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Gefakter Petry-Tweet: RTL-Moderator Maurice Gajda beharrt auf Echtheit – und entschuldigt sich

Anfang August hat RTL in einer Ausgabe von "Explosiv" einen Tweet von der ehemaligen AfD-Politikerin Frauke Petry gezeigt. Jetzt stellte sich heraus, dass es diesen Tweet so wohl nie gegeben habe. Verantwortlich dafür war Maurice Gajda. Nachdem RTL den Moderator zunächst freistellte folgte jetzt die fristlose Kündigung.
von  AZ
Der bisherige "Explosiv"-Moderator Maurice Gajda.
Der bisherige "Explosiv"-Moderator Maurice Gajda. © BrauerPhotos / J.Reetz

Anfang August hatte Maurice Gajda in einer Ausgabe des RTL-Magazins "Explosiv" über den Eurovison Song Contest (ESC) Vorentscheid-Kandidaten Trong Hieu Nguyen berichtet.

In der Sendung wird ein Tweet der ehemaligen AfD-Politikerin Frauke Petry eingeblendet, den es wohl so nie gegeben haben soll – jetzt zieht der Sender Konsequenzen.

RTL zeigt Fake-Tweet von Frauke Petry

Maurice Gajda erzählt in der Folge vom 5. August, dass ihm Freunde einen "Tweet von Frauke Petry, der ehemaligen AfD-Parteivorsitzenden" geschickt hätten. Auch grafisch wird der angebliche Tweet dabei in der Sendung eingeblendet.

"Ich glaube, kein normaler Deutscher will einen rosa gefärbten Asiaten beim ESC sehen", liest der Moderator vor einigen Freunden des Sängers Trong den angeblichen Tweet vor. Anschließend sagt er, dass Petry den Tweet inzwischen gelöscht habe – doch hat er jemals existiert?

Frauke Petry zeigt sich empört über die Berichterstattung

Frauke Petry zeigt sich auf Twitter aufgebracht über diese Berichterstattung. "Wie man mit politisch unbequemen Personen umgeht, demonstriert @RTL_com⁩ hier eindrucksvoll. Man denkt sich einen rassistischen Tweet aus, ein Grafiker setzt das um und fertig ist das Fake", schreibt die ehemalige AfD-Politikerin dazu auf ihrem Account – aber diesmal wirklich.

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In den Kommentaren antwortet Frauke Petry eifrig auf User-Fragen: Die gefälschte grafische Darstellung von RTL sei rechtswidrig und eine "Abmahnung ist unterwegs", heißt es weiter. Der Tweet, den Maurice Gajda angeblich von seinen Freunden geschickt bekommen haben will, lässt sich tatsächlich nirgends im Internet finden.

Dabei sollte man gerade bei solch einem heiklen Thema und einer Person, die von vielen Seiten kritisiert wird, erwarten können, dass man zumindest einen Screenshot dieser Nachricht finden könnte – ganz besonders, wenn man den Tweet in seine Berichterstattung einbinden will.

Woher kommt der Fake-Tweet von Frauke Petry?

Tatsächlich hat Frauke Petry in der Vergangenheit zu ESC-Teilnehmern Tweets verfasst, diese aber anschließend wieder gelöscht. Das tat sie jedoch transparent und schrieb auch dazu, warum sie die Posts gelöscht habe. Einer dieser Tweets erinnert stark an das Zitat von Maurice Gajda: "Kann mir nicht vorstellen, dass normale Bürger von diesen pinken Herren 'vertreten' werden wollen… #ESC2023", schrieb und löschte Petry auf ihrem Twitter-Account. Die Aussage bezog sich auf die Band "Lord of the Lost".

Am Dienstag gab RTL zu, dass die grafische Einbettung des Tweets ein Fehler gewesen sei, der nicht mit den eigenen journalistischen Grundsätzen vereinbar wäre. Gajda bürge aber dennoch für die Echtheit und auch seitens RTL sind zu diesem Zeitpunkt noch keine Zweifel daran zu erkennen.

RTL feuert"Explosiv"-Moderator Maurice Gajda 

Auf Nachfrage des Portals "Übermedien", das es sich zum Ziel gesetzt hat, deutsche Medienhäuser auf ihre Fehler hinzuweisen, rudert RTL dann doch noch zurück. Man habe sich dazu entschieden, die Zusammenarbeit mit Moderator Maurice Gajda vorerst einzustellen. Es gebe in der Redaktion klare Standards und man prüfe alle Inhalte vor Veröffentlichung nach dem "Vier-Augen-Prinzip", heißt es weiter in dem Statement des Senders – doch wie kann ein solcher Fauxpas bei einem "mehrstufigen Abnahmeprozess" passieren?

Als Konsequenz überarbeite man noch einmal seine "journalistischen Guidelines" und setzte die Arbeit mit Maurice Gajda erst wieder fort, wenn der Vorfall geklärt sei, schreibt RTL gegenüber "Übermedien". Inzwischen hat der Sender Nägel mit Köpfen gemacht und den "Explosiv"-Moderator entlassen.

"RTL News beendet fristlos die Zusammenarbeit mit dem freien Reporter und Moderator Maurice Gajda. Die internen Prüfungen zu seinem Beitrag in „Explosiv Weekend“ vom 5. August 2023 haben schwere Verfehlungen von Maurice Gajda bei der Erstellung des Beitrags ergeben, die mit den journalistischen Grundsätzen und Richtlinien unseres Hauses unvereinbar sind. Zudem konnte bei den weitreichenden Prüfungen bisher auch keinerlei Hinweis darauf gefunden werden, dass es den in dem Beitrag nachgebauten Tweet so jemals gegeben hat", teilte RTL in einer Pressmitteilung am Freitag (18. August) mit.

Maurice Gajda hält an seiner Geschichte fest – entschuldigt sich aber

Inzwischen hat sich auch Gajda zu Wort gemeldet. Der Moderator beharrt weiterhin darauf, dass es den Tweet gegeben habe, wie er gegenüber "DWDL" erklärte. "Ein Freund aus der LGBTQ-Bewegung hat mir kurz nach der Veröffentlichung den Link zu diesem Post zugeschickt", stellte Gajda klar. "Da ich meinen Augen kaum trauen konnte, habe ich den Text aus dem Tweet rauskopiert und mit Freunden darüber diskutiert. Kurze Zeit später wurde diese Nachricht wieder gelöscht und der Link, der heute noch besteht, führt ins Leere." Diese  Hergang wolle er sogar in einer eidesstattlichen Versicherung bestätigen. 

Eine Entschuldigung gab es von Gajda im Interview trotzdem: "Für den Fehler, diesen Tweet in meinem Beitrag vom 5. August 2023 ohne den Hinweis darauf grafisch nachzubauen, möchte ich aufrichtig um Entschuldigung bitten", erklärt er. "Meiner journalistischen Sorgfaltspflicht bin ich in diesem Fall nicht nachgekommen. Ganz unabhängig davon, wie diffamierend und beleidigend der Inhalt der Nachricht von Frauke Petry auch war."

Vermeintlicher Petry Link wirft Fragen auf

Der Link, den Gajda gegenüber "DWDL" angegeben hat, lässt an dessen Echtheit zweifeln. Offenbar unterscheidet er sich nur in einer Ziffer von dem Post, den Frauke Petry zu der Band "Lord of the Lost" abgesetzt hat. Außerdem widerspräche die URL der Logik von Twitter. Wäre der Post echt, würde er aus der Zukunft stammen. 

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