Jörg Pilawa: "Ich bin ein schlechter Fernsehgucker"

Im Interview spricht Pilawa über "Wetten, dass..?", die Online-Petition gegen Lanz und er erklärt, warum seine Familie nicht gerne mit ihm fernsieht.
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Moderator Jörg Pilawa kehrt in die ARD zurück und präsentiert am 1. März die Quizshow "Einer wird gewinnen", die Moderatoren-Legende Hans-Joachim Kulenkampff einst präsentiert hatte. Im Interview spricht Pilawa über "Wetten, dass..?", die Online-Petition gegen Lanz und er erklärt, warum seine Familie nicht gerne mit ihm fernsieht.

Berlin - Moderator Jörg Pilawa (48, "Das Quiz mit Jörg Pilawa") ist am 1. März erstmals seit seinem Intermezzo im ZDF wieder im Ersten zu sehen. Mit der Quizshow "Einer wird gewinnen - das internationale Quiz mit Jörg Pilawa" (20:15 Uhr) moderiert er eine Hommage an Hans-Joachim Kulenkampff, der die Show von 1964 bis 1987 präsentiert hatte. Acht Prominente aus acht Ländern werden in der Sendung gegeneinander antreten, Ausschnitte von früher werden gezeigt und auch Familienmitglieder von Kulenkampff sind in der Show zu Gast. "Unser 'EWG' soll keine Neuauflage sein", verrät Pilawa im Interview. "Wir werden eine zeitgemäße schnelle Erzählweise haben: In der Zeit, in der früher zwei Quizfragen gestellt wurden, spielen wir heute bis zu 15". Mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht der Moderator außerdem über die Online-Petition gegen Markus Lanz und seine Absage als Nachfolger von Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass..?".

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Sind Sie nervös vor Ihrer Comeback-Show im Ersten?

Jörg Pilawa: Ich bin ein Verdränger (lacht). Rudi Carrell hat einmal gesagt, wenn man am Tag vor der Show nicht mehr nervös ist, soll man den Job an den Nagel hängen. Ich hebe mir die Nervosität also für den Tag vor der Sendung auf.

Es gab bereits einen gescheiterten Wiederbelegungsversuch mit Jörg Kachelmann. Ist das für Sie kein böses Omen?

Pilawa: Nein, überhaupt nicht. Wir verfolgen ein anderes Konzept. Damals versuchte man das Format wieder aufleben zu lassen, wir machen eine Hommage an Kuli. Das ist ein einmaliger Abend.

Warum gibt es Ihrer Meinung nach dennoch immer mehr Neuauflagen von alten Unterhaltungssendungen?

Pilawa: Es hat damit zu tun, dass TV-Erinnerungen immer positiv besetzt sind. Früher war im Fernsehen alles besser (lacht). Die Neuauflage von "Dalli Dalli" mit Kai Pflaume funktioniert nur deshalb, weil "Dalli Dalli" für die damalige Zeit ein modernes, sehr schnelles Format war.

Kulenkampff hatte damals Rekordeinschaltquoten von bis zu 90 Prozent. So etwas gibt es heute nicht mehr. Wie sehr sind Sie getrieben vom Quotenkampf?

Pilawa: Quote ist unser tägliches Zahlungsmittel. Wenn wir uns von der Quote verabschieden, verabschieden wir uns von unseren Zuschauern. Ich halte die Quote für wichtig, aber neben der nackten Zahl muss man auch die Qualität im Blick haben. Ich würde keine Sendung inhaltlich nur nach der Quote bauen, aber ich muss mich als Unterhalter schon fragen, wie ich möglichst viele Menschen erreichen kann.

Lesen Sie hier: Jörg Pilawa stellt sich hinter Markus Lanz

Haben Sie keine Angst vor miesen Quoten?

Pilawa: Ich würde es eher Angespannt-Sein nennen, wenn ich am Tag nach einer Show im Videotext nach der Quote schaue.

Haben Sie den Wirbel um die Online-Petition gegen Ihren Kollegen Markus Lanz verfolgt?

