Kult-Omi Renate Bergmann will Philipp Lahm füttern
Renate Bergmann ist 82 und begeistert mit ihren Twitter-Nachrichten inzwischen über 22.000 Follower. Jetzt hat die Rentnerin auch ihr erstes Buch "Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker" veröffentlicht. Dass Renate Kontakt bis in den Bundestag hat und Philipp Lahm am liebsten mit Pausenbroten versorgen würde, verrät ihr Erfinder Torsten Rohde im Interview.
"Die Meiser hatte Herrenbesuch über Nacht. Wenn man sich über das Geländer beugt, kann man Männerschuhe auf dem Balkon sehen" - nur einer von vielen Tweets, in denen Deutschlands berühmteste Online-Omi Renate Bergmann über ihre Nachbarin lästert. Auch all ihre anderen Erlebnisse teilt die 82-Jährige, die schon vier Männer begraben musste, via Twitter mit ihren über 22.000 Followern. Jetzt gibt es die Geschichten der rüstigen Rentnerin über "Händi" und "Fäßbuck", Arztbesuche und Grabpflege auch in Buchform: "Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker: Eine Online-Omi sagt, wie's ist" (rororo, 224 Seiten, 9,99 Euro) heißt das Werk, das natürlich nicht Renate selbst verfasst hat, sondern ihr Erfinder Torsten Rohde. Im Interview mit spot on news verrät der 39-Jährige, dass Renate Kontakte bis in den Bundestag hat und welchen Nationalspieler sie gerne als Enkel hätte.
Sie haben gerade Ihr Buch "Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker" veröffentlicht und dabei offenbart, dass hinter Renate Bergmann eigentlich ein 39-jähriger Mann steckt. Wie waren die Reaktionen auf Twitter?
Torsten Rohde: Gespalten. Wobei es natürlich jedem klar war, dass die Figur Renate Bergmann ein Fake ist. Viele hätten aber auch gerne mit der Illusion weitergelebt.
Genau wie Renate Bergmann sind Sie Frühaufsteher. Gibt es sonst noch Gemeinsamkeiten?
Rohde: Nein, wir haben nicht viel gemeinsam. Das ist einfach eine Kunstfigur. Die hat nicht wirklich viel mit mir zu tun.
Ein Weihnachtsfest mit der Familie hat Sie auf die Idee mit Renate gebracht...
Rohde: Ja, das war ein typisches Weihnachtsfest mit Mutti und Tanten, geballte weibliche Lebenserfahrung, die einen nach zehn Minuten leicht nervt. Dann habe ich mich mit einem Freund über Whatsapp darüber ausgetauscht, der gerade in der gleichen Situation war. Irgendwie ticken ja die älteren Damen alle ein bisschen gleich...
Was sagt Ihre weibliche Verwandtschaft denn zum neuen Familienmitglied Renate?
Rohde: Die sind alle ganz stolz und begeistert von Renate. Meine Oma fährt jetzt mit dem Rollator durchs Dorf und verkauft meine Bücher. Am Dienstag war ich das erste Mal im Fernsehen und das hat sie sich auch ganz stolz angesehen. Anschließend wurde ich geknuddelt und geherzt.
Und alle Oma-Insider über richtige Putzmittel, Schürzen, Beerdigungen,... kommen aus Ihrer Familie?
Rohde: Ja, ich habe wirklich das Glück, dass ich in einer großen Familie aufgewachsen bin. Meine Omas waren immer um mich und ich habe das alles mitbekommen. Ansonsten gehe ich mit offenen Ohren und Augen durchs Leben.
Renates esoterisch veranlagte Tochter Kirsten ist Tier-Heilpraktikerin. Gibt es so jemanden auch in der Familie?
Rohde: Nein, die ist wirklich frei erfunden.
Sie haben als Controller eigentlich mit Zahlen zu tun. Da liegt das Schreiben nicht unbedingt nahe, oder?
Rohde: Das Schreiben ist das komplette Gegenteil zu meinem Job. Da ist weniger Fantasie gefragt. Die musste ich anders ausleben und der Twitter-Account von Renate hatte in kurzer Zeit einige tausend Follower. Schon damals gab es erste Presseanfragen. Das war mir allerdings zuerst nicht ganz geheuer. Es sollte ja nur ein Spaß sein. Im Mai vergangenen Jahres kam dann aber eine Literatur-Agentur auf mich zu - und nachdem ich in mich gegangen war und überlegt habe, ob ich das kann, habe ich das Projekt in Angriff genommen.
Was sagen die Kollegen zu Ihrer "Nebenbeschäftigung"?
Rohde: Ich habe das eigentlich ein bisschen unter der Decke gehalten. Jetzt merken Sie es natürlich zunehmend und nehmen es mit einem Schmunzeln auf.
Sarah Kuttner hat Renate via Twitter ja auch schon als Oma adoptiert. Gab es weitere Promis, die mit Renate in Kontakt getreten sind?
Rohde: Lange Zeit dachten tatsächlich viele, Sarah Kuttner würde hinter Renate stecken. Einige Politiker schreiben ab und zu, Petra Pau zum Beispiel, die Vizepräsidentin des Bundestags.
Welchen unserer Nationalspieler hätte Renate denn am liebsten als Enkel?
Rohde: Die Renate mag den Philipp Lahm sehr gerne. Dem würde sie am liebsten immer noch ein Pausenbrot mitgeben.
Sie selbst leben nicht in Berlin, wieso haben Sie Renate dort angesiedelt?
Rohde: Die ganze Geschichte war ja zunächst nicht als Projekt geplant. Irgendwann kamen aber dann Fragen auf wie "Wo leben Sie denn, Frau Bergmann?" In meine Kleinstadt, wo mich viele Leute kennen, wollte ich sie nicht verpflanzen. Deswegen habe ich mir Berlin ausgesucht. Als es dann daran ging, das Buch zu schreiben, habe ich mich ins Auto gesetzt und bin nach Spandau gefahren, um mir die Orte anzuschauen, über die ich schreibe.
Wie viel Zeit nimmt Renate Bergmann in Ihrem Alltagsleben in Anspruch?
Rohde: Normal läuft das nebenher, das sind drei bis vier Nachrichten, die ich jeden Tag schreibe, mehr nicht. Einfach Beobachtungen aus dem Alltag, die ich da einstreue.
Gibt es weitere Zukunftsprojekte mit Renate?
Rohde: Es gibt einige Ideen, die umherschwirren, aber noch nichts Spruchreifes. Erst mal bin ich gespannt, wie das Buch ankommt.
Sie sind 39. Denken Sie schon an Ihr eigenes Rentner-Dasein? Ist Renate ihr Vorbild?
Rohde: Wenn ich mal Rentner bin, möchte ich schon so sein wie Renate. Mit beiden Beinen im Leben stehen und immer noch an allem teilhaben. Ich finde es schade, dass viele ältere Menschen vereinsamen.