Kritik zum Dresden-Tatort "Das kalte Haus": Fest in der Hand der Frauen
Achtung, Spoiler! Diese TV-Kritik gibt mehr oder weniger konkrete Hinweise auf die Handlung und das Ende des Dresdner "Tatort: Das kalte Haus". Wenn Sie nichts verraten bekommen wollen, warten Sie mit der Lektüre des Textes, bis Sie den Film gesehen haben (Das Erste, 06.06.2022, 20.15 - 21.45 Uhr und in der ARD-Mediathek).
In dem sehr guten James-Bond-Film "In tödlicher Mission" aus dem Jahr 1981 war es noch der Papagei Max, der dem Geheimagenten sagen musste, wo er in Griechenland den Bösewicht suchen soll.
Der Papagei im smarten Home der Gegenwart ist im ebenfalls sehr guten Dresdner "Tatort: Das kalte Haus" der Sprachassistent. Und der hat hier einiges zu tun - übrigens ausschließlich im Dienst der Ermittlerinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und ihren zahlreichen Kolleginnen von der Spurensicherung, die in einer ebenso großen wie unheimlichen Villa nach einer verschwundenen Ehefrau (Amelie Kiefer) suchen. Der selbst für einen frisch verzweifelten Gatten sehr eigenartige Mann (Christian Bayer) tobt erst durch den Wald, dann durchs Haus und spielt irgendwann entnervt Golf auf seinem ausreichend großen Rasen im Garten.

Dresden-Tatort: Der Sprachassistent weiß Bescheid
Kurz vor Schluss jedenfalls kann Gorniak den Sprachassistenten einfach fragen, wo sie die Frau findet. Bis dahin geht es immer wieder: Licht an, Licht aus, Musik an, andere Musik an, Musik ganz aus. Immerhin, die Leute haben Geschmack: Bruce Springsteen wird auch gewünscht.
Zu Gorniaks Geburtstag um Mitternacht muss der Assistent im Auftrag des offenbar vollzählig in der Villa angetretenen Kollegiums "Happy Birthday" von Steve Wonder spielen, woraufhin die Ermittlungen sanft aus dem Ruder laufen. Da fehlt nur noch ein Stripper.
Und wer muss den wilden Haufen immer wieder zusammenhalten und ab und zu zusammenfalten? Peter Michael Schnabel (Martin Brambach), der natürlich einerseits Vorgesetzter ist, aber eben doch auch Mensch - und sich als begeisterter Fan der Verschwundenen erweist. Die hat als - wir wissen es bald: gar nicht glückliche - "Glückssucherin" Lebenshilfe im Internet gegeben.
Dresden-"Tatort: Das kalte Haus" macht Laune, ohne Klischees aufzubrechen
"Das kalte Haus" (Buch: Christoph Busche und Anne Zohra Berrached, Regie: Anne Zohra Berrache) ist fest in der Hand der Frauen. Und wo echte Polizeikerle Bier trinken und Bratwurst essen, öffnen die Polizeikerlinnen alkoholfreien Piccolo und essen Kuchen dazu. Das hilft zwar auch nicht, Klischees aufzubrechen, macht aber gute Laune.
Weshalb dieser "Tatort" trotz seines Themas - toxische Männlichkeit mit viel Blut und viel Drama - erstaunlich unfinster ist. Gorniak und Winkler haben hier einen wirklich starken Auftritt in bester Buddy-Movie-Manier. Und die Spannung hält sich bis zum erhellenden Showdown am See.
Wir stellen uns vor, wie erleichtert der Sprachassistent am Ende aufatmet, wenn die Polizei das Gruselhaus verlassen und der Gute endlich wieder seine Ruhe hat. Und was spielt der Sprachasisstent nach all den Aufregungen, wenn er sich allein in der Villa wähnt? Truckstops "Take it easy, kaltes Haus".
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