Pilawa: Ich habe das ganze Thema verfolgt und das ist eine Entwicklung, über die wir uns generell Gedanken machen müssen. Das sind Parallelwelten, die sich da im Internet auftun, mit einer eigenen Dynamik und eigenen Werten: Wir müssen lernen, das richtig einzuschätzen. Man muss genau hinsehen, wer ein echtes Anliegen hat und wer nur Mitläufer ist. Oft wird von Usern reflexartig reagiert und die Reaktion in der Anonymität des Netzes einfach rausgehauen. Das ist ein Druck, den es zu Kulenkampffs Zeiten nicht gab. Damals war die Hemmschwelle größer, einen Brief zu schreiben, ihn zu unterschreiben und ihn dann auch abzuschicken.

Wie würden Sie damit umgehen, wenn Sie im Mittelpunkt solch einer Petition stünden?

Pilawa: Schwer zu sagen. Man bräuchte jedenfalls eine Gore-Tex-Haut, damit es an einem abperlt. Vor allem darf man in so einer Situation nicht den Fehler machen, die gesamte Arbeit und das ganze Leben in Frage zu stellen.

Zu lasch, zu hart, zu langweilig - Kann man es heute als Moderator noch richtig machen?

Pilawa: Ich habe früher beim Radio gearbeitet und dort wurden jeden Abend Zuschaueranrufe und Post ausgewertet und dann haben wir immer sofort reagiert: Einmal mehr Oldies, dann mehr Pop, jeden Abend haben wir uns in Frage gestellt. Irgendwann meinte mein Chef: Kennt ihr einen aus eurem Freundes- oder Bekanntenkreis, der sich die Mühe macht, anzurufen oder Briefe zu schreiben? Ihr macht Programm für eine schweigende Mehrheit - das gilt auch heute.

Sie waren damals Wunschkandidat für "Wetten, dass..?". Sehen Sie sich die Sendung an?

Pilawa: Ich bin generell ein schlechter Fernsehgucker. Meine Familie guckt nicht gerne mit mir zusammen, weil ich da nicht mit einer Tüte Chips entspannt auf dem Sofa liege. Ich gucke immer mit dem Auge des Fernsehmachers und merke dann immer an, wenn die Kamera von der falschen Seite kommt. Meine Frau sagt dann schon mal: Hallo, wir wollen einfach nur TV gucken. Ich sehe mir solche Sendungen deshalb am nächsten Tag in der Arbeit im Schnelldurchlauf an.

Sind Sie heute froh, damals abgesagt zu haben?

Pilawa: Für mich war es damals die richtige Entscheidung. Ich blicke da heute auch nicht mehr zurück. Ich sage immer: Wer ständig zurückblickt, kriegt einen steifen Hals und verliert den Blick nach vorne. Ich habe mich seit damals nie wieder gefragt, ob es richtig oder falsch war.

Was wäre Ihre Wunsch-Sendung als Moderator?

Pilawa: Ich würde mir lieber eine als Produzent schneidern. Ich möchte gerne ein neues Gesicht im TV etablieren, das in allen Sendern und bei allen Altersgruppen ankommt. Für junge Kollegen wird es heute immer schwieriger, Fuß zu fassen. Das große Problem ist, um dauerhaft erfolgreich zu sein, muss man 80 Prozent Mainstream und 20 Prozent links und rechts davon bedienen. Auch Kulenkampff hat pro Sendung ein, zwei Sachen rausgehauen, bei denen man dachte: Hoppla, hat er das wirklich gesagt? Das große Problem ist, dass man sich heute Aufmerksamkeit nur sichert, indem man 20 Prozent Mainstream bedient und zu 80 Prozent übers Ziel hinaus schießt - damit hat man dann Erfolg, aber eben nur kurzfristig.

Welcher Kollege macht seinen Job aus Ihrer Sicht richtig gut?

Pilawa: Zwei Kollegen: Günther Jauch, er bleibt sich treu bei allem, was er tut, und Hape Kerkeling, er hat eine positive Verknappung seiner Person geschaffen, sodass man jeden Auftritt herbeisehnt.

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