Leah Remini: "Ich habe keine Angst vor Scientology"
Leah Remini (48) ist längst nicht mehr nur der Star aus der Kult-Comedyserie "King of Queens". Die Schauspielerin ist heute einer der größten Gegner von Scientology. 35 Jahre lang war sie Mitglied in der Religionsgemeinschaft. 2013 verließ sie Scientology und kämpft seither leidenschaftlich gegen sie an. In der Emmy-prämierten Doku-Reihe "Leah Remini - Ein Leben nach Scientology" (heute um 21:50 Uhr und nächste Woche Montag bis Freitag ab 12:55 Uhr, jeweils auf A&E), erhebt sie ihre Stimme gegen die Organisation und lässt ehemalige Mitglieder und Insider zu Wort kommen.
Am Sonntag, den 18. November, zeigt A&E um 23:20 Uhr als deutsche TV-Premiere im Rahmen der Themenwoche "Twisted Faith - Macht und Manipulation" ein zweistündiges Doku-Special der Reihe. Gemeinsam mit Mike Rinder (63), über 20 Jahre internationaler Sprecher von Scientology, beleuchtet sie darin die Zeugen Jehovas. Wie sich diese von Scientology unterscheiden und wie sehr Remini noch heute von Scientology bedroht wird, erzählt sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
Ihre Show "Leah Remini: Ein Leben nach Scientology" geht bereits in die dritte Staffel. Hat Sie dieser Erfolg überrascht?
Leah Remini: Ja, ich war sehr überrascht. Ich hatte die Befürchtung, dass die Leute sagen würden: "Ach, das ist etwas, das mich nicht betrifft. Ich würde niemals Scientology beitreten." Schließlich gibt es viele Vorurteile in den Köpfen, viele haben eine vorgefertigte Meinung. Wir haben sehr hart gearbeitet, um den Zuschauern zu zeigen, was das für Menschen sind, welche Beweggründe sie haben. Viele, die Scientology beitreten, sind davon überzeugt, dass sie sich damit nicht nur selbst helfen, sondern auch Gutes tun. Dass sie sogar die Welt retten. Und Scientology füttert sie in dem Glauben, indem sie behaupten, einzig und allein die Antwort auf alle Fragen der Menschheit, wie etwa Krankheiten, zu kennen.
Und dafür zahlen die Mitglieder jede Menge Geld...
Remini: Ja, der Unterschied zwischen Scientology und anderen Religionen ist: Scientology kostet eine Menge Geld. Hunderttausende Dollar für jedes Mitglied. Du musst schon bezahlen, um überhaupt Mitglied zu werden. Dann heißt es verschiedene Kurse zu belegen, die natürlich ebenfalls alle bezahlt werden müssen. Tagtäglich verbringt jedes Mitglied mindestens zweieinhalb Stunden mit der Organisation. Scientology basiert auf den Schriften und Richtlinien von Ron L. Hubbard. Eine dieser Richtlinien besagt, wenn sich jemand gegen Scientology wendet, musst du ihn zerstören. Können Sie sich eine Kirche vorstellen, die so etwas tut?
In einem Special zur Show beleuchten Sie auch die Zeugen Jehovas.
Remini: Ja, wir wurden darum gebeten. Wir hatten uns das nicht selbst überlegt. Es gab eine überwältigende Anfrage, ja sogar eine Petition, damit wir uns auch den Zeugen Jehovas widmen. Sie haben sehr ähnliche Praktiken und Strukturen wie Scientology. Was wir sahen, war einmal mehr absolut verheerend. Diese Menschen wollen in erster Linie einfach wirklich und wahrhaftig an etwas glauben. Sie wollen gesagt bekommen, was und wie sie zu denken haben. Auch ich war einmal so, deshalb verstehe ich das. Auch bei den Zeugen Jehovas gibt es Richtlinien, wie etwa der Umgang mit ehemaligen Mitgliedern oder die Ablehnung von Bluttransfusionen im Krankheitsfall. Sie lassen eher ihr eigenes Kind sterben, als ihm die lebensrettende Transfusion zu geben. Jeder kann glauben, was er will. Aber wenn andere Menschen, oder sogar deine eigenen Kinder verletzt werden, dann sollte man seinen Glauben wirklich hinterfragen.
Welchen Rat geben Sie den Menschen, die einen Ausweg suchen?
