Kein Platz mehr für die Literatur?

Der Widerstand gegen die Absetzung der Literatursendungen im Bayerischen Fernsehen wird lauter
Volker Isfort |
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Keine Volksmusik mehr auf Bayern1? Für viele undenkbar.
dpa Keine Volksmusik mehr auf Bayern1? Für viele undenkbar.

Der Widerstand gegen die Absetzung der Literatursendungen im Bayerischen Fernsehen wird lauter

Am Donnerstag wird der Rundfunkrat des Bayerischen Fernsehens wohl das Aus für die beiden Literatursendungen „Lido“ und „Lesezeichen“ beschließen. Das befürchtet Robert Stauffer, Autor und Übersetzer, der selbst im Rundfunkrat sitzt und dort der Minderheit der parteipolitisch Unabhängigen angehört. Nach seinen Informationen, die auch im letzten Fernsehausschuss diskutiert wurden, sind die beiden je 30 minütigen Sendungen nicht mehr Teil des neuen Programmschemas, das am 1. Januar 2016 eingeführt werden soll. Sie fallen – so der Stand der letzten Vorlage – einem Klassikformat und einem Talkformat zum Opfer.

Der Bayerische Rundfunk spricht zwar von einer Ausweitung von Berichten zur Literatur auch in die aktuellen Sendungen, konkret ist aber nur eine halbstündige Kultursendung mittwochs um 22.30 Uhr vorgesehen, in der die Literatur ein Thema unter vielen anderen sein könnte. Stauffer möchte dem Plenum daher vorschlagen, diese Reform noch einmal zu überarbeiten und erst am 8. Oktober zur Abstimmung zu bringen.

22 Millionen Euro muss der Bayerische Rundfunk 2016 einsparen, dafür hat Stauffer ganz konkrete Vorschläge: „Bei der Pervertierung einiger Sportdisziplinen, vor allem des Fußballs und mehrerer Wintersportarten, bei Olympischen Spielen, National- und Weltmeisterschaften, ist eine Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien schon weit über die Verpflichtung einer ,Grundversorgung“ hinaus, zu einer kräftigen und finanziellen, eigentlich korrupten Zuarbeitung zu Gunsten der Sportindustrie, resp. ihrer Manager, degeneriert“, schreibt er.

Dem Protest gegen die Einstellung der beiden einzigen Literatursendungen im Bayerischen Fernsehen haben sich mittlerweile der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der PEN-Club Deutschland und der Verband Deutscher Schriftsteller in Bayern angeschlossen. Dessen Vorsitzender Thomas Kraft beobachtet mit Sorge, „wie die letzten Bastionen der Literatur im Bayerischen Fernsehen“ geschliffen werden. „Alles hilft, was dem Minderheitenprogramm Literatur nützlich sein kann, wir brauchen als leises Medium die Bühne des Fernsehens“, erklärte er im „Deutschlandradio“.

Über 4000 Unterstützer hat die Online-Petition gegen die Absetzung der Literatursendungen in zwei Tagen gesammelt, darunter viele prominente Autoren und Verleger wie Doris Dörrie, Michael Krüger, Gert Heidenreich, Frank Schätzing, Sten Nadolny und Uwe Timm, Marcel Hartges, Jonathan Beck, Jo Lendle und Antje Kunstmann. Kraft ist sich sicher, dass sich der Rundfunkrat über den lauten Protest nicht so einfach hinwegsetzen kann: „Diese Maßnahme steht im Widerspruch zum Bildungs- und Kulturauftrag des von Gebührengeldern finanzierten Bayerischen Rundfunks.“
Die Sitzung am Donnerstag wird wohl nicht nur eine der emotionalsten, sondern auch eine der spannendsten in jüngster Zeit werden.   

 

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