Naidoo beim ESC: "Unfassbare Fehlentscheidung"

Xavier Naidoo soll Deutschland beim Eurovision Song Contest in Stockholm vertreten. Das Publikum ist nicht gefragt worden. Da der Sänger als Anhänger von Verschwörungstheoretien gilt, gibt es Kritik.
von  Christof Bock
Dieser Weg wird kein leichter sein: Xavier Naidoo bei einem Auftritt in Mannheim.
Dieser Weg wird kein leichter sein: Xavier Naidoo bei einem Auftritt in Mannheim. © dpa

Berlin  - Die ARD schickt den umstrittenen Sänger Xavier Naidoo für Deutschland zum Eurovision Song Contest (ESC) 2016. Das deutsche Publikum ist an der Auswahl dieses Mal nicht beteiligt gewesen. Die Zuschauer dürfen bei der Show "Unser Song für Xavier" am 18. Februar nur noch über das Lied abstimmen, mit dem der 44-Jährige Künstler in Stockholm ins Rennen gehen soll.

Naidoo war in der Öffentlichkeit mehrmals mit provokanten Äußerungen aufgefallen. Kritiker werfen dem Mannheimer mit indischen und afrikanischen Wurzeln eine Nähe zu Verschwörungstheorien vor.

"Xavier Naidoo ist weder rechtspopulistisch noch homophob oder antisemitisch", sagte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber. Die Entscheidung stieß in sozialen Netzwerken auf heftige Kritik.

 

"Der erste Kandidat mit eigener Gegendemo"

Schreiber verteidigte auf eurovision.de das Vorgehen: "Zum einen wollen wir die Auswahl der Lieder stärker in den Vordergrund stellen und weniger die Sympathien für einzelne Kandidaten entscheiden lassen. Zum anderen haben wir jemanden gesucht, der im Jahre sechs nach Lenas Sieg in Oslo den Mut hat, in Stockholm anzutreten – nach einem letzten Platz und null Punkten beim ESC in Wien."

Deutschland hatte zuletzt Titelverteidigerin Lena Meyer-Landrut ohne vorheriges Votum zum ESC 2011 in Düsseldorf geschickt. 2015 war Deutschland mit null Punkten auf dem letzten Platz gelandet.

Bei Twitter häuften sich nach Bekanntwerden der Entscheidung die kritischen Äußerungen. "Naidoo wird der erste ESC-Kandidat mit eigener Gegendemo bei der NDR-Übertragung auf dem Spielbudenplatz", schrieb Nutzer Mithos09. "Naidoo zum ESC zu schicken ist konsequent in Zeiten von Pegida", hinterließ User Lars Oberg. Nutzer Duesselsimon twitterte: "Mit seinen Ansichten ist der Mann einfach nicht tragbar. Hat sich damit jemand auseinandergesetzt?"

 

"Wir sind nicht frei, wir sind ein besetztes Land!"

Die NDR-Satiresendung "extra3" ätzte in Anspielung auf Äußerungen des Bundesinnenministers: "Warum ausgerechnet Xavier Naidoo Deutschland vertritt? Ein Teil dieser Antwort würde uns ganz sicher verunsichern!"

Auch ARD-Mitarbeiter üben Kritik: "Haarsträubende Fehlentscheidung", meint Korrespondent Arnd Henze.

Mehrmals hat Naidoo Diskussionen ausgelöst – etwa, als er am Tag der Deutschen Einheit vor rechtspopulistischen sogenannten Reichsbürgern sprach, die Deutschland nicht als souveränen Staat anerkennen.

2011 hatte er in der ARD erklärt: "Wir sind nicht frei. Wir sind immer noch ein besetztes Land." 2012 sorgte der Text des Liedes "Wo sind" von Naidoo und Kool Savas für Ärger. Dort geht es in sehr vulgärer Sprache um Kindermorde, Homosexuelle werden mit Pädophilen gleichgesetzt.

 

"Ich will zeigen, wofür ich stehe – für Liebe, Toleranz, Miteinander"

Naidoo, der vielen Zuschauern aus den TV-Shows "The Voice of Germany" und "Sing meinen Song" bekannt ist, äußerte große Vorfreude: "Ich hab richtig Lust auf den ESC! Dieser völkerverbindende Wettbewerb ist für mich etwas ganz Besonderes. Und klar, ich trete an, um das Ding nach Hause zu holen."

Er kündigte an: "Ich verspreche, so schön und so gut zu singen wie noch nie in meinem Leben. Ich will in den drei Minuten auf der Bühne zeigen, dass wir auch in Deutschland Musik mit Leidenschaft machen. Und zeigen, wofür ich stehe – für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander", sagt Naidoo.

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