Halbherziger Versuch von "Hart aber fair"-Moderator: Louis Klamroth erntet von Gast nur ein müdes Lächeln

Der geplante Investorendeal der DFL erhitzt die Gemüter in den Fankurven. Vor allem Martin Kind steht massiv in der Kritik. Louis Klamroth versuchte bei "Hart aber fair" (ARD) alles, dem Geschäftsführer von Hannover 96 zu entlocken, ob er gegen die Weisung des Stammvereins gestimmt habe.
von  Doris Neubauer
Vergebliche Mühe: Gastgeber Louis Klamroth (rechts) wollte von Martin Kind, Geschäftsführer von Hannover 96 wissen, wie er zum DFL-Investorendeal abgestimmt habe.
Vergebliche Mühe: Gastgeber Louis Klamroth (rechts) wollte von Martin Kind, Geschäftsführer von Hannover 96 wissen, wie er zum DFL-Investorendeal abgestimmt habe. © © WDR/Oliver Ziebe

In deutschen Stadien sorgen Tennisbälle und ferngesteuerte Flugzeuge für Spielunterbrechungen: Seitdem 24 der 36 Erst- und Zweitligisten Verhandlungen zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und einem Investor zugestimmt haben, machen Fans ihrem Unmut Luft. "Ihr habt das im Hinterzimmer abgestimmt, ihr habt verunmöglicht, die Mitglieder mitzunehmen", äußerte Thomas Kessen vom Fanverband "Unsere Kurve" den Verdacht, dass die DFL den Zeitplan bewusst kurz gehalten habe. "Überall dort, wo Fans mitgesprochen haben, überall dort wurde dieser Deal kategorisch abgelehnt", betonte er.

Für die Situation wird vor allem einer verantwortlich gemacht: "Es ist schon interessant, dass sich der Protest so auf Sie fokussiert, Herr Kind", wunderte sich Louis Klamroth bei "Hart aber fair" (ARD) mit Blick auf den anwesenden Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH. 

Warum dem so ist, konnte "Sportschau"-Reporter Marcus Bark seinem ARD-Kollegen leicht erklären: Zwar sei die Abstimmung für den Investorendeal geheim gewesen, doch der Hannover 96 e.V. habe Martin Kind aber angewiesen, mit Nein zu stimmen. Und gemäß der "50+1"-Regel im deutschen Fußball habe der Mutterverein das Sagen. Doch anders als andere Vereinsvertreter weigerte sich der Geschäftsführer von Hannover 96, seine Entscheidung transparent zu machen. "Wenn man alles zusammenzählt, kommt bei Herrn Kind eine Ja-Stimme heraus", hatte Bark recherchiert.

Klamroth will die Wahrheit von Kind – mit allen Tricks

"Wir können das Ganze abkürzen: Wie haben Sie gestimmt", wandte sich Louis Klamroth an Martin Kind. Hatte er auf ein klares Ja oder Nein gehofft, wurde er enttäuscht. Mit allen Tricks versuchte der Moderator, den Geschäftsführer von Hannover 96 zu einer Aussage zu bewegen - vergeblich ("Ich will mich nicht an Spekulationen beteiligen"). "Ihr Verein Hannover 96 hat Sie angewiesen, bei der Abstimmung mit Nein zu stimmen. Können wir dann nicht davon ausgehen, dass Sie mit Nein gestimmt haben?", lautete einer dieser Klamroth'schen Ansätze.

"Ich will nicht über 96 sprechen, wir haben eine spezielle Situation", wimmelte Kind ihn damit ab, sich den Vertrag des Fußballklubs anzuschauen. Dass Klamroth das offenbar getan hatte, damit hatte er nicht gerechnet. "Wir gehen davon aus, dass wir die 50+1 Regel beachten unter Berücksichtigung dieses 96-Vertrages. Das ist meine Antwort."

"Sie könnten ja diese Situation komplett entschärfen, Herr Kind, wenn Sie ..", versuchte es Klamroth erneut. Fan-Vertreter Kessen sprang ihm bei: "Das ist das, was hinter den Protesten steckt und was kritisiert wird, dass die demokratische Akzeptanz nicht gegeben ist oder zumindest massiv angezweifelt wird, insbesondere aufgrund Ihres Verhaltens und Ihrer - wenn ich das so sagen darf - Rumeierei in der Diskussion danach." Doch auch Klamroths letzter, halbherziger Versuch ("Sie könnten es uns einfach verraten, ob sie mit Ja oder Nein gestimmt haben.") erntete nur ein Lächeln.

