraum Regieanweisungen bekommen. Die Sendung verliere an Fahrt, die Zuschauer wünschten sich große Projekte bei Newtopia. Der Wunsch der Produzenten: Die vier eingeweihten Pioniere sollten in der nächsten Diskussionsrunde den Vorschlag machen, die Kühe zu verkaufen und stattdessen ein Newtopia-Restaurant zu eröffnen. Es sei ein Fehler gewesen, nicht alle Newtopianer in das Vorhaben einzuweihen, so Boßdorf.
Newtopia wird zu Faketopia
Spätesten jetzt beginnt der "reality"-Schein von Newtopia stark zu bröckeln. In dem etwa einstündigen Suff-Auftritt vor laufender Kamera demontiert die Producerin das Sat.1-Format. Nichts sei gescriptet? Falsch! Es gäbe keine Anweisungen der Regie? Falsch! Die Produzenten nähmen keinen Einfluss auf den Sendungsablauf? Falsch! Auf Twitter lassen Newtopia-Fans unter dem Hashtag #Faketopia seit Montagmorgen ihrem Ärger freien Lauf.
Ein Audio-Mitschnitt der Besprechung ist auf der Seite des Branchendienstes "DWDL" dokumentiert.
Im weiteren Gespräch unterhält sich die Runde über die Einflussnahme der Produktion auf den Ablauf bei „Newtopia“. Durch diese Manipulationen sei bei ihr das Vertrauen in die Produktion verloren gegangen, klagt die Kandidatin Conny. Boßdorf versucht zu beschwichtigen. Sie stehe immer auf der Seite der Pioniere und verteidige sie gegenüber Kritik. Nochmal zu dem geplanten Restaurant: das sei übrigens auch der ausdrückliche Wunsch von John de Mol, Produzent von Talpa. Den Vorteil von diesem Projekt sieht die angetrunkene Producerin unter anderem darin, dass die Kandidaten Steffen und Tatjana nicht mehr so nutzlos sein würden.
Mittlerweile hat sich ein weiterer Talpa-Mitarbeiter an den Scheunentisch gesetzt. Während Boßdorf über Shitstorms der Zuschauer und ihren nervenraubenden Job lamentiert, scheint die Regie bemerkt zu haben, dass das Gespräch von der 360-Grad-Kamera über dem Tisch aufgezeichnet wurde und über den Livestream mitzuverfolgen war. Daraufhin wurde der Ton abgeschaltet.
Am Montagmorgen äußerte sich Sat.1 über Facebook zu dem Vorfall in der Scheune.
SAT.1 sagt Entschuldigung! Heute in der Nacht war eine Mitarbeiterin der "Newtopia"-Produktionsfirma Talpa Germany...
Posted by Newtopia on Monday, April 13, 2015
Ob dieser Suff-Auftritt im Sinne von Sat.1 war oder nicht: Die Glaubwürdikeit von Newtopia ist seit Sonntagabend endgültig dahin. Der Markenkern der Sendung ist verloren gegangen. Bereits im Vorfeld gab es Zweifel am "reality"-Charakter des TV-Experiments. Manche Fans munkeln nun sogar, es habe sich bei dem Auftritt von Boßdorf um eine geplante Aktion von Sat.1 gehandelt. Schließlich müsse man den sinkenden Einschaltquoten der Sendung irgendwie Einhalt gebieten.