Hannes Jaenicke: "Ich mache keine Dokus, um Geld zu verdienen"
Schauspieler Hannes Jaenicke (54, "Allein unter Frauen") ist mal wieder "Im Einsatz" für Tiere. Diesmal erklären er und sein Team in der preisgekrönten Doku, warum Elefanten - entgegen der landläufigen Meinung - gefährdeter sind denn je (Donnerstag, 22.15 Uhr, ZDF). Gedreht wurde der Film kurz nachdem der inzwischen abgedankte König Juan Carlos I. von Spanien mit seinem Jagd-Unfall in die Schlagzeilen geriet. Was Jaenicke davon hält, hat er im Gespräch mit spot on news gesagt.
Weil der für seine deutlichen Worte bekannte gebürtige Frankfurter aber natürlich auch eine weiche Seite hat, nennt er im Interview die beiden Filme, die ihn jedes Mal wieder zu Tränen rühren. Außerdem erklärt Jaenicke, der teils in den USA und teils in Deutschland lebt, warum er sich so lautstark für den Umweltschutz einsetzen darf, obwohl er selbst nicht 100-prozentig politisch korrekt lebt.
Herr Jaenicke, Sie finden immer sehr deutliche und zum Teil auch harte Worte, wenn es um den Tierschutz geht. Wann werden Sie so richtig weich, wo geht Ihr Herz auf?
Hannes Jaenicke: Ich komme aus einer Musikerfamilie und kann mir ein Leben ohne Musik nicht vorstellen. Mit guter Musik kann man mich schnell und einfach glücklich machen.
Welche Art von Musik?
Jaenicke: Das ist ganz unterschiedlich. Meine Mutter und auch meine anderen Vorfahren waren mit wenigen Ausnahmen klassische Musiker. Ich hab's eher mit eher Indie- und Alternative- Rock, je nach Stimmung auch mal mit Jazz oder afrikanischer Musik. Aber auch ein guter Kinofilm mit einem guten Soundtrack haut mich leicht vom Hocker.
Haben Sie schon mal bei einem Film geweint?
Jaenicke: Natürlich. Da gibt es sogar eine lange Liste. Welche Filme es allerdings jedes Mal wieder schaffen, sind "Into the Wild" (2007) von Sean Penn und "Rabbit-Proof Fence" von Philip Joyce (dt. "Long Walk Home", 2002), die wahre Geschichte über drei Aborigine-Mädchen, die aus einem Zwangserziehungsheim in Australien fliehen.
Wie viel Herzblut steckt in Ihren Tier-Dokus?
Jaenicke: Diese Dokus mache ich, weil mich Umwelt-Themen beschäftigen und ich sie wichtig finde. Ich glaube, dass man da erstens mehr unternehmen muss, und zweitens was bewegen kann. Es wird mir zwar immer wieder gern unterstellt, aber ich mache das bestimmt nicht, um damit Geld zu verdienen. Im Gegenteil, es gibt, glaube ich, ohnehin nur zwei Dokumentarfilmer, die reich geworden sind, und das sind Michael Moore ("Bowling for Colombine") und Sir David Attenborough ("Unser blauer Planet").
Investieren Sie viel Zeit in diese Sendungen?
Jaenicke: Obwohl so ziemlich meine gesamte Freizeit dafür draufgeht, bin ich dem ZDF unendlich dankbar, dass sie mich das machen lassen. Es ist mutig, einem dahergelaufenen Schauspieler Geld zu geben, um irgendwo am anderen Ende der Welt Dokus zu drehen.
Wie reagiert die Filmbranche auf Ihr Engagement?
Jaenicke: Es gibt zwei Lager. Manche Branchengrößen begrüßen mich mit den Worten: "Und, wie isses beim Tierfilm?" Oder "Wie geht's deinen Affen?" Andere fragen: "Drehst du überhaupt noch Filme oder nur noch Dokus?" Manche Menschen belächeln, was ich da mache. Andererseits gibt es aber auch viele Leute, die es gut und wichtig finden. Das freut mich natürlich.
Gibt es Lebensbereiche, in denen auch Sie nicht so konsequent und politisch korrekt sind?
Jaenicke: Ich fahre nach wie vor begeistert Motorrad und fliege beruflich natürlich viel zu viel. Es gibt Phasen, da sitze ich fast jeden Tag im Flieger, was echt absurd ist.
