GTA V - Virtuell Klamotten kaufen, dann zuschlagen
Millionenphänomen und doch nur was für Insider? So ist das Computerspiel „Grand Theft Auto V“.
Michaels Familie ist so kaputt, wie sie nur sein kann. Der Sohn ist arbeitlos und Ballerspiel-süchtig, die Tochter dreht Pornos, die Frau betrügt ihn mit dem Tennislehrer. Als Michael ebendiesen umlegen will, gerät er mit einem Gangsterboss aneinander – und macht 2,5 Millionen Dollar Schulden. Michael ist einer der drei Protagonisten in „GTA V“, dem Videospiel, das am Dienstag schon am ersten Verkaufstag irrsinnige 800 Millionen Dollar eingespielt hat.
Zum Vergleich: Der letzte Harry-Potter-Film brachte am Eröffnungswochenende 483 Millionen. Für die Branche ein Beweis dafür, dass die Zukunft der Unterhaltung interaktiv ist, die großen Videospielkonzerne malen sich gerne aus, dass der Film bald ausgedient hat. Was ist dran am Hype „Grand Theft Auto“ (engl.: „schwerer Autodiebstahl“)? Die AZ hat den Test gemacht.
ATMOSPHÄRE: Das Spiel ist brilliant inszeniert. Vorausgesetzt, dass man in den vergangenen zehn Jahren schon einmal ein Gamepad und ein Smartphone in der Hand gehabt, zudem ab und zu einen Hollywood-Blockbuster angeschaut hat. „GTA V“ ist, wie Michaels Schicksal, auf die Spitze getriebene Satire, bitterböse zynisch – aber eben auch sehr selbstreferentiell.
CHARAKTERE: Neben Michael steuert der Spieler den schwarzen Möchtegern-Gangster Franklin, dessen Umfeld vor allem aus anderen Gestalten der Halbwelt besteht, die meisten davon noch trotteliger als er selbst. Und da ist noch Trevor – ein mordlüsterner Psychopath. Gerade er steht für die Gratwanderung des Spiels: Der eine möchte die Karikatur auf das Action-Genre erkennen, der andere findet die teilweise ausufernde Ballerei einfach nur dumpf.
SPIELWELT: Das virtuelle „Los Santos“ ist dem realen Los Angeles nachgebildet – ausschweifend groß und außerordentlich detailverliebt. Man geht Klamotten kaufen, ins Kino, spielt eine Runde Golf, unzählige Bewohner geben „Los Santos“ tatsächlich so etwas wie Leben.
UND SO SPIELT SICH’S: Oft sind Videospiele Sklaven ihrer eigenen Mechanismen: Tu A, damit B passiert. „GTA V“ ist anders. Man hat nicht das Gefühl, in einer Spielwelt gefangen zu sein, sondern tatsächlich zu erleben. Das allerdings unter der Vorraussetzung, mit einem Gamepad umgehen zu können. „GTA V“ ist ein herausragendes Videospiel, womöglich das bisher beste überhaupt. Es macht so viel besser als die gesamte Konkurrenz. Aber es ist auch ein Produkt von Spielern für Spieler. Der Rest der Welt wird daran, wenn überhaupt, nur halb so viel Spaß haben. Was bei diesen Verkaufszahlen aber eh unwichtig ist.
„GTA V“ kostet ca. 60 Euro und ist für Playstation 3 und XBOX 360 erhältlich
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