Die außergewöhnliche Krimi-Serie „Spuren des Bösen“ hat bereits international Aufsehen erregt, Heino Ferch hilft als Kriminalpsychologe Richard Brock in ganz besonders abgründigen Fällen
Drei Mal in seiner Karriere hätte Heino Ferch die Chance gehabt, unter der „Tatort"-Marke zu ermitteln, drei Mal blieb er standhaft. Denn eigentlich ist der Schauspieler kein Serientäter. Dass er nun bereits zum dritten Mal als Wiener Psychologe Richard Brock zu sehen ist (ein vierter Fall ist bereits abgedreht), ist die große Ausnahme in seiner TV-Vita, aber sehr verständlich. Schon die ersten beiden Fälle der Serie „Spuren des Bösen“ waren außergewöhnlich intensiv inszenierte, gespielte und erzählte dunkle Perlen im Krimieinerlei. Die Episode „Zauberberg“ geht noch einen Schritt weiter in den Abgrund: Ein Kind ist in einem Bergdorf entführt worden, ein vorbestrafter Sexualtäter wurde verhaftet. Er holt als Vertrauensmann den Psychologen hinzu, der ihm vor fünfzehn Jahren die Chance zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft gab: Richard Brock reist aus Wien zum Semmering.
AZ: Herr Ferch, haben Sie sich eigentlich gegruselt, als Sie das Drehbuch zu „Zauberberg“ gelesen haben?
HEINO FERCH: Schon ein bisschen. Ich wusste zuvor gar nicht, dass es so etwas wie Paedophobie, also extreme Angst vor Kindern, überhaupt gibt. Das Drehbuch ist aber so stark, das musste man machen. Wie Autor Martin Ambrosch große Themen auch in kleinen Szenen verdichtet, das ist brillant. Regisseur Andreas Prochaska, und Kameramann David Slama haben es geschafft, diese ausrangierte k.u.k.-Sommerfrische am Semmering in eine richtige „Shining"-Atmosphäre zu verwandeln. Das hat schon eine große Intensität.
Schlägt der düstere Fall beim Dreh aufs Gemüt?
Nein, so professionell sind wir schon, dass ein Drama oder eine dramatische Geschichte nicht das ganze Team in Depressionen stürzt. Aber es gab in diesem Fall schon ein paar Szenen, die ich sehr hart fand. Die große Qualität von „Spuren des Bösen" basiert wohl auch darauf, dass bislang das Team mit Autor, Regisseur, Kameramann gleich geblieben ist, wir verstehen uns.
Sie waren mit „Spuren des Bösen: Racheengel“ als bester Hauptdarsteller für den Emmy nominiert. Waren Sie sehr enttäuscht den Preis nicht bekommen zu haben?
Nein, die Freude über die Nominierung überwiegt. Ich war im November in New York dabei. Es sind ja nicht die eigenen Leute, die einen nominiert haben, sondern Fachleute aus der ganzen Welt. Die fanden die Figur so außergewöhnlich, dass sie mich zu einem der vier besten, internationalen Schauspieler in diesem Format gewählt haben. Das ist schon toll. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass dann meist angelsächsische Kollegen gewinnen, in diesem Fall war es Sean Bean für seine Rolle in „Accused“.
Aber Sie sind bemerkt worden?
Klar, von einer Menge anderer Menschen, das hat schon Auswirkungen. Ich bin ein paar Tage in New York geblieben und habe dann auch Leute kennen gelernt, die sich mit dem Verkauf von Film-Rechten befassen. Es ist wirklich erstaunlich, wie genau die auch den deutschen Fernsehmarkt betrachten.
Sind Sie noch wild entschlossen, jung und ehrgeizig genug, eine große internationale Karriere zu starten?
Na ja, ganz so jung bin ich nicht mehr, ehrgeizig aber nach wie vor. Aber die internationale Karriere kann man selbst wohl nur begrenzt beeinflussen. Vor allem aber bin ich gerade noch einmal Vater geworden, ich kann nicht einfach ein halbes Jahr nach Amerika gehen und auf Gedeih und Verderb an jedem Casting teilnehmen. Mit Familie geht das einfach nicht. Und ich bin glücklich und dankbar für die tollen Angebote und Rollen hier.
Sind Sie jetzt in Elternteilzeit?
Nein, aber ich habe drei Monate keine Dreharbeiten.
Wird man dann nervös?
Wenn man weiß, dass danach etwas kommt, dann braucht man nicht nervös zu werden. Aber es ist auch nicht so ganz einfach, aus intensiven Dreharbeiten in etwas ganz anderes zu wechseln, oder umgekehrt aus einer ruhigen Phase wieder hochzufahren.
Sie sind ja ein sehr physischer Darsteller. Macht es dennoch Spaß diese intellektuellen, abgründigen Rollen zu spielen?
Absolut, wobei es aber auch hier die Mischung macht. Ich bin aber generell lieber mit viel Text am Set, als acht Stunden auf die nächste Verfolgungsszene zu warten.
Brock drückt ihnen allmählich den Stempel auf. Können Sie eigentlich bei den Drehbüchern mitreden?
Das tue ich durchaus, der vierte Fall zum Beispiel spielt auch auf meine Anregung hin in wichtigen Szenen an der Universität. Brock ist schließlich Psychologe mit Lehrauftrag und nicht – wie einige ihrer Kollegen geschrieben haben – ein Kommissar.