Dürfen Sie trotzdem kritisieren?
Jaenicke: Ich denke schon. Ich fliege ja nicht aus Jux und Dollerei, sondern wegen der diversen Dreharbeiten. Jeder sollte sich einfach die Baustellen suchen, in denen er etwas verändern kann. Ich kann an der Fliegerei nichts ändern, die gehört zu meinem Beruf. Dafür vermeide ich Plastik, wo ich nur kann, kaufe Bio und Fairtrade, esse kein Fleisch und fahre ein Elektroauto.
Am Donnerstagabend (31. Juli) heißt es "Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Elefanten" (22.15 Uhr, ZDF). Gedreht haben Sie die Doku kurz nach dem Skandal um den Elefanten jagenden ehemaligen König Juan Carlos I. von Spanien. Was halten Sie von der Großwildjagd?
Jaenicke: Sie gehört schlicht und einfach verboten. Und zwar weltweit. Der inzwischen abgedankte König Juan Carlos war zu dieser Zeit auch noch Ehrenpräsident des WWF...
Gehören Elefanten in den Zirkus?
Jaenicke: Nein. Die Tiere werden aufs Brutalste abgerichtet, um dann mit einem Krönchen auf dem Kopf im Glitzerfummel in der Manege herumzuturnen. Dem Elefanten von Herrn Carlos erging es meines Erachtens nach besser als den Tieren, die in einem Zirkus in viel zu kleinen Gefängnissen gehalten werden und jeden Abend auftreten müssen.
Gehen Sie nicht in den Zirkus?
Jaenicke: Doch, mit Begeisterung sogar, aber eben nur in solche ohne Tiere. Den Cirque du Soleil habe ich gerade zum wahrscheinlich 20. Mal gesehen, der ist ja nicht umsonst der erfolgreichste Zirkus der Welt geworden - ohne jemals auch nur ein Tier auftreten zu lassen.
Was halten Sie von Zoos?
Jaenicke: Ich bin Zoo-kritisch, aber kein radikaler Zoo-Gegner. Da muss man differenzieren. Viele Menschen entdecken dort ihre Liebe zu Natur und Tieren. Mein Opa ging jeden Sonntag mit uns in den Zoo, und das war für mich das Highlight der Woche. Wenn man die Tiere dort halbwegs artgerecht hält, sind Zoos eine Einrichtung, in der man Wissen und Erziehung vermitteln kannst.
In welchen Zoos ist die Tierhaltung denn "halbwegs artgerecht"?
Jaenicke: Der Frankfurter Zoodirektor Manfred Niekisch hat seine Eisbären abgeschafft, weil er nicht genug Platz für sie hat. Das ist vorbildlich. Außerdem hat er eine tolle Idee: Jeder Zoo sollte ein Thema haben. Wenn ein Zoo sehr sehr viel Platz hat, zum Beispiel Gelsenkirchen, dann macht der die Serengeti oder die Tundra. Ein Zoo, der etwas weniger Platz hat, macht vielleicht ein Stück Regenwald, ein anderer vielleicht nur ein riesiges Aquarium - analog der Musical-Verteilung über verschiedene Städte in Deutschland.
Wenn man in Afrika eine Safari macht, hat man das Gefühl, dass da überall Elefanten sind. Sie wirken gar nicht gefährdet. Warum täuscht das?
Jaenicke: Das dachte ich auch. Das ganz große Schlachten war ja in den 1960er/1970er Jahren. Als 1989 dann das Elfenbein-Verbot verhängt wurde, dachten alle, mich eingeschlossen, das Problem sei gelöst. Genau das Gegenteil ist aber der Fall, weil das öffentliche Interesse nicht mehr da war. Ich hatte vor unseren Dreharbeiten keine Ahnung, wie schlecht es um Elefanten bestellt ist.
Wie schlecht ist es denn um die grauen Riesen bestellt?
Jaenicke: Die aktuellste Zählung sagt, das es noch um die 400.000 bis 420.000 afrikanische Elefanten gibt. Pro Jahr werden derzeit zwischen 30.000 und 40.000 Tiere wegen ihres Elfenbeins geschossen. Es ist nicht schwer zu berechnen, wie lange wir noch Elefanten haben, wenn das nicht schleunigst gestoppt wird.
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