Hier wird eine Frau in eine Leiche verwandelt!

Sie verwandelt putzmuntere Menschen in kürzester Zeit in blutüberströmte Leichen: Dass sich Fernsehzuschauer beim Krimi-Gucken gruseln, haben sie meist der Maskenbildnerin zu verdanken.
von  Julia Wäschenbach, dpa
Hier wird aus einem putzmunterem Mensche eine Leiche: Dass sich Fernsehzuschauer beim Krimi-Gucken gruseln, haben sie meist der Maskenbildnerin zu verdanken.
Hier wird aus einem putzmunterem Mensche eine Leiche: Dass sich Fernsehzuschauer beim Krimi-Gucken gruseln, haben sie meist der Maskenbildnerin zu verdanken. © dpa

Sie verwandelt putzmuntere Menschen in kürzester Zeit in blutüberströmte Leichen: Dass sich Fernsehzuschauer beim Krimi-Gucken gruseln, haben sie meist der Maskenbildnerin zu verdanken.

 

Köln – Wenn im Fernsehen gemordet werden soll, bekommt Frauke Horn einen Anruf. Die Maskenbildnerin wälzt dann das Drehbuch und listet alle Stellen auf, an denen Schusswunden, Schrammen, Beulen oder Narben vorkommen. Die später im Film möglichst echt aussehen zu lassen, ist ihr Job. Bei der Verwandlung helfen verschiedene Sorten Kunstblut, Wachs, Silikon, Gelatine – und sogar Rosinen. „Damit entstehen zum Beispiel Warzen“, sagt die 44-Jährige. In ihrer Tasche liegen unzählige kleine Plastikdosen, Fläschchen, Tuben und Schwämme.

Schock-Bilder: Gesichter des Todes

Vor Horn liegt auf einer kahlen Liege die Frauenleiche aus dem nächsten WDR-„Tatort“ aus Münster. Daneben steht ein kleiner Heizlüfter. In dem leerstehenden Gebäude in Köln, dessen Räume Fernsehsender als Kulisse nutzen, soll eine Pathologie-Szene gedreht werden. „Dazu brauchen wir das hier“, sagt Horn und fischt ein langes, flaches Stück feste Gelatine aus einem Pappkarton – „eine Obduktionsnarbe“. Die junge Darstellerin atmet langsam und ruhig, während die Maskenbildnerin ihr die künstliche Narbe auf die nackte Brust legt und vorsichtig zurecht schiebt. Ihre Kollegin pinselt einen durchsichtigen Kleber zwischen Haut und Gelatine-Stück.

Rund eine Stunde dauert es, bis sich die blonde Frau in ein aschfahles Mordopfer verwandelt hat. „Im Münster-"Tatort" spielt die Pathologie eine größere Rolle als in anderen Krimis“, sagt Horn. „Deshalb brauchen wir diesen Look fast immer.“ Mit Spezial-Make-Up aus dem Farbkasten in Rot und Blau zieht die Visagistin Linien um den Hals der Schauspielerin und verwischt sie ein wenig – das Krimi-Opfer ist stranguliert worden. Mit einem Schwämmchen tupft Horn noch ein paar geplatzte Äderchen um die Würgemale.

Wenig später bedeckt Leichenschminke den Körper und lässt ihn gräulich schimmern. „Sonst sieht die durchblutete Haut immer noch zu gesund aus“, sagt die Maskenbildnerin. Um zu wissen, wie Hieb-, Stich- und Brandwunden im richtigen Leben aussehen, hat die 44-Jährige gerichtsmedizinische Bücher durchgeackert. „Es ist nicht immer einfach, die Wunden so hinzukriegen, dass es glaubwürdig rüberkommt“, sagt sie. „Alles, was Special Effects angeht, ist mit HD-Fernsehen noch schwieriger geworden.“

An Drehtagen wie diesem ist Horn im Stress. Wenn die TV-Ermittler kommen, um mit der Arbeit zu beginnen, muss sie mit ihrer schon fertig sein. Und davon hat sie in den vergangenen Jahren immer mehr. „Es gibt ja in jedem Krimi mindestens eine Kleinigkeit zu tun“, sagt die 44-Jährige. Nicht nur die Toten und Verletzten in den WDR-„Tatorten“, sondern auch die in der Sat.1-Serie „Der letzte Bulle“ oder im ZDF-Krimi „Kommissar Stolberg“ gehen auf Horns Konto.

Nach ihrer Ausbildung hat die gelernte Friseuse und Maskenbildnerin in Köln auch einen Workshop für Special Effects belegt. Wenn das Fernsehteam Sonderwünsche hat, greift sie in die Trickkiste. Zu Horns Repertoire gehören Fleischwunden und blutüberströmte Gesichter genauso wie abgetrennte Gliedmaßen. Für einen Freizeitpark in Norddeutschland hat sie eine Mumie hergestellt. „Ich kann aber auch nicht alles“, sagt Horn, die in Köln wohnt.

Geht es im Film nur um einen abgehackten Finger, macht Horn sich selbst ans Werk. Nimmt einen Abdruck von einem echten, füllt ihn mit einer Silikonmischung und schmiert etwas Kunstblut an die Schnittstelle – fertig ist das Gruselstück, das TV-Ermittler später an einem Tatort finden. „Im letzten Jahr kam im "Tatort" aber zum Beispiel ein aufgeschnittener Bauch vor“, sagt die Maskenbildnerin. „Den musste ich bei einer Spezialfirma bestellen.“

 

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