Remini: Sie brauchen unbedingt Unterstützung. Viele sind etwa in ihrer eigenen Familie gefangen, weil die Eltern der Sekte angehören. Sie sehen meist keinen Ausweg, weil sie nirgends hingehen können. Aber es gibt Menschen und Organisationen da draußen, die helfen können. Aber sowohl die Scientologen als auch die Zeugen Jehovas haben davon keine Ahnung. Sie informieren sich nicht im Internet, sie sehen unsere Show nicht. Ihnen wird eingebläut, dass wir der Teufel sind, dass wir ihnen nur Schlechtes wollen. Aber das wollen wir nicht. Wir wollen, dass sie frei sind und auf sich selbst achten. Man muss nicht glauben, was wir sagen. Man muss nur auf sich selbst hören.
Sie selbst haben vor fünf Jahren Scientology verlassen. Werden Sie auch heute noch von den Mitgliedern attackiert?
Remini: Ja, wie bereits erwähnt, gibt es die Richtlinie, dass alle, die sich von Scientology abwenden, zerstört werden müssen. Wir werden attackiert, diskreditiert und eingeschüchtert. Das erfahre ich bis heute jeden einzelnen Tag, genauso wie viele andere Menschen auch.
Wie bedroht fühlen Sie sich in Ihrem alltäglichen Leben?
Remini: Ich fühle mich nicht bedroht und ich habe auch keine Angst. Scientology verfährt so schon seit vielen Jahrzehnten und kommt immer wieder damit durch. Sie können mir das meinetwegen jeden Tag und jede Nacht antun, es kümmert mich nicht. Was mich interessiert sind die Menschen, die niemanden haben, niemanden, dem sie ihre Geschichte erzählen können. Sie müssen ihr Leben weiterführen, während sie von Scientology bespitzelt und bedroht werden. Töchter dürfen zum Beispiel nicht mehr mit ihren Müttern sprechen. Ex-Mitglieder werden bei ihren Vorgesetzten diskreditiert, damit sie ihren Job verlieren. Das passiert tagtäglich mit Scientology.
Glauben Sie, dass es irgendwann einmal ein Ende für Scientology gibt?
Remini: Ja, wir müssen einfach noch mehr Geschichten erzählen und sie öffentlich machen. Wir müssen Menschen die Sicherheit geben, damit sie ihre Geschichten überhaupt erzählen können. Wenn wir als Gemeinschaft die Machenschaften von Scientology aufdecken, ermittelt vielleicht bald auch das FBI. Oder die IRS (Bundessteuerbehörde der USA) hinterfragt die Steuerbefreiung für Scientology. Scientology gibt Millionen von Dollar im Jahr aus, um Menschen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. All die Menschen, die Scientology engagiert, um Ex-Mitglieder einzuschüchtern, sollten sich schämen, dafür Geld zu nehmen.
Warum sind auch viele Stars Anhänger von Scientology?
Remini: Eigentlich sind es im Vergleich sehr wenige. Scientology versucht gezielt, Prominente für sich zu gewinnen, damit sie über Scientology reden. Da geht es in erster Linie nicht unbedingt ums Geld. Denn alle Scientologen bezahlen das Gleiche. Einen Star kostet Scientology genauso viel wie jedes andere Mitglied auch. Die Extra-Spenden, die Stars machen, sind etwas gänzlich anderes. Insgesamt verfügt Scientology über drei Milliarden Dollar.
Woran glauben Sie heute, glauben Sie an Gott?
Remini: Ich habe immer an Gott geglaubt, musste das aber bei Scientology verheimlichen. Ich wurde als Baby katholisch getauft, mein Vater war Katholik.
Feiern Sie mittlerweile Weihnachten?
Remini: Ja, aber das tun auch die Scientologen. Sie feiern es nur nicht aus religiösen Gründen.
Wie geht es mit Ihrer Schauspielkarriere weiter? Ist nach dem Aus von "Kevin Can Wait" mit Ihrem "King of Queens"-Kollegen Kevin James eine neue Serie geplant?
Remini: Ich möchte jetzt erstmal eine Pause einlegen. Meine Show nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ich liebe Comedy, aber ich möchte nur noch mit Kevin arbeiten. Das letzte Jahr mit Kevin war das Beste meines Lebens. Ich möchte Spaß bei der Arbeit haben und nicht nur drehen, um beschäftigt zu sein. Deshalb habe ich auch "Manhattan Queen" gedreht. Da stand ich mit meiner guten Freundin Jennifer Lopez vor der Kamera. Das hat wirklich Spaß gemacht und es ist wirklich ein süßer Film. Doch im Fokus steht weiterhin meine Show, da sie mir einfach unheimlich viel bedeutet.
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