"Hart aber fair" – Louis Klamroth gerät mit Bahn-Beauftragtem aneinander: "Herr Theurer, jetzt aber Vorsicht!"

Die Bahn soll das Verkehrsmittel der klimafreundlichen Zukunft werden, doch bislang ist davon nichts zu spüren. Bei "Hart aber fair" diskutierte unter anderem Bahn-Beauftragter Michael Theurer (FDP) mit Moderator Louis Klamroth über die dringlichsten Probleme – und bekam Gegenwind.
von  Natascha Wittmann
"Hart aber fair"-Moderator Louis Klamroth diskutierte unter anderem mit Experten Christian Böttger über den Zustand der Deutschen Bahn.
"Hart aber fair"-Moderator Louis Klamroth diskutierte unter anderem mit Experten Christian Böttger über den Zustand der Deutschen Bahn. © WDR/Oliver Ziebe

Unter dem Motto "Zu spät, zu schlecht, zu teuer: Warum ist die Bahn so kaputt?" diskutierte Moderator Louis Klamroth am Montagabend bei "Hart aber fair" mit seinen Gästen über den maroden Zustand der Deutschen Bahn sowie die geplanten Sanierungsmaßnahmen.

"Wie kann es besser werden?", wollte der Gastgeber zu Beginn der Sendung wissen. Doch Gäste wie ARD-Moderatorin Fatma Mittler-Solak sahen zunächst schwarz bei der "Dauerbaustelle Bahn". Die Moderatorin des "ARD-Buffets" pendelt normalerweise mit dem Auto zur Arbeit und steigt nur selten in den Zug. Für die im Vorfeld gezeigte Doku "Besser Bahnfahren!" drehte sie jedoch den Spieß um – mit unbefriedigendem Ergebnis.

Louis Klamroth fragte zunächst schmunzelnd: "Wie oft sind sie gerannt, um ihren Anschlusszug zu bekommen?" Mittler-Solak antwortete prompt: "Tatsächlich sehr oft." Häufig sei ihr Zug sogar komplett ausgefallen. "Haben Sie damit gerechnet?", hakte Klamroth nach. Die ARD-Moderatorin gab daraufhin zu, dass sie nicht erwartet hätte, dass das Bahnfahren "so problematisch" sein würde: "Ich war völlig blauäuig." Berthold Huber, der Vorstand für Infrastruktur bei der Deutschen Bahn, konnte dem nicht ganz zustimmen, gestand jedoch ein, dass "die Infrastruktur" aktuell noch einige Mängel aufweise.

Autorin Sarah Bosetti bei "Hart aber fair": "Mir ist der Spaß noch nicht vergangen"

Daraufhin schaltete sich Bahn-Experte Christian Böttger in die Diskussion mit ein und erklärte, er fahre privat viel mit der Bahn. Er fügte mit ernster Miene hinzu: "Ich muss sagen, der Spaß am Bahnfahren ist mir in den letzten Jahren wirklich etwas abhandengekommen." Dagegen konterte Autorin Sarah Bosetti selbstbewusst: "Ich fahr sehr gerne Bahn. Tut mir leid, dass ich diese Weltuntergangsstimmung ein bisschen aufdröseln muss." Die Satirikerin stellte klar, dass sie es für einen großen Luxus halte, gefahren zu werden, während sie arbeiten, schlafen oder essen kann. "Das ist so ein großer Vorteil gegenüber dem Auto, dass ich mich trotz allem wundere, dass sich so viele Leute das antun mit dem Auto." Sie ergänzte lächelnd: "Ich will das Problem nicht kleinreden, aber mir ist der Spaß noch nicht vergangen."

Dann kam Moderator Louis Klamroth auf die vielen Verspätungen und Zugausfälle zu sprechen, die Millionen Pendler betreffen. Selbst FDP-Politiker Michael Theurer musste zugeben: "Bei zwei Umstiegen oder mehr, da beginne ich schon auch mehr Reservezeiten einzuplanen." Auch von Berthold Huber wollte Klamroth wissen: "Wie zufrieden sind Sie denn mit der Pünktlichkeit der Deutschen Bahn?" Er antwortete kleinlaut: "Ich bin ausgesprochen unzufrieden." Huber weiter: "Wenn wir das Problem nachhaltig lösen wollen, dann müssen wir die Infrastrukturprobleme, die wir haben, angehen." Dem stimmte Böttger zu und ergänzte: "Das Netz ist eigentlich überlastet." Laut des Professors für Verkehrswesen würde die bloße Masse an Zügen die Qualität des Schienenverkehrs maßgeblich belasten.

Sarah Bosetti stellte die ernste Frage: "Ist das der Moment, um zehnspurige Autobahnen zu bauen?" Theurer entgegnete nur: "Wir bauen verhältnismäßig wenig Autobahnen, weil wir den Schwerpunkt auf die Schiene setzen." Das wollte Louis Klamroth so nicht stehen lassen, er unterbrach den Bahn-Beauftragten mit den Worten: "Herr Theurer, jetzt aber Vorsicht!"

Bahn-Beauftragter Theurer: "Da wurde auf Verschleiß gefahren"

Auch der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP), musste daraufhin eingestehen: "Das Netz [...] ist marode. Da wurde auf Verschleiß gefahren und es kann nicht so weitergehen." Der FDP-Politiker machte deutlich, dass sich viele Bahnfahrer in Zukunft "auf knallharte Zeiten" vorbereiten müssten. Der Grund? Die sogenannte Korridorsanierung, bei der ganze Streckenabschnitte für mehrere Monate gesperrt werden sollen. Berthold Huber stellte in dem Zusammenhang klar: "Ein Teil der Züge wird umgeleitet [...] und ein Teil wird durch Busse ersetzt." Huber erläuterte weiter, dass bis 2030 alle Korridore fertig saniert sein sollen: "Das ist ein relativ umfangreiches Programm." Professor Böttger merkte daraufhin besorgt an: "Man wird auch Kunden verlieren, aber es gibt vermutlich keine Alternative."

Moderatorin Fatma Mittler-Solak wollte wissen: "Denken Sie auch da an die Psyche und auch an den Stress der Pendlerinnen und Pendler?" Michael Theurer beteuerte: "Natürlich denken wir an den Stress!" Auch über eine "finanzielle Entschädigung" werde laut Berthold Huber aktuell beraten. Schon jetzt erhalten gestrandete Passagiere, die eine Zugverspätung von über 60 Minuten hinnehmen müssen, von der Bahn eine finanzielle Entschädigung. Diese stellt für Fatma Mittler-Solak jedoch nur ein unzureichendes Trostpflaster dar: "Geld entschädigt nicht den ganzen Stress, den man hat."

Mit Blick auf das Deutschlandticket fügte Mittler-Solak abschließend hinzu: "Die Menschen würden lieber mehr bezahlen, aber dafür auf eine Zuverlässigkeit zurückgreifen können." Dem stimmte Bahn-Experte Böttger zu und klagte an, dass er das Deutschlandticket "nicht mal in Ansätzen für eine gute Idee" halte. Denn: "Mir tut es weh für das Geld, das man lieber in den Ausbau der Infrastruktur stecken sollte".

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