München-Tatort "Wüstensohn": AZ-Kritik von Ponkie
Die Zeitgeistmaschine des Tatort-Genres lässt ihre Traditionsprodukte in vielen Giftfarben schillern. In der Münchner Variante verwandelt sich der Tatortkrimi in ein Mentalitäts-Gruselstück. „Der Wüstensohn“ (B: Alexander Buresch, Matthias Pacht, R: Rainer Kaufmann, ARD/BR) ist ein Experiment über den Stellenwert von Gewalt: als Hammer im Kopf oder als Munition in der Pistole. Die legale Dienstpistole scheidet hier aus, denn der Wüstensohn ist ein „Prinz“ und verfügt über einen Diplomatenpass. Für den Einzelbedarf beschäftigt er Honorarmörder.
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Das mobilisiert in den Kommissaren Batic und Leitmayr (Miroslav Nemec , Udo Wachtveitl) einen abgebrühten Sarkasmus, weil sie dem Diplomatenbürscherl nicht beikommen können: Der Papa Scheich in seinem reichen Emirat treibt einen lukrativen Handel mit der Bundesrepublik und die bayrische Staatskanzlei hält ihre schützende Hand über ihn. Der hartgesottene Abgrundwitz, mit dem Batic und Leitmayr ihrem Erfahrungs-Rassismus Luft machen, hat konkrete Anlässe: Der Prinz betreibt einen Teppichladen als Tarnung für Drogenhandel und Waffengeschäfte. Beleidigungen wie das Ablehnen von Bestechungsgeschenken (teure Seidenteppiche!) werden am Personal geahndet. Der Zynismus, den Batic und Leitmayr angesichts der superteuren, verkehrswidrig rasenden Schnösel-Autos und den korrupten Zocker-Amigos in ihrem Unterbewusstsein ansammeln, fördert den Reifegrad der Münchner Kripo-Kumpane: Sie dürfen sich neben diesem Edel-Gesox so richtig als die Guten fühlen.
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