"Grenzfall": Die TV-Kritik zum "Tatort" aus Wien
Wien - Ein tschechischer Tourist kommt beim Kajakfahren in Österreich ums Leben. Was zunächst scheinbar wenige Fragen aufwirft, entpuppt sich für Majorin Bibi Fellner und Oberstleutnant Moritz Eisner bald als düsterer Trip in die Vergangenheit. Der ORF-"Tatort" "Grenzfall" am Sonntag (20.15 Uhr, ARD) und der lange Schatten des Kalten Krieges.
Der Plot
Regisseur und Autor Rupert Henning nutzt die malerische Kulisse des abgelegenen Waldviertels in Ostösterreich für eine angenehm unaufgeregte Inszenierung. Wie in etlichen früheren Fällen dreht sich hier vieles um die beiden Ermittler, um ihre Beziehung zueinander und zu den Menschen, denen sie im Laufe der Geschichte begegnen. Fellner (Adele Neuhauser) und Eisner (Harald Krassnitzer) motzen sich dabei bewährt unterhaltsam durchs österreichisch-tschechische Grenzgebiet. Original-Ton: "Du grantelst - ich bin glücklich."
Dabei beschert beiden der aktuelle Fall zunächst eigentlich wenig Glück. Der 45 Jahre alte Radok kippt vor den Augen eines Archäologenteams von seinem Kajak in die Thaya, den Grenzfluss zur früheren Tschechoslowakei. Schnell wird klar, dass dies kein Unfall war. Zeitgleich rollt der Journalist Max Ryba (überzeugend: Harald Windisch) den Tod seines Vaters Ende der 1960er Jahre auf. Der war damals von einem nächtlichen Angelausflug an denselben Fluss nicht mehr zurückgekehrt. Die Behörden der kommunistischen Tschechoslowakei verweigerten Jahrzehnte lang jede Auskunft. Der Zuschauer ahnt hier bereits, dass zwischen beiden Fällen ein Zusammenhang bestehen muss.
Im Laufe ihrer Ermittlungen stoßen Fellner und Eisner jedoch auf Mauern des Schweigens, und auf Menschen, deren gute Taten auf einem brüchigen Fundament beruhen. Unterstützt werden sie dabei von ihrem neuen Assistenten Manfred Schimpf (Thomas Stipsits), der ihnen mit seiner flapsigen Art sehr bald auf die Nerven geht.
Die TV-Kritik von Ponkie
Der Nimbus, den die beiden verwitterten Wiener Charakterköpfe Harald Krassnitzer (als Moritz Eisner) und Adele Neuhauser (als Bibi Fellner) dem österreichischen „Tatort“ eingebracht haben, reicht schon einmal für ein besonderes Tatort-Gewicht aus - auch wenn die vermoderten Knochen aus dem Prager Frühling anno 1968 für die Ermittler Eisner & Fellner bald zu einem verfilzten Knäuel von Familienschicksals-Lebenslügen anwachsen, die kaum noch zu entwirren sind.
Der grantige Eisner mosert alle an und die gutmütige Bibi Fellner sucht sein Geknurre zu entschärfen, fällt dabei in einen eiskalten Fischweiher an der tschechischen Grenze und friert sich schlotternd die Nase an alten Skeletten ab.
Die Spannung hält nicht durch. Vom Fußvolk gibt es Nuscheltexte und das triste Landschafts-Idyll geht aufs Gemüt. Aber das ist den Wienern dann auch schon wurscht, und sie behaupten sich, allen Widrigkeiten zum Trotz, als Führungsspitze auf der geographischen „Tatort“-Skala.
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