Wird die Premier League zum Bundesliga-Vorbild?

Ex-Profi Markus Babbel zeigte sich genervt von den Protesten, doch eine offene, transparente Abstimmung sei das Mindeste. "Wenn wir uns diese verfahrene Situation anschauen, kann die Lösung nur lauten, all diese Pläne ad acta zu legen und es gut sein zu lassen", plädierte Fanvertreter Kessen für einen radikaleren Schritt. Man würde "mehr Geld hinterherhecheln mit dem aktuellen investorendeal, anstatt sich dieser unglaublichen Einzigartigkeit, die der deutsche Fußball mitbringt", bewusst zu werden und eine Vision zu erarbeiten.

Die Ex-Profis Markus Babbel und Ariane Hingst sowie Funktionär Martin Kind diskutierten bei Louis Klamroth ebenso zum möglichen DFL-Investorendeal wie Fanvertreter Thomas Kessen, Sportjournalistin Mia Guethe und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert (von links).
Die Ex-Profis Markus Babbel und Ariane Hingst sowie Funktionär Martin Kind diskutierten bei Louis Klamroth ebenso zum möglichen DFL-Investorendeal wie Fanvertreter Thomas Kessen, Sportjournalistin Mia Guethe und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert (von links). © © WDR/Oliver Ziebe

Ob die Premier League ein Vorbild für die DFL sein könnte, wollte Klamroth wissen. "Ja, wenn man das möchte", antwortete Fußball-Podcaster Nico Heymer, Man habe in England die finanziell stärkste Liga, aber gleichzeitig die "Fankultur vernichtet", gab er zu bedenken: Wenn man diesem Weg folge, seien viele Fans nicht bereit, "auch nur einen Schritt mitzugehen".

Die deutschen Fans wollen das nicht, ergänzte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Es wäre ihnen nicht wichtig, die zehn teuersten Spieler der Welt in der deutschen Bundesliga zu haben. "Wenn das so wäre, wäre nicht plausibel, dass die Stadien seit Jahren - Corona ausgenommen - immer voller werden", wäre die DFL "für die Zuschauer einer der attraktivsten Ligen überhaupt".

Sportjournalistin über den "Wesenskern" des deutschen Fußballs

Fußball habe hierzulande eine gesellschaftliche Relevanz, die mit anderen Sportarten und Ländern nicht zu vergleichen wäre, betonte Sportjournalistin Mia Guethe. Grund dafür wäre die "Schnittstelle zwischen Tribüne und Platz" und, "dass die Rolle der Fans noch eine Entscheidende ist". Die Proteste behandelten den "Wesenskern des deutschen Fußballs, der vielleicht auch wichtiger ist als das eine oder andere Spiel". Würde man "50+1" abschaffen, den Bundesligaspieltag noch mehr zerstückeln, "nimmst du den Fans die Teilhabe, und du kappst die Verbindung zwischen Bühne und Platz - und dann stirbt das letzte bisschen Fußballkultur, das wir noch haben".

Fanvertreter Thomas Kessen und Sportjournalistin Mia Guethe argumentierten aus Sicht der Fans und hoben die Bedeutung der Fankultur in Deutschland hervor.
Fanvertreter Thomas Kessen und Sportjournalistin Mia Guethe argumentierten aus Sicht der Fans und hoben die Bedeutung der Fankultur in Deutschland hervor. © © WDR/Oliver Ziebe

Werde "für diese Fankultur Geld von Investoren genutzt, dann ist es der richtige Weg", meinte Weltmeisterin Ariane Hingst, die Geschäftsführerin Sport des FC Viktoria Berlin. "Es müssen Gelder reinfließen." Daraufhin kam es erneut zum Disput zwischen Kind und Fanvertreter Kessen. Ersterer behauptete, Investitionen etwa in Jugendarbeit und Nachhaltigkeit seien "mit dem operativen Geschäft nicht zu verdienen". Kessen hingegen fand: "Man müsste nur das Geld, das schon da ist, anders verteilen, dann brauchte man gar kein großes Geld von außen." 

Mit Fußballphrasen war Klamroth sporadisch umgegangen, zum Schluss konnte er sich diese allerdings nicht verkneifen: "Der Ball ist rund, und das Spiel dauert 90 Minuten. Wir hatten nur 75", lenkte er zu den Tagesthemen